Hofmannsthals Theater von innen
Zum 150. Geburtstag des Dichters zeigt eine Ausstellung, wie dessen Dramen entstanden.
Er war doch nicht nur der Librettist von Richard Strauss, meinte jüngst ein Leser, dem anlässlich der Zelebrationen zu Hugo von Hofmannsthals 150. Geburtstag die Bandbreite von des Dichters Geistigkeit nicht genügend gewürdigt schien. Er hatte natürlich recht. Aber jetzt doch noch einmal: „Elektra“, „Ariadne auf Naxos“, „Der Rosenkavalier“– im Wiener Theatermuseum im Palais Lobkowitz findet sich im Erdgeschoß eine kleine, feine Ausstellung, die vorrangig aus den reichen Beständen des Hauses bestückt wurde.
Zu den Höhepunkten im Archiv des Theatermuseums zählen Alfred Rollers Bühnenentwürfe für die großen Opern des Autoren-Duos. Aber bevor man zu den legendären „Rosenkavalier“-Figurinen vorgedrungen ist, empfängt einen die Intimität einer Wiener Wohnung des Fin de Siècle. Denn die Ausstellung beginnt mit einer Hommage an den Architekten Oskar Strnad.
Sogar die Arbeitswelt als Bühne
Er war auch Bühnenbildner und hat einst das Appartement Hofmannsthals in der Stallburggasse ausgestattet, dessen Geist im ersten Raum der Schau eingefangen wurde. Dort war auch die ganze Arbeitswelt Bühne.
In solchem Ambiente fing der Dichter Feuer, entwarf seine hochfliegenden theatralischen Pläne, zeichnete gern schon im ersten Ansatz architektonische Pläne zu den erträumten Szenerien, die dann von Roller und Max Reinhardt oft ins Gigantische geweitet wurden.
Nicht nötig war das im Fall der Komödie „Der Schwierige“, dieser zauberhaft-retrospektiven Beschwörung soeben vergangener habsburgischer Größe. Dafür umso mehr bei den großen Dramen, vor allem der bunten, reichen Märchenoper „Die Frau ohne Schatten“, die in jeder Hinsicht im Zentrum des gemeinsamen Wirkens des Librettisten und seines Komponisten stand.
Hier freut sich der Kenner, einmal die originalen Entwürfe zu den Szenen im Färberhaus sehen zu dürfen – nicht, wie in der Literatur üblich, als Schwarz-Weiß-Abbildung, sondern in Farbe. Wie ärmlich, denkt man sich, nimmt sich dagegen auch die texttreueste Opernausstattung aus!
Es hatte schon seinen Sinn, wenn Hofmannsthal und Strauss ihren Verleger Adolph Fürstner einst anhielten, mit Textbuch und Partitur auch gleich die Rollerschen Szenenskizzen mitzuliefern. So und nicht anders sollte „Der Rosenkavalier“aussehen, befanden dessen Schöpfer. Bemerkenswerterweise haben sich etwa auch die von Hofmannsthal und Strauss mitbegründeten Salzburger Festspiele über Jahrzehnte an diesen Brauch gehalten.
Zumindest was den „Rosenkavalier“betrifft, bei dessen Vermarktung die beiden Künstler selbst nicht zimperlich waren: Für die Verfilmung dieser gewiss erfolgreichsten deutschsprachigen Oper des 20. Jahrhunderts schrieben sie nicht nur das Szenarium, sondern auch die Musik kräftig um.
Entwürfe auch fürs Kino
Die Ausstellung im Theatermuseum teilt sich bei aller Kompaktheit in einen Prolog – wie schon gesagt, in Hofmannsthals kleiner Wohnung – und drei „Akte“, in deren Zentrum die Walzer-Komödie steht. Mitsamt ihrer cineastischen Version, für die von den Schöpfern des Originals ausführliche Vorbereitungsarbeiten und Entwürfe geliefert wurden. Auch im Kino sollte nichts dem Zufall überlassen bleiben. Die Schaustücke dokumentieren auch das anschaulich.
Aus dem Stummfilm, der sich leider nicht zur Gänze erhalten hat, sind im Rahmen der Ausstellung einige Passagen zu sehen. Und die Klangkulisse, die dezent, aber klug getaktet ist, lässt die Spannweite der Hofmannsthalschen Opernästhetik ahnen, aufgespannt zwischen „Elektra“-Sturm und „Rosenkavalier“-Rokoko.
Die laufenden Ausstellungen im Palais Lobkowitz könnten übrigens die letzten sein, die im altgewohnten Ambiente stattfinden. Demnächst gehören auch die bis dato vom Kunstverlag Wolfrum belegten Räumlichkeiten an der Straßenecke zum Museum, das dann auch einen neuen Eingang in der Augustinerstraße bekommen wird.
„Staging Hofmannsthal“im Theatermuseum (1010 Wien, Lobkowitzplatz 2). Bis 19. August 2024.