Die Presse

Was hilft gegen Stress-Essen?

In der Fastenzeit ist Stress-Essen keine Hilfe. Warum wir zu Chips und Schokolade greifen, und was man dagegen tun kann, erklärt Habit Coach Eva Gruber.

- VON EVA WINROITHER

Der Vorsatz war großartig: 40 Tage keine Süßigkeite­n in der Fastenzeit. Die Seele lernt Verzicht, und dem Körper tut zuckerfrei so nebenbei auch gut. Wenn da nicht der innere Schweinehu­nd wäre.

Stress-Essen in der Fastenzeit? Kennen viele. Morgen dann, nimmt man sich fest vor. Nur um wieder zu scheitern.

Eva Gruber kennt dieses Problem. Allerdings bei ihren Kundinnen und Kunden. Sie ist Habit Coach in Wien und bringt Menschen (oft sind es Führungskr­äfte) bei, neue (gesunde) Gewohnheit­en zu entwickeln und mit der Selbstsabo­tage aufzuhören. Und dabei geht es wie so oft um Ursachenfo­rschung. „Beim Stress-Essen etwa“, sagt sie, „muss man überlegen, wann das eigentlich beginnt. Oft ist es nämlich eine negative Emotion.“Das heißt, wir greifen zu Gummibären, Schokolade oder Wein, weil wir negative Gefühle übertünche­n wollen. Dahinter steckt oft die Angst als Gegensatz von Liebe, aber die Angst habe auch „viele Geschwiste­rchen“, wie Scham, Schuldgefü­hle, Ärger, Wut, Zweifel, Unsicherhe­it, erzählt Gruber. Eine ihrer Klientinne­n griff etwa immer zum Sackerl Chips im Büro.

Emotionale „Detektivar­beit“

Durch emotionale „Detektivar­beit“kamen Gruber und die Klientin schließlic­h darauf, dass die Frau immer zu den Chips griff, wenn sie ein schlechtes Gewissen wegen ihrer Kinder hatte. „Sie hatte Schuldgefü­hle, weil sie wusste, wenn sie nicht schnell genug arbeitete, würde sie danach weniger Quality-Time mit ihren Kindern haben.“Immer wenn die Schuldgefü­hle hochkochte­n, ging die Lade mit den Chips im Büro auf.

Diese Ursache zu erkennen, sei der Schlüssel, um Stress-Essen zu verhindern, sagt Gruber. „Man muss da wirklich neugierig und Entdeckeri­n sein.“Es scheint, als würde sie das bewusst positiv formuliere­n. Es soll ja Spaß machen, sich selbst kennenzule­rnen.

Wenn man die Wurzel erkannt hat, geht es darum, diese negative Stresssitu­ation zu unterbrech­en. Gruber empfiehlt eine „mentale Übung“, um den Stress im Gehirn zu neutralisi­eren. Etwa, eine Mikropause zu machen. Sich niederzuse­tzen und tief in den Bauch zu atmen. Oder kurz zum Fenster zu gehen. Oder, wenn man müde ist, die Augen zu schließen.

Im dritten Schritt empfiehlt sich eine Selbst-Empathie-Übung. Quasi sich vorzusagen: „Ich bin auf dem Weg, die Person zu sein, die ich sein möchte.“All das dient dazu, das Gehirn neu zu programmie­ren und den negativen Stress durch neue Verhaltens­weisen abzubauen. Die Kundin habe etwa, um ihre Gelüste zu unterbinde­n, eine Mikropause gemacht, sich durchgestr­eckt und so den Chipskreis­lauf unterbroch­en. Freilich erst, nachdem sie begriffen hat, was ihr Verlangen ausgelöst hat.

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