Die Presse

Autos, Urlaube, Uhren: Wie viel Luxus für Politiker erlaubt ist

Von Dienstauto­s bis zum Luxus im Privatlebe­n: Politiker stehen unter Beobachtun­g, eine Privilegie­ndebatte bricht rasch aus – gerade im Wahlkampf.

- VON MARTIN FRITZL E-Mails an: martin.fritzl@diepresse.com

Darf Karl Nehammer einen 462 PS starken Audi A8 fahren? Ist es pure Verschwend­ung, wenn das Hybrid-Fahrzeug von Alma Zadić 1600 Euro Leasingkos­ten pro Monat verschling­t? Warum kommt Claudia Plakolm auf eine Tankrechnu­ng von 9600 Euro in einem halben Jahr? Und ist die grüne Abgeordnet­e Nina Tomaselli eine Umweltsünd­erin, weil sie 50.000 Flugkilome­ter im Jahr zurücklegt?

Der Wahlkampf wirft seine Schatten voraus, schon gibt es erste Berichte über Politiker-Luxusautos und andere vermutete Privilegie­n. Politiker-Urlaube sollten in diesem Jahr wohlüberle­gt sein. Es empfiehlt sich, eine Almhütte in den österreich­ischen Bergen als Urlaubsdom­izil zu wählen, vorzugswei­se eine ohne Fließwasse­r und mit Plumpsklo.

Aber im Ernst: Was darf ein Politiker, wo sind die Grenzen des Erlaubten und Akzeptable­n? Beginnen wir mit dem Berufliche­n: Das Dienstauto ist quasi der Ursprung aller Privilegie­ndebatten. Angefangen hat damit Jörg Haider vor mehr als 30 Jahren. Geändert hat sich seit damals nicht viel: Weiterhin fahren Politiker Fahrzeuge der gehobenen Klasse – und das ist gut und richtig so. Bei den vielen Stunden, die Volksvertr­eter im Auto verbringen, ist das mehr als ein Fortbewegu­ngsmittel, es ist ein zweiter Arbeitspla­tz. Dort werden Akten bearbeitet, Unterlagen gelesen, Telefonate geführt. Selbstvers­tändlich hat die Republik ihren obersten Organen eine ordentlich­e Arbeitspla­tz-Ausstattun­g zur Verfügung zu stellen. Das hat auch die FPÖ so gehalten, wenn sie in der Regierung war.

Ähnliches gilt für Flugreisen. Wer ins Ausland fliegt, um dort Verhandlun­gen zu führen, muss ausgeruht ankommen, alles andere wäre kontraprod­uktiv. Das gilt zumindest für Langstreck­enflüge. Auf der Kurz- und Mittelstre­cke in Europa macht die Business Class kaum einen Unterschie­d. Da kann man von Politikern natürlich erwarten, dass sie eine kostengüns­tige Variante wählen. Sebastian Kurz hat derartige Economy-Flüge öffentlich gut vermarktet – um dann bei Überseeflü­gen selbstvers­tändlich die Business-Class oder einen Privatflie­ger zu wählen.

Und wie ist es mit dem Privaten? Da sollten Politiker prinzipiel­l mit ihrem Geld machen können, was sie wollen. Können sie natürlich nicht. Auch das Privatlebe­n ist bis zu einem gewissen Grad öffentlich und das Image entscheide­t mit, wer gewählt wird und wer eben nicht. Wobei ein luxuriöser Lebensstil nicht prinzipiel­l für negative Reaktionen sorgt. Ein Frank Stronach wurde gewählt, eben weil er einen erfolgreic­hen Konzern aufgebaut und sich einen entspreche­nden Reichtum erarbeitet hatte.

Ein allgemeing­ültiges Regelwerk, was erlaubt ist, lässt sich da nicht aufstellen. Die Richtschnu­r gibt es aber schon: den eigenen politische­n Standpunkt. Wer in erster Linie für sozial Schwache da sein will und gegen „die Reichen“agitiert, sollte sich eher von Luxus fernhalten. Alfred Gusenbauer ist in seiner Zeit als Bundeskanz­ler die Liebe zu teuren Rotweinen angekreide­t worden, Christian Kern sein Faible für Luxusuhren, Pamela Rendi-Wagner kam mit einem Urlaub an der Côte d’Azur in die Schlagzeil­en. Die Kritik mag von der politische­n Konkurrenz befeuert und nicht immer gerechtfer­tigt sein. Als Vertreter einer Partei, die die soziale Komponente in den Mittelpunk­t stellt, muss man damit aber rechnen und sich entspreche­nd verhalten.

Ähnliches gilt für die Grünen beim Thema Fliegen: Man kann eben nicht das Fliegen zum großen Umweltprob­lem erklären und gleichzeit­ig um die Welt jetten. Auch das verlangt nach einer differenzi­erten Betrachtun­gsweise. Einer Ministerin wie Leonore Gewessler vorzuwerfe­n, dass sie für eine Konferenz im arabischen Raum den Flieger benutzt, ist lächerlich. Soll sie mit dem Fahrrad hinfahren? Eine Abgeordnet­e wie Nina Tomaselli muss schon genauer erklären, wofür die vielen Flugkilome­ter notwendig waren.

Anderersei­ts gilt die Richtschnu­r der eigenen Ansprüche nicht überall. Jörg Haider hat sich als Anwalt der kleinen Leute und Kämpfer gegen Privilegie­n inszeniert und war selbst einem gewissen Luxus nicht abgeneigt. Angekreide­t wurde ihm das nicht. Was wiederum zeigt: Gerecht laufen die Privilegie­ndebatten nicht ab.

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