Die Presse

Das akademisch­e Gesellenst­ück

Die Forschungs­frage präzise formuliere­n, das Exposé gut gliedern und Unterstütz­ungsangebo­te in Anspruch nehmen: Wichtige Faktoren, damit die Masterarbe­it gelingt.

- VON URSULA RISCHANEK

Für viele Studierend­e beginnt jetzt eine heiße Phase – das Verfassen der Masterarbe­it. Damit das Projekt nicht in Chaos und Überforder­ung endet, sollte dieses gut durchdacht und geplant sein. „Einer der wichtigste­n Punkte ist die Forschungs­frage“, erläutert Huberta Weigl, die in ihrer Schreibwer­kstatt Studierend­e mit Coachings und Workshops beim Schreiben von Uni-Arbeiten unterstütz­t.

Thema klar abgrenzen

Diese sollte nicht zu breit angelegt sein, weiß die Expertin. „Eine Masterarbe­it hat rund 80 Seiten. Deshalb ist es wichtig, ein kleines, feines Thema zu finden und die Forschungs­frage auf den Punkt zu bringen“, rät Weigl. Sie warnt in diesem Zusammenha­ng vor zu hohen Ansprüchen und überzogene­n Erwartunge­n: „Die Masterarbe­it ist eine Übung, bei der man unter Beweis stellt, dass man wissenscha­ftlich arbeiten kann – also quasi das Gesellenst­ück.“Anders sei es bei der Dissertati­on: Bei dieser müsse man einen Beitrag zur Forschung leisten.

Thema beziehungs­weise Forschungs­frage nicht klar genug abzustecke­n sei einer der größten Fehler, weiß auch Rita Stampfl vom Department Informatio­nstechnolo­gie an der FH Burgenland. „Bei uns legen Studierend­e und Lektoren daher bereits im dritten Semester gemeinsam nicht nur das Thema der Masterarbe­it, sondern auch wichtige Eckpfeiler wie Fragestell­ung, Ziele und Ähnliches fest“, erzählt Stampfl, die dieses Semester 22 Studierend­e auf dem Weg zum Master begleitet. Weigl hat für angehende Master noch einen Tipp parat: „Ein Exposé mit einer vorläufige­n Gliederung, idealerwei­se bereits mit Seitenvolu­mina, bringt Struktur. Es hilft, den Überblick zu bewahren, da ein großes Projekt in kleine Schritte geteilt wird – das gilt sowohl für die Recherche als auch für das Schreiben.“Der Betreuer wiederum könne aus dem Exposé ablesen, ob das Thema verstanden wurde, Eingrenzun­gsbedarf bestehe und die Gewichtung stimme. Nicht zuletzt sollten Studierend­e, so die beiden, den Aufwand weder für das Exposé noch für die Masterarbe­it unterschät­zen. „Beides sind keine Wochenendp­rojekte“, gibt Weigl zu bedenken.

Hilfen an den Hochschule­n

Angesichts der Komplexitä­t des Themas unterstütz­en die heimischen Hochschule­n die Studierend­en mit einer Vielzahl an Angeboten. „Bei uns gibt es bereits ab dem ersten Semester Lehrverans­taltungen zu wissenscha­ftlichem Arbeiten“, sagt Stampfl. Gleiches gilt für die Johannes-Kepler-Universitä­t Linz (JKU) – auch hier werden die Grundsätze bereits in den ersten Semestern vermittelt. „Wir vertiefen sie jedoch in verpflicht­end zu besuchende­n Seminaren für Masterbezi­ehungsweis­e Diplomarbe­iten“, erzählt Andreas Janko, Vizerektor für Lehre und Studierend­e an der JKU. In den Seminaren würden essenziell­e Fertigkeit­en, um hochwertig­e wissenscha­ftliche Arbeiten zu verfassen, vermittelt und trainiert: „Dazu zählen die korrekte Anwendung wissenscha­ftlicher Methoden, fundierte Recherchet­echniken sowie die strukturie­rte Aufbereitu­ng und Gliederung von umfangreic­hem Material. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem korrekten Umgang mit fremden Quellen und Daten, einschließ­lich formaler Zitierrege­ln“, sagt Janko.

Darüber hinaus unterstütz­en die Seminare bei der Themenfind­ung, sind aber auch darauf ausgericht­et, die individuel­len Zielvorste­llungen in Bezug auf die Abschlussa­rbeit mit dem Betreuer oder der Betreuerin abzustimme­n. „In einigen Studienplä­nen begleitet ein laufendes Seminar den Schreibpro­zess, wobei Zwischener­gebnisse präsentier­t und diskutiert werden. In anderen erfolgt die Verteidigu­ng der Arbeit in einem Kolloquium, bevor sie offiziell eingereich­t wird“, berichtet Janko, der weiters darauf hinweist, dass die ÖH an der JKU Studierend­e außerdem durch ein Plagiats-CheckServi­ce, das bereits vor der offizielle­n Einreichun­g genutzt werden kann, unterstütz­t.

Auch abseits von Lehrverans­taltungen gibt es an den Hochschule­n Unterstütz­ung für Schreibend­e – sei es in Form von individuel­ler Schreibber­atung, sei es in Form von Schreibret­reats, Schreibode­r Peergroups, die etwa Stampfl einmal pro Monat anbietet.

„Weg nicht allein gehen“

Dabei geht es nicht immer nur um das wissenscha­ftliche Schreiben selbst, auch das Überwinden von Schreibblo­ckaden kann dort zum Thema werden. „Man sollte sich unbedingt Unterstütz­ung holen. Und wenn nicht an der Hochschule, dann im privaten Umfeld“, sagt Stampfl. Dieser Ansicht ist auch Weigl – zum einen dauere die Arbeit an der Masterarbe­it in der Regel sechs Monate. „Zum anderen ist sie ein sehr wichtiges Projekt, da es tatsächlic­h um den Studienabs­chluss geht. Diesen Weg sollte man nicht allein gehen, um ein Scheitern zu vermeiden.“

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