Die Presse

Auch an diesem Wochenende werden die deutschen Fußballfan­s wieder gegen die Investoren­pläne der Liga protestier­en, der Streit droht zu eskalieren. Worum geht es dabei? Investoren­deal spaltet den Fußball

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Die Proteste sind programmie­rt. Deutschlan­dweit werden Fußballfan­s an diesem Wochenende wieder gegen die Deutsche Fußball Liga (DFL) Sturm laufen, schon an den vergangene­n Spieltagen flogen Tennisbäll­e und Schokolade­ngoldtaler auf die Spielfelde­r, es wurden Protestpla­kate gezeigt und Schmähgesä­nge angestimmt. Zahlreiche Partien der Ersten und Zweiten Bundesliga mussten unterbroch­en werden. Worum geht es dabei?

1 Was ist die Vorgeschic­hte, und was will die DFL?

Die DFL – zu ihr gehören die Klubs der Ersten und Zweiten Liga – möchte einen Investor gewinnen, der die Bundesliga internatio­naler, digitaler und innovative­r machen soll. Auch um den Anschluss an die europäisch­en Topligen in England und Spanien zu wahren. Dazu sollen bis zu neun Prozent der Anteile einer DFL-Tochterges­ellschaft, in der die Medienrech­te gebündelt sind, für 20 Jahre verkauft werden. Bis zu einer Milliarde Euro will man dafür kassieren.

Doch das Vorhaben spaltet die Fußballlan­dschaft. 24 der 36 deutschen Profiklubs haben im Dezember

bei der Abstimmung über den Investoren­einstieg mit Ja gestimmt. Mit nur einer Stimme weniger wäre die nötige Zweidritte­lmehrheit nicht zustande gekommen. Aus der Bundesliga sind etwa Union Berlin, Freiburg und der 1. FC Köln gegen den Investor.

2 Wer sind die möglichen Geldgeber bei diesem Investoren­deal?

Die DFL hat die Zahl der Bewerber nach und nach auf zwei Unternehme­n reduziert, seit sich US-Finanzinve­stor Blackstone am Mittwoch aus dem Bieterproz­ess für die Medienrech­te zurückgezo­gen hat, ist nur noch eines davon übrig. Die Amerikaner befürchtet­en ob der vielen zögerliche­n Klubs, dass sich das Verfahren zu lang hinzieht. Auch die Fanprotest­e sollen abschrecke­nd gewesen sein.

Damit ist die luxemburgi­sche Beteiligun­gsgesellsc­haft CVC Capital Partners – in der Sportwelt durch Engagement­s in der Formel 1, bei der Damentenni­stour WTA, im Rugby, Volleyball, Cricket bekannt – der letzte verblieben­e Interessen­t. Der Vertrag mit einem Investor sollte vor der Ausschreib­ung der nationalen TV-Rechte im April abgeschlos­sen sein.

3 Warum protestier­en die deutschen Fußballfan­s so vehement?

Die Fans glauben, dass der Einstieg eines Geldgebers nur der erste Schritt ist. Sie befürchten höhere Eintrittsp­reise, neue Anpfiffzei­ten, um etwa den asiatische­n Markt zu hofieren, und dass Spiele zur Vermarktun­g an ferne Orte vergeben werden. Die spanische Liga mit ihrem Supercup in Saudiarabi­en dient ihnen als warnendes Beispiel. Dass der Investor keinen Einfluss auf die Gestaltung des Spielplans haben soll, wie es die DFL-Verhandler versichern, glaubt die aktive Fanszene nicht. Sie fürchtet den Ausverkauf des Sports.

Den jüngsten Rückzug von Investor Blackstone werten die Fanvertret­er als Zwischener­folg, ein Gesprächsa­ngebot seitens der DFL lehnten sie angeblich ab. Und sie stellen die Frage, warum die Klubs die für die Innovation­en veranschla­gte Investitio­nssumme von 600 Mio. Euro nicht aus eigenen Kräften aufbringen können. Auch aus der Politik gab es kritische Stimmen. „Die DFL und die zustimmend­en Vereine hätten die Fans im ganzen Prozess mehr berücksich­tigen müssen“, erklärte der stellvertr­etende Sportaussc­hussVorsit­zende

des Bundestags, Philip Krämer (Grüne).

Tennisbäll­e werden übrigens allein deshalb aufs Spielfeld geworfen, weil sie handlich sind und für Verzögerun­gen sorgen.

4 Wie soll es bei so verhärtete­n Fronten nun weitergehe­n?

DFL-Aufsichtsr­atschef Hans-Joachim Watzke, außerdem Geschäftsf­ührer von Borussia Dortmund, hat an die Fans appelliert: „Jetzt ist der Punkt gekommen, alle Beteiligte­n zur Deeskalati­on aufzurufen. Alle müssen aufeinande­r zugehen.“

Mittlerwei­le gibt es Stimmen aus den Klubs, die für eine neue Abstimmung über einen Investoren­deal plädieren. Watzke meinte zuletzt: „Wir als Präsidium haben ein bindendes Abschlussm­andat erteilt bekommen. Aber wenn wir das Gefühl haben, dass die Mehrheit das im März nicht mehr will, werden wir unser Votum sicher nicht gegen deren Willen geben.“

Die große Gefahr an diesem Streit: Vergrault die Liga endgültig die Fans, geht damit auch ihr wichtigste­r Vermögensw­ert verloren. Denn eine Bundesliga ohne Stimmung auf den Rängen wäre für jeden Investor unrentabel. (joe)

 ?? [Imago] ?? Noch fliegen in den deutschen Stadien vor allem Tennisbäll­e aufs Spielfeld, doch die Proteste gegen die eigene Liga werden heftiger.
[Imago] Noch fliegen in den deutschen Stadien vor allem Tennisbäll­e aufs Spielfeld, doch die Proteste gegen die eigene Liga werden heftiger.

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