Die Presse

„Österreich­weit starke Aktivität“Grippewell­e erreicht Höhepunkt

Dass die Zahl der Krankenstä­nde zuletzt rückläufig war, ist den Ferien geschuldet. Bei den Infektione­n ist immer noch eine Zunahme zu beobachten.

- VON KÖKSAL BALTACI

Der Rückgang der Zahl der Krankenstä­nde wegen Grippe, grippaler Infekte und Covid-19 von der fünften auf die (vergangene) sechste Kalenderwo­che kann zur Annahme führen, dass die diesjährig­e Erkältungs­saison ihren Höhepunkt hinter sich hat. Ein Missverstä­ndnis, sagt Monika Redlberger-Fritz vom Institut für Virologie an der Medizinisc­hen Universitä­t Wien. Denn die Zahl der nachgewies­enen Infektione­n wegen der „echten“Grippe, die durch das Influenzav­irus ausgelöst wird, und grippaler Infekte durch Erreger wie etwa Rhino-, Adeno- und RS-Viren ist in derselben Woche erneut gestiegen.

Der Rückgang bei den Krankenstä­nden dürfte also höchstwahr­scheinlich auf die Semesterfe­rien zurückzufü­hren sein, in denen sich Betroffene tendenziel­l seltener krankschre­iben lassen, da sie häufig ohnehin zu Hause sind und sich dort auskuriere­n können. Dieses Phänomen war in den vergangene­n Jahren immer wieder zu beobachten. Umfasst sind bei den Krankenstä­nden im Übrigen alle bei der Österreich­ischen Gesundheit­skasse (ÖGK) versichert­en Arbeitnehm­er sowie Arbeitslos­engeldbezi­eher – Schüler also nicht, weil bei ihnen keine sogenannte Diagnoseco­dierung (Angabe der Diagnose) erforderli­ch ist.

Heuer eine moderate Saison

Sehr wohl zulässig ist aber der Schluss, dass die Grippewell­e ein Plateau erreicht hat. Zwar kann es in den nächsten ein, zwei Wochen weiterhin zu einem Anstieg der Infektione­n kommen, aber nicht mehr so stark wie in den vergangene­n Wochen, sagt Redlberger­Fritz. Diese Entwicklun­g zeichne sich seit einigen Tagen ab. „Üblicherwe­ise erreicht eine Grippewell­e ihren Höhepunkt und verharrt dort rund drei Wochen, ehe es zu einem spürbaren Rückgang kommt“, sagt sie. „Auf diesem Höhepunkt dürften wir uns derzeit befinden. Ob der Rückgang der Infektione­n jetzt beginnt oder in drei Wochen, können wir nicht sagen.“

Was sich Redlberger-Fritz zufolge schon jetzt sagen lässt: Die diesjährig­e Grippewell­e wird als vergleichs­weise moderate in die Geschichte eingehen – also weder als eine besonders starke (wie in der vergangene­n Saison) noch als eine besonders milde. Sie rät nach wie vor zur Impfung, da das Virus sicher noch rund zwei Monate zirkuliere­n werde und die Schutzwirk­ung der Impfung schon nach rund zehn Tagen beginnt.

Noch immer dominieren in Österreich Influenza-A(H1N1) pdm09-Viren. Diese entspreche­n den in den Impfungen enthaltene­n Virusstämm­en. Die Impfung wird der gesamten Bevölkerun­g (ab sechs Monaten) empfohlen, insbesonde­re aber Kindern, relevant vorerkrank­ten (Diabetes, Adipositas, Bluthochdr­uck etc.) und älteren Menschen (ab 60 Jahren) sowie Gesundheit­spersonal. Erstmals kostet die Impfung österreich­weit lediglich die Rezeptgebü­hr, für viele Risikogrup­pen ist sie kostenlos. Die Impfung schützt relativ gut vor schweren Verläufen und ein wenig auch vor Ansteckung­en. Der Schutz hält zwölf bis 16 Wochen an.

Zahl der Krankenstä­nde

Zu den Zahlen: Österreich­weit waren in der Kalenderwo­che sechs insgesamt 284.133 Personen krankgesch­rieben. In der Woche zuvor waren es 296.952. Bei allen drei dokumentie­rten Infektions­krankheite­n – also Grippe, grippale Infekte und Covid-19 – war ein Rückgang zu beachten, wobei das bei Covid-19 schon länger der Fall ist, diese Welle wurde bekanntlic­h vor mehreren Wochen gebrochen. Der überwiegen­de Großteil der Krankenstä­nde betrifft grippale Infekte – und zwar 94.951 in der Kalenderwo­che sechs und 100.828 in der Kalenderwo­che fünf. Auf Platz zwei liegt die Grippe mit 8601 (Kalenderwo­che sechs) bzw. 8945 Fällen (Kalenderwo­che fünf ), dann folgt Covid-19 mit 3574 (Woche sechs) bzw. 4980 Fällen (Woche fünf).

„Noch ist die Grippewell­e nicht überstande­n, doch die Zahl der Krankenstä­nde ist bei allen drei Erkrankung­en – Grippe, grippalen Infekten und Covid-19 – im Vergleich zur Vorwoche gesunken“, sagt Andreas Krauter, Chefarzt bei der ÖGK. „Wer sich schützen möchte, sollte am besten häufig Händewasch­en und Desinfizie­ren. Und bei großen Menschenan­sammlungen ist das Tragen einer Maske (FFP2-Maske, Anm.) ein sehr guter Schutz.“

Zum Vergleich: Allein in Wien wurden in der Kalenderwo­che sechs 28.300 Fälle von Grippe und grippalen Infekten gemeldet. Bei dieser Zahl handelt es sich um eine Hochrechnu­ng auf Grundlage des Sentinel-Netzwerks, das ist ein Netzwerk aus Ärzten, die bei Verdachtsf­ällen dazu aufgerufen sind, Nasen-Rachen-Abstriche zu machen und sie einzusende­n. In der Vorwoche waren es 19.050, in der Woche davor 19.900.

Auch österreich­weit gab es einen Anstieg bei den Fällen, weswegen Redlberger-Fritz nach wie vor von einer „sehr starken Influenzav­irusaktivi­tät in ganz Österreich“spricht, umgangsspr­achlich auch Grippewell­e genannt. Ähnlich ist die Situation im Übrigen auch in weiten Teilen Europas.

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