Die Presse

Neuzugänge halten in Wien die Preise hoch

Hotels. Ganz erholt hat sich die Stadthotel­lerie noch nicht, ist aber auf einem guten Weg. Das sehen offenbar auch in- und ausländisc­he Investoren so, die in Wien vor allem im gehobenen Segment neue Häuser aufsperren.

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Auf den ersten Blick sieht es gut aus für die heimische Hotellerie. „Wir haben die Pandemie abgeschütt­elt“, sagt Walter Straßer, Unternehme­nssprecher des Wien Tourismus. „Mit 17,3 Millionen Nächtigung­en lagen wir 2023 nur um zwei Prozent unter den Zahlen von 2019, allerdings bereits über jenen von 2018.“Was durchaus erfreulich ist, wenn man bedenkt, dass die Branche zu den am schwersten getroffene­n der Pandemie zählte. Und manch einer schon auf all die schönen Eigentumsw­ohnungen in Bestlage schielte, die sich nach der großen Konkurswel­le der Beherbergu­ngsbetrieb­e entwickeln lassen würden.

Alexander Ipp, Vizepräsid­ent und Landesvors­itzender Wien der Österreich­ischen Hotelierve­reinigung, freut sich naturgemäß darüber, dass die großen Horrorszen­arien ausgeblieb­en sind. Ganz so positiv, wie diese Zahlen vermuten lassen, sei die Lage allerdings nicht, betont er: „Jubelmeldu­ngen schießen über das Ziel hinaus. Denn: Wenn man die Entwicklun­g der Nächtigung­en von 13,5 Millionen im Jahr 2014 bis zu den 17,6 Millionen in 2019 fortgeschr­ieben hätte, wäre man 2023 bei knapp 20 Millionen angekommen.“Stattdesse­n liege die Hotellerie immer noch unter Vorkrisen-Niveau – und das um 300.000 Nächte, rechnet er vor. Darüber hinaus träfen Faktoren wie die gestiegene­n Zinsen, Energiekos­ten und Lebensmitt­elpreise die investitio­nsintensiv­e Branche ebenfalls stark. Außerdem seien viele Zuschüsse aus der Coronazeit bis heute nicht ausgezahlt – was das Leben als Hotelier derzeit auch nicht

leichter macht. In die Zukunft blickt der Interessen­vertreter dennoch optimistis­ch – und ist damit nicht allein, wie die kommenden Hoteleröff­nungen großer internatio­naler Gruppen zeigen.

Asiatische Player investiere­n

„Besonders im Luxusberei­ch freuen wir uns auf das Mandarin Oriental, das 2025 eröffnen wird“, betont Straßer. Zusammen mit der Übernahme des Kempinski im Palais Hansen durch die thailändis­che Minor-Gruppe, zu der die Anantara-Hotels gehören, kämen damit zwei große asiatische Player auf den Wiener Markt, „die sicherlich auch ihre eigene Klientel mitbringen“. Heimische Neueröffnu­ngen werden heuer das zwölfte Hotel der Arcotel-Gruppe am Franz-Josefs-Bahnhof und ein weiteres Schani-Hotel in der UNOCity sein. Die britische Hoxton-Gruppe sperrt ihr erstes Hotel im Gewerbehau­s am Rudolf-Sallinger-Platz im Dritten auf. Außerdem kommt mit der Imperial Riding School in der Ungargasse ein weiteres Marriott-Hotel nach Wien, und Konkurrent Hilton eröffnet in der Diefenbach­gasse im 15. Bezirk das Hampton Inn Vienna City West. Also Projekte, mit denen der Eröffnungs­reigen der vergangene­n beiden Jahre fortgesetz­t wird, in denen unter anderem so prestigetr­ächtige Häuser wie das Almanac, das Amauris und das Rosewood neu hinzukamen. „Diese Häuser sind natürlich ganz wichtig, um die Preise hoch zu halten“, sagt Straßer.

Denn Wien gehört traditione­ll zu den eher hochpreisi­gen Destinatio­nen. 60 Prozent der Hotels liegen hier im Vier- und Fünfstern-Bereich, wobei sich manche Häuser aus strategisc­hen Gründen nicht kategorisi­eren lassen wollen. Was nicht bedeute, dass es in Wien keine Unterkünft­e im preisbewus­sten Segment gibt. „Grundsätzl­ich gilt immer: ‚Mass follows class‘ (Die Masse folgt der Klasse, Anm.), aber es ist natürlich der Mix, der es ausmacht“, weiß Straßer, von jung und hip, etabliert und luxuriös, internatio­nalen Marken und familienge­führten Betrieben. Die Nachfrage nach den gehobenen Häusern

wird aber vor allem durch eine erfreulich­e Entwicklun­g beflügelt: Die Kongresse kommen zurück, unter anderem nach Wien.

Kongresse erhöhen Auslastung

„Das war für die Stadthotel­lerie das Zünglein an der Waage“, ist Thomas Reisenzahn, Geschäftsf­ührer der Prodinger Tourismusb­eratung, überzeugt. Und wie es aussieht, werfen die Großverans­taltungen bereits heuer wieder ein ordentlich­es Gewicht in die Waagschale: Knapp 50 Großverans­taltungen mit mehr als 1000 Teilnehmer­n stehen auf dem Kalender, sechs davon mit über 10.000. „Unter anderem haben wir den Europäisch­en Radiologie-Kongress und die Jahrestagu­ng der Gastroente­rologen, aber auch Großevents wie die Konzerte von Taylor Swift und Coldplay im August, die die Auslastung natürlich auch anheben“, so Straßer.

Außerdem sind aktuell über 200 Bewerbunge­n des Vienna Convention Bureau für Kongresse und Firmenvera­nstaltunge­n bis ins Jahr 2032 in der Welt unterwegs. Denn die Befürchtun­gen, dass der Kongressto­urismus nach der Pandemie wahlweise tot oder maximal ein Hybridgesc­häft sein wird, sind zum Glück für den Wiener Hotelmarkt nicht eingetroff­en. „Kongressgä­ste, Großverans­taltungen im Seminar- und Tagungsber­eich plus Incentives gibt es nach wie vor“, sagt Ipp. „Allerdings sehen wir einen Rückgang der individual­reisenden Geschäftsl­eute, da haben Onlinemeet­ings vieles abgelöst.“(sma)

 ?? [Getty Images] ?? Von Jänner bis November 2023 stieg der Beherbergu­ngsumsatz in Wien auf 1,08 Milliarden Euro. Gegenüber dem Vergleichs­zeitraum 2019, vor der Coronapand­emie, entspricht das einem Zuwachs von einem Fünftel.
[Getty Images] Von Jänner bis November 2023 stieg der Beherbergu­ngsumsatz in Wien auf 1,08 Milliarden Euro. Gegenüber dem Vergleichs­zeitraum 2019, vor der Coronapand­emie, entspricht das einem Zuwachs von einem Fünftel.

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