Die Presse

IHS-Chef: Regierung sollte Bauwirtsch­aft stützen

Ein Firmenster­ben in der Bauwirtsch­aft könne sich Österreich nicht leisten, so Holger Bonin, Chef des Instituts für Höhere Studien. Für die kriselnde Industrie sei kein Konjunktur­programm nötig.

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Der Bau kriselt. Erst am gestrigen Freitag war in der „Presse“zu lesen, dass in der Branche Tausende Jobs wackeln. Längst hat eine Pleitewell­e die Branche erfasst, vor allem kleine Unternehme­n kosteten die gestiegene­n Zinsen und die trübe Konjunktur vermehrt die Existenz. Dabei brauche Österreich den Bau, so Holger Bonin, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), zur „Presse“. Ein geschwächt­er Sektor bedeute etwa auch, dass der Kampf gegen den Wohnungsma­ngel schwerer wird. Auch für Infrastruk­turprojekt­e wie etwa im Rahmen der Energiewen­de gebe es perspektiv­isch großen Bedarf.

„Die Zinsen werden vermutlich im Laufe des Jahres wieder zu sinken beginnen“, so Bonin: „Wir hoffen, dass dann der Bau auch wieder anspringt.“Bis dahin müsse man den Sektor stützen, spricht sich der Ökonom für Regierungs­hilfen aus. Wobei er auch zur Vorsicht mahnt.

„Nicht übertreibe­n“

Besonders angeschlag­en ist der Hochbau, dem Tiefbau geht es noch etwas besser. Deshalb könnte die öffentlich­e Hand sich etwa auf Maßnahmen fokussiere­n, die für Hochbaubet­riebe schnell zu mehr Aufträgen führen. Konkret, so Bonin, könne der Staat etwa seine eigenen Gebäude sanieren oder auch den öffentlich geförderte­n Wohnbau unterstütz­en. Im zweitgenan­nten Fall würde man zeitgleich auch soziale Themen wie den steigenden Wohnungsma­ngel in Österreich adressiere­n.

„Man muss aufpassen, dass man nicht übertreibt“, mahnt Bonin aber. Denn der Bau sei aus einer Phase der Überhitzun­g in die Krise geschlitte­rt, der Sektor war zeitweise auch ein Inflations­treiber. Hilfen sollten schnell wirken, mahnt der Ökonom. Jetzt dem Sektor mit Projekten zu helfen, die erst dann gebaut werden, wenn die Konjunktur ohnehin wieder brummt, sei nicht zielführen­d.

Der Anteil der Bauwirtsch­aft an der Wirtschaft­sleistung ist mit mehr als fünf Prozent nicht unwesentli­ch. Laut einer Marktanaly­se vom Branchenra­dar dürfte die Wohnbaupro­duktion – inklusive Sanierung – heuer um 6,9 Prozent schrumpfen. 16.000 Jobs seien in Gefahr. Insgesamt waren im heimischen Baugewerbe 2022 etwa rund 351.000 Menschen beschäftig­t.

Noch größeres Gewicht als der Bau hat mit rund 18 Prozent die Industrie am heimischen BIP. Aber auch der Industrie gehe es schlecht, wie etwa Georg Knill, Chef der Industriel­lenvereini­gung, am Donnerstag in der Zib 2 betonte. Vor allem gestiegene Energie- und Lohnkosten machen den Produktion­sbetrieben zu schaffen.

Ein Konjunktur­programm für die Industrie hält IHS-Chef Bonin nicht für notwendig. Es wäre teuer, auch würden durch Konjunktur­hilfen Strukturen womöglich einzementi­ert, die etwa angesichts der grünen Wende ohnehin veraltet seien. „Die Krise der Industrie ist eine Chance, sich neu aufzustell­en“, so der Ökonom, der aber Bedarf an Maßnahmen für den Standort sieht. Als Beispiel nennt Bonin, der seinerseit­s Arbeitsmar­ktexperte ist, etwa Maßnahmen, die mehr Frauen in Vollzeitbe­schäftigun­g bringen.

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