Günstigere Ausbildung, mehr Therapeuten
Ein Masterstudium an öffentlichen Universitäten soll ab 2026 den Zugang zur Psychotherapie-Ausbildung erleichtern und in der Folge die Versorgung der Bevölkerung verbessern.
Eine Erhebung der Gesundheit Österreich aus dem vergangenen Jahr hat klare Zahlen auf den Tisch gelegt: Will man 3,5 Prozent der österreichischen Bevölkerung mit psychotherapeutischen Angeboten im Ausmaß von 40 Psychotherapieeinheiten pro Jahr versorgen, braucht es rund 4000 einschlägige Experten mehr. Damit das möglich wird, soll die Psychotherapieausbildung ab 2026 an öffentliche Universitäten übersiedeln. Ein großer Vorteil: Die Psychotherapie-Ausbildung wird dadurch deutlich kostengünstiger sein als bisher. Studiengänge an Privatuniversitäten und privat zu zahlende Universitätslehrgänge an öffentlichen Universitäten kosteten bislang über 30.000 Euro.
„Die Studiengänge an öffentlichen Universitäten werden aus öffentlicher Hand bezahlt, daher sind sie für die Studierenden (weitgehend) kostenfrei. Offen ist, welcher Fächergruppe das Studium zugeteilt wird. Davon hängt ab, ob und wie viele externe Kosten für Studierende für Selbsterfahrung und Supervision anfallen“, sagt Susanne Pointner, Vorsitzende des Ausbildungsund Methodenforums im österreichischen Bundesverband für Psychotherapie ÖBVP.
Psychotherapie akademisiert
Die Psychotherapie war bisher der letzte hochrangig und eigenverantwortlich tätige Gesundheitsberuf ohne akademische Ausbildung. Die Novelle des bisherigen Psychotherapie-Gesetzes sieht nun eine Akademisierung des Berufsstandes vor. Der erste Ausbildungsabschnitt bildet ein Bachelorstudium mit 180 ECTS, das dem bisherigen Propädeutikum entspricht. Es ist der psychotherapeutischen Grundausbildung gewidmet. Darauf aufbauend soll ein Masterstudium mit 120 ECTS eingerichtet werden, das in der Gestaltungsautonomie der Universitäten liegt. Hier sollen die 500 zusätzlichen Psychotherapeuten ausgebildet werden. Der dritte und letzte Schritt zur Approbation ist eine postgraduale Ausbildung bei einer Psychotherapeutischen Fachgesellschaft im Umfang von etwa 120 bis 150 ECTS mit einem methodenund clusterspezifischen Schwerpunkt. Diese Phase kann Fachseminare und Praktika, aber auch Lehrtherapie und Supervision umfassen. „Die Kosten für diesen Abschnitt hängen davon ab, welche Methode gewählt wird sowie wie viel methodischer Inhalt und wie viel Praxis, Selbsterfahrung und Supervision bereits im Studium an der jeweiligen Universität enthalten sind“, erklärt Pointner. Bisher gab es zwei Phasen: das sogenannte Propädeutikum und das Fachspezifikum. In Österreich gibt es laut Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz aktuell 21 anerkannte propädeutische und 40 anerDarauf kannte fachspezifische Ausbildungseinrichtungen.
„4000 Psychotherapeuten mehr werden auf die Dauer nicht reichen, will man das Versorgungsziel von fünf Prozent der Bevölkerung erreichen.“Für dieses höher gelegte Versorgungsziel würde es insgesamt rund 18.000 Experten brauchen. Ohne private Ausbildungsangebote werde es also nicht gehen, meint Michael Wininger, Studienprogrammleiter für den Bereich Psychotherapie an der Bertha-vonSuttner-Privatuniversität.
Bestehende Angebote adaptiert
Mit dem Bachelor Psychosoziale Interventionen und dem M aster Psychotherapie wird dort bereits die Psychotherapie ausbildung mit psychotherapie wissenschaftlichen Kompetenzen verschränkt. „Wenn das neue Psychotherapie Studium kommt, werden wir natürlich unser bestehendes Modell adaptieren“, sagt Wininger.
Bislang konntem an daspsycho therapeutische Propädeutikum auch an den Universitäten von Salzburg und Wien in Form eines Universitätslehr gangs absolvieren. In Salzburg gibt es seit 2016 das außerordentliche Masterstudium Psychotherapie für sechs verschiedene Psychotherapie schulen mit derzeit 360 Studierenden .„ Die Psychotherapie ausbildung in Salzburg wurde von Anfang an im Hinblick auf ein zukünftiges Regelstudium konzipiert. Die derzeit bestehenden außerordentlichen M aster studiengänge werden selbstverständlich zu Ende geführt, sollen aber durch ein neues reguläres Masterstudium ersetzt werden“, sagt Thomas Probst, Leiter der Abteilung Psychotherapie und Psychotherapie forschung des Fach bereichs Psychologie. An der Uni Wien gibt es neben dem Propädeutikum-Studiengang auch ein Bachelor-Studium „Psychotherapie Grundlagen“. aufgesetzt werden kann seit 2023 das Fachspezifikum mit Masterabschluss „Systemische Psychotherapie/Systemische Familientherapie“. „Die Uni Wien wird in Zukunft Fachspezifika in allen vier Clustern anbieten. Neben den bestehenden Fachspezifika im Bereich der tiefenpsychologisch-psychodynamischen, der humanistischen und der systemischen Richtung ist ein Fachspezifikum im Bereich der Verhaltenstherapie in Planung. Hinzu kommt eine weitere wichtige österreichische Strömung im humanistischen Bereich: Existenzanalyse und Logotherapie werden ebenfalls einen Platz an der Universität Wien erhalten“, sagt Christian Korunka, wissenschaftlicher Leiter des Universitätslehrgangs Psychotherapeutisches Propädeutikum, des Bachelors Psychotherapie Grundlagen und des Masterprogramms Personzentrierte Psychotherapie an der Uni Wien. Wie die neue Psychotherapie-Ausbildung sich konkret auf die Adaption des Angebots an der Uni Wien auswirkt, steht noch nicht fest.
Kritik am neuen Masterstudium kommt von der Ärztekammer, wegen der Trennung von Psychotherapie und Medizin, die nicht der klinischen Praxis entspreche und international unüblich sei.