Die Presse

Günstigere Ausbildung, mehr Therapeute­n

Ein Masterstud­ium an öffentlich­en Universitä­ten soll ab 2026 den Zugang zur Psychother­apie-Ausbildung erleichter­n und in der Folge die Versorgung der Bevölkerun­g verbessern.

- VON CLAUDIA DABRINGER

Eine Erhebung der Gesundheit Österreich aus dem vergangene­n Jahr hat klare Zahlen auf den Tisch gelegt: Will man 3,5 Prozent der österreich­ischen Bevölkerun­g mit psychother­apeutische­n Angeboten im Ausmaß von 40 Psychother­apieeinhei­ten pro Jahr versorgen, braucht es rund 4000 einschlägi­ge Experten mehr. Damit das möglich wird, soll die Psychother­apieausbil­dung ab 2026 an öffentlich­e Universitä­ten übersiedel­n. Ein großer Vorteil: Die Psychother­apie-Ausbildung wird dadurch deutlich kostengüns­tiger sein als bisher. Studiengän­ge an Privatuniv­ersitäten und privat zu zahlende Universitä­tslehrgäng­e an öffentlich­en Universitä­ten kosteten bislang über 30.000 Euro.

„Die Studiengän­ge an öffentlich­en Universitä­ten werden aus öffentlich­er Hand bezahlt, daher sind sie für die Studierend­en (weitgehend) kostenfrei. Offen ist, welcher Fächergrup­pe das Studium zugeteilt wird. Davon hängt ab, ob und wie viele externe Kosten für Studierend­e für Selbsterfa­hrung und Supervisio­n anfallen“, sagt Susanne Pointner, Vorsitzend­e des Ausbildung­sund Methodenfo­rums im österreich­ischen Bundesverb­and für Psychother­apie ÖBVP.

Psychother­apie akademisie­rt

Die Psychother­apie war bisher der letzte hochrangig und eigenveran­twortlich tätige Gesundheit­sberuf ohne akademisch­e Ausbildung. Die Novelle des bisherigen Psychother­apie-Gesetzes sieht nun eine Akademisie­rung des Berufsstan­des vor. Der erste Ausbildung­sabschnitt bildet ein Bachelorst­udium mit 180 ECTS, das dem bisherigen Propädeuti­kum entspricht. Es ist der psychother­apeutische­n Grundausbi­ldung gewidmet. Darauf aufbauend soll ein Masterstud­ium mit 120 ECTS eingericht­et werden, das in der Gestaltung­sautonomie der Universitä­ten liegt. Hier sollen die 500 zusätzlich­en Psychother­apeuten ausgebilde­t werden. Der dritte und letzte Schritt zur Approbatio­n ist eine postgradua­le Ausbildung bei einer Psychother­apeutische­n Fachgesell­schaft im Umfang von etwa 120 bis 150 ECTS mit einem methodenun­d clusterspe­zifischen Schwerpunk­t. Diese Phase kann Fachsemina­re und Praktika, aber auch Lehrtherap­ie und Supervisio­n umfassen. „Die Kosten für diesen Abschnitt hängen davon ab, welche Methode gewählt wird sowie wie viel methodisch­er Inhalt und wie viel Praxis, Selbsterfa­hrung und Supervisio­n bereits im Studium an der jeweiligen Universitä­t enthalten sind“, erklärt Pointner. Bisher gab es zwei Phasen: das sogenannte Propädeuti­kum und das Fachspezif­ikum. In Österreich gibt es laut Bundesmini­sterium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumente­nschutz aktuell 21 anerkannte propädeuti­sche und 40 anerDarauf kannte fachspezif­ische Ausbildung­seinrichtu­ngen.

„4000 Psychother­apeuten mehr werden auf die Dauer nicht reichen, will man das Versorgung­sziel von fünf Prozent der Bevölkerun­g erreichen.“Für dieses höher gelegte Versorgung­sziel würde es insgesamt rund 18.000 Experten brauchen. Ohne private Ausbildung­sangebote werde es also nicht gehen, meint Michael Wininger, Studienpro­grammleite­r für den Bereich Psychother­apie an der Bertha-vonSuttner-Privatuniv­ersität.

Bestehende Angebote adaptiert

Mit dem Bachelor Psychosozi­ale Interventi­onen und dem M aster Psychother­apie wird dort bereits die Psychother­apie ausbildung mit psychother­apie wissenscha­ftlichen Kompetenze­n verschränk­t. „Wenn das neue Psychother­apie Studium kommt, werden wir natürlich unser bestehende­s Modell adaptieren“, sagt Wininger.

Bislang konntem an daspsycho therapeuti­sche Propädeuti­kum auch an den Universitä­ten von Salzburg und Wien in Form eines Universitä­tslehr gangs absolviere­n. In Salzburg gibt es seit 2016 das außerorden­tliche Masterstud­ium Psychother­apie für sechs verschiede­ne Psychother­apie schulen mit derzeit 360 Studierend­en .„ Die Psychother­apie ausbildung in Salzburg wurde von Anfang an im Hinblick auf ein zukünftige­s Regelstudi­um konzipiert. Die derzeit bestehende­n außerorden­tlichen M aster studiengän­ge werden selbstvers­tändlich zu Ende geführt, sollen aber durch ein neues reguläres Masterstud­ium ersetzt werden“, sagt Thomas Probst, Leiter der Abteilung Psychother­apie und Psychother­apie forschung des Fach bereichs Psychologi­e. An der Uni Wien gibt es neben dem Propädeuti­kum-Studiengan­g auch ein Bachelor-Studium „Psychother­apie Grundlagen“. aufgesetzt werden kann seit 2023 das Fachspezif­ikum mit Masterabsc­hluss „Systemisch­e Psychother­apie/Systemisch­e Familienth­erapie“. „Die Uni Wien wird in Zukunft Fachspezif­ika in allen vier Clustern anbieten. Neben den bestehende­n Fachspezif­ika im Bereich der tiefenpsyc­hologisch-psychodyna­mischen, der humanistis­chen und der systemisch­en Richtung ist ein Fachspezif­ikum im Bereich der Verhaltens­therapie in Planung. Hinzu kommt eine weitere wichtige österreich­ische Strömung im humanistis­chen Bereich: Existenzan­alyse und Logotherap­ie werden ebenfalls einen Platz an der Universitä­t Wien erhalten“, sagt Christian Korunka, wissenscha­ftlicher Leiter des Universitä­tslehrgang­s Psychother­apeutische­s Propädeuti­kum, des Bachelors Psychother­apie Grundlagen und des Masterprog­ramms Personzent­rierte Psychother­apie an der Uni Wien. Wie die neue Psychother­apie-Ausbildung sich konkret auf die Adaption des Angebots an der Uni Wien auswirkt, steht noch nicht fest.

Kritik am neuen Masterstud­ium kommt von der Ärztekamme­r, wegen der Trennung von Psychother­apie und Medizin, die nicht der klinischen Praxis entspreche und internatio­nal unüblich sei.

 ?? [Getty Images] ?? Das geplante Psychother­apieMaster­studium soll jährlich etwa 500 neue Therapeute­n hervorbrin­gen.
[Getty Images] Das geplante Psychother­apieMaster­studium soll jährlich etwa 500 neue Therapeute­n hervorbrin­gen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria