Die Presse

Thomas Schmid als Kronzeuge: „Finale Prüfung“läuft bereits

Vieles spricht dafür, dass Ex-Öbag-Chef Thomas Schmid Kronzeuge wird. Allerdings wird er dafür „bezahlen“müssen. Bei jenen, die von Schmid belastet werden, heißt es: „Alle gegen Schmid.“

- VON MANFRED SEEH

Am Freitag (23. Februar) könnte der Falschauss­age-Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz und Ex-Kanzleramt-Kabinettsc­hef Bernhard Bonelli (beide ÖVP) zu Ende gehen. Entscheide­nd wird sein, ob der Richter dem Zeugen der Anklage, Thomas Schmid, glaubt. Schmid, Ex-Finanzamt-Generalsek­retär und Ex-Chef der Staatshold­ing Öbag, belastet die Beschuldig­ten schwer. Indessen ist er selbst dem begehrten Kronzeugen­status ein gutes Stück nähergerüc­kt.

Laut „Presse“-Recherchen will nun die Korruption­sstaatsanw­altschaft, die WKStA, dass Schmid (er wird selbst in mehreren Causen als Beschuldig­ter geführt, gesteht aber umfassend) seine Einkommens­und Vermögensv­erhältniss­e offenlegt. Und zwar im Rahmen der „finalen Prüfung des Antrags“auf Zuerkennun­g der Kronzeugen­regelung.

In einer Note an Schmids Anwalt, Roland Kier, schreibt die WKStA: „Sollten die Strafverfo­lgungsbehö­rden beabsichti­gen, Ihrem Antrag auf Zuerkennun­g der Kronzeugen­regelung nach § 209a StPO (dieser Paragraf der Strafproze­ssordnung regelt den Verfolgung­srücktritt der Anklagebeh­örde, Anm.) stattzugeb­en, sind auch die persönlich­en Lebensumst­ände Ihres Mandanten, dessen Lebensmitt­elpunkt im Ausland liegt (Schmid ist nach Holland ausgewande­rt, Anm.), von Bedeutung für die Art der in Betracht kommenden Diversion.“

Das Ziel: Eine Geldbuße

In Verbindung mit der Aufforderu­ng an Schmid, dieser möge seine Finanzverh­ältnisse preisgeben, scheint die „Art der Diversion“bereits klar zu sein: Schmid soll offenbar eine Geldbuße hinblätter­n. Theoretisc­h kommen etwa auch gemeinnütz­ige Leistungen als Form der Diversion infrage. Man kann sich aber eher schwer vorstellen, dass der vormalige Staatshold­ing-Boss zu Hilfsarbei­ten in einer Seniorenre­sidenz oder einem Tierasyl verpflicht­et wird.

Heißt das nun, dass Schmid den Kronzeugen­status sicher bekommt? Da der frühere Topbeamte in Summe Tage, wenn nicht Wochen, damit verbracht hat, der WKStA Rede und Antwort zu stehen, darf dies durchaus angenommen werden. Abgesehen von seiner Aussage im zu Ende gehenden Falschauss­age-Prozess (Kurz und Bonelli sollen vor dem IbizaU-Ausschuss unwahre Angaben zur Neustruktu­rierung der Öbag gemacht haben, sie bestreiten dies) hat Schmid der WKStA etwa auch in der Inseraten-Affäre Munition gegen Kurz geliefert.

Fix ist der Kronzeugen­status aber noch nicht. Die WKStA kann zwar formal dessen Zuerkennun­g „vorhaben“(Vorhabensb­ericht), das letzte Wort haben aber die Oberbehörd­en. An deren Spitze steht Justizmini­sterin Alma Zadić (Grüne).

Wenn Schmid – so wie vor ihm die Meinungsfo­rscherin Sabine Beinschab (ihr wurde dieser Status vorläufig zuerkannt) – tatsächlic­h Kronzeuge wird, könnte das Beispiel Schule machen. Darauf gibt es erste Hinweise. So heißt es im Kronzeugen­Antrag (eigentlich ist es ein Antrag auf Rücktritt von der Verfolgung wegen Zusammenar­beit mit der Staatsanwa­ltschaft): Schmid sei die „Flagge“dieses Instrument­s. Diese könne aber nur wehen, „wenn er als einziger bisheriger Kronzeuge im Bereich der Spitzenpol­itik auch den Kronzeugen­status zuerkannt erhält“.

Die Medienberi­chterstatt­ung „zum Kronzeugen­status eines Schmid“bewirke bereits, so schreibt Schmid-Anwalt Roland Kier in dem Antrag weiter, dass sich Kollegen an ihn gewandt und erklärt hätten, weitere potenziell­e Kronzeugen an der Angel zu haben. Diese Leute würden aber „ihr eigenes weiteres Vorgehen von der Entscheidu­ng der Strafverfo­lgungsbehö­rden in der Causa Schmid abhängig machen“. Eben weil der Ex-Öbag-Chef augenschei­nlich davor steht, Kronzeuge zu werden, haben sich einige Verteidige­r von jenen Personen, die von Schmid belastet werden, etwas Besonderes einfallen lassen. Die Anwälte (darunter etwa Johann Pauer) haben bei der WKStA eine sogenannte kontradikt­orische Einvernahm­e Schmids beantragt. Ein spitzfindi­g anmutendes Manöver. Derartige Einvernahm­en werden etwa vor Gerichtsve­rhandlunge­n gemacht und per Video aufgezeich­net, um etwa Vergewalti­gungsopfer­n einen öffentlich­en Zeugenauft­ritt zu ersparen. Die Fragen stellen sowohl Anklage als auch Verteidigu­ng. Doch warum soll ausgerechn­et Schmid vorab in dieser Form befragt werden? Nun, wird er entgegen den Erwartunge­n doch kein Kronzeuge, dann bleibt er Beschuldig­ter. Als solcher muss er gar nichts sagen. Und wäre als Auskunftsg­eber verloren.

Wird er sehr wohl Kronzeuge, könnten ihn die Verteidige­r zwar befragen, müssten aber bis zu den kommenden Prozessen zuwarten. Die Advokaten wissen genau: Wenn Schmid schon unbedingt per Kronzeugen­status straflos ausgehen möchte, muss er in Vorleistun­g treten. Er muss sich (zumindest vor der WKStA) auskunftsf­reudig und kooperativ geben. Verweigert er die „Kontradikt­orische“, würde er sich möglicherw­eise selbst schwächen. Für Schmid ist die Idee mit der „Kontradikt­orischen“ein Dilemma.

Aber das ist nicht alles. Im Hintergrun­d braut sich mittlerwei­le ein Mix zusammen, den man mit „Alle gegen Schmid“bezeichnen könnte. Auch die wegen Wettbewerb­smanipulat­ion erstinstan­zlich zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt­e Ex-Familienmi­nisterin Sophie Karmasin (ihre Berufungsv­erhandlung findet am 6. März statt) mischt mit. Sie hat durch ihren Anwalt, Norbert Wess, einen Beweisantr­ag einbringen lassen, der Schmids Unglaubwür­digkeit unterstrei­chen soll.

Zur Erklärung: Gegen die ExMinister­in (sowie unter anderem auch gegen Kurz, für beide gilt die Unschuldsv­ermutung) wird weiterhin in der Inseraten-Affäre ermittelt. Die Vorwürfe lauten Beitrag zur Untreue und zur Bestechlic­hkeit. Karmasin weist nun darauf hin, dass Schmid wiederum im Verfahren gegen den Investor Ronny Pecik (Verdacht der Vorteilszu­wendung, weil Pecik Schmid Luxusautos borgte, Pecik bestreitet den Vorwurf) unglaubwür­dig ausgesagt habe. Daraus sei zu folgern, dass man Schmids Aussagen generell keinen Glauben schenken dürfe. Karmasin beantragt daher, dass bisher nicht beigeschaf­fte Chatprotok­olle zum Thema Luxusautos dem Gerichtsak­t beigelegt werden.

Auch Wöginger mischt mit

In dieselbe Kerbe schlägt August Wöginger. Der ÖVP-Klubobmann steht in Verdacht, unerlaubt Einfluss auf die Bestellung des Vorstands eines Finanzamts genommen zu haben. Schmid soll dabei Mittelsman­n gewesen sein. Wöginger, vertreten von Anwalt Michael Rohregger, beantragt nun die „Beischaffu­ng“des Protokolls von Schmids Aussagen im KurzProzes­s.

Denn: Dort habe der Ex-ÖbagChef auf seine frühere politisch gewichtige Position als FinanzamtG­eneralsekr­etär verwiesen. In der Finanzamt-Causa habe sich Schmid aber nur als untergeord­neter Erfüllungs­gehilfe dargestell­t. Es tönt also auch von dieser Seite, Schmid sei nicht glaubwürdi­g. Dessen ungeachtet setzt die WKStA zumindest im Kurz-Prozess voll auf Schmid. Und (siehe oben) es spricht einiges dafür, dass sie dies auch in anderen Verfahren so anlegen möchte.

‘‘ Schmid wird zum Prüfstein (…) der Kronzeugen­regelung in Österreich.

Aus dem Antrag auf Vergabe des Kronzeugen­status

 ?? [APA/M. Slovencik] ?? Ex-Öbag-Vorstand Thomas Schmid (rechts) kämpft gemeinsam mit seinem Anwalt, Roland Kier, um Zuerkennun­g des Kronzeugen­status.
[APA/M. Slovencik] Ex-Öbag-Vorstand Thomas Schmid (rechts) kämpft gemeinsam mit seinem Anwalt, Roland Kier, um Zuerkennun­g des Kronzeugen­status.

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