Fonds – der günstigere Weg zu Immobilien
Immobilien werden auch heuer nochmals billiger. Aber was ist billig? Für viele bleiben sie unerschwinglich. Doch es gibt günstige Alternativen, um an steigenden Mieten und Wertzuwächsen mitzuverdienen: Immobilienfonds. Was können sie bieten?
Die Preise fallen und fallen, und angesichts der anhaltend hohen Zinsen ist kein Ende in Sicht. Experten erwarten, dass sich Wohnimmobilien heuer mehr verbilligen dürften als im Vorjahr, als die Preise laut Nationalbank um knapp zwei Prozent gesunken sind. Bei Gewerbeimmobilien dürfte ein sogar noch kräftigerer Abschwung bevorstehen. Dennoch muss man nach wie vor tief in die Tasche greifen, will man ein schönes Objekt – auch als Anlage – ergattern.
Das heißt freilich nicht, dass man den Traum vom Investment in Betongold ganz aufgeben muss. Schließlich kann man auch Aktien von Immobilienunternehmen erwerben. Die sind aber nichts für schwache Nerven: Im Sog der Zinserhöhungen, die den Immobilienmarkt völlig umdrehten, haben sie Federn gelassen, um sich zuletzt dann doch zu erholen. Beim größten deutschen Wohnimmobilienkonzern Vonovia bleibt allerdings trotz der Aufholjagd nach dem Absturz im vorigen April im Jahresabstand nur ein mageres Plus von einem Prozent. Der Kurs des österreichischen Immobilienentwicklers UBM Development ist gar um ein Drittel gefallen. Das kann schlaflose Nächte bereiten, und Einzeltitel sind generell für Privatanleger heikel, weil sie viel Aufmerksamkeit erfordern.
Die Alternativen
Aber es gibt im Bereich Immobilien noch etwas: und zwar Fonds. Bis zur Zinswende vor eineinhalb Jahren hatten offene Immobilienfonds überhaupt zu den Lieblingen der Privatanleger gezählt. Über dieses Finanzprodukt kann man auch mit einem geringen Einsatz am Immobilienmarkt, an steigenden Mieten und Wertzuwächsen der Objekte partizipieren, ohne sich um das Objekt kümmern zu müssen. Weltweit flossen Milliarden in die Fonds, allein in Österreich wuchs das Volumen von 455 Millionen Euro im Jahr 2004 auf elf Mrd. Euro im Jahr 2022. Fünf Kapitalanlagegesellschaften (Bank Austria, Erste Immo KAG, LLB Immo, Raiffeisen Immobilien KAG und Union Investment Real Estate Austria) bieten laut Finanzmarktaufsicht (FMA) hierzulande zwölf offene Immobilienfonds an. Zwei davon, Real Invest Austria der Bank Austria und Erste Responsible Immofonds, werden von der FMA als mündelsicher eingestuft.
Offen oder geschlossen?
Die Rede ist von offenen Immobilienfonds: Als Publikumsfonds konzipiert, investieren sie in viele Objekte im gesamten Immobilienbereich. Der
Erwerb zusätzlicher Anteile bzw. der Verkauf ist – zumindest theoretisch – nach einer
Behaltefrist jederzeit möglich, sie sind auch über die Börse handelbar. Man hat zwar kein Mitspracherecht, welche Immobilien der Fonds erwirbt, aber das Risiko ist aufgrund der Vielzahl der Objekte breiter gestreut und daher viel geringer als bei geschlossenen Immofonds, die meist aufgelegt werden, um ein einziges Projekt zu finanzieren. Ist das Kapital erreicht, wird ein solcher Fonds geschlossen, Ein- und Auszahlungen sind nicht mehr möglich. Geschlossene Fonds erfordern einen höheren Einsatz und sind nicht an der Börse handelbar. Scheitert das Projekt, droht der Totalverlust, weshalb diese Fonds zu den hochspekulativen Assetklassen zählen.
Ganz ohne Risiko sind jedoch auch offene Immofonds nicht. Der Wert der Immobilien, etwa infolge von Leerständen und damit Mietausfällen, kann fallen – so wie jetzt. Die Behaltefristen (in Deutschland zwei, hierzulande ein Jahr) binden Anleger, auch wenn die Performance des Fonds sinkt. Viele Jahre lang trieben Immobilienaufwertungen zum überwiegenden Teil die Renditen der Fonds.
Die Zeitenwende
Diese Zeit ist vorbei, denn mit steigenden Zinsen wurden andere Anlageprodukte interessanter. Das brachte die Renditen der Fonds, die 2022 im Schnitt bei 2,5 bis 3,5 Prozent lagen, unter Druck. So etwa kommt der „Uniimmo Global“der deutschen Union Investment im Jahresabstand auf ein Kursplus von nur 1,8 Prozent. Rund zwei Prozent schaffte der „Real Invest Europe“der Bank Austria. Der „Erste Immobilienfonds“liegt 0,7 Prozent im Plus, während der auf Gewerbeimmobilien fokussierte französische „Corum Origin“im Vorjahr 6,06 Prozent brachte. Der „UBS (D) 3 Sector Real Estate“(laut Fundresearch der beste Immofonds Europas) liegt indes elf Prozent im Minus.
Kein Wunder, dass Anleger vorsichtig werden. Laut der Vereinigung
Österreichischer Investmentgesellschaften (VÖIG) wurden aus österreichischen Immofonds im Vorjahr rund 1,8 Milliarden Euro abgezogen. Das verwaltete Vermögen fiel im Jänner auf 9,14 Mrd. Euro. Der Trend könnte anhalten, zu Ungunsten der Liquidität der Fonds, denen letztlich nur die Notbremse bliebe, meint die Ratingagentur Scope. Das geschah – erstmals seit der Finanzkrise – Ende Oktober, als der „LLB Semper Real Estate“der Liechtensteinischen Landesbank die Anteilrücknahme aussetzte. Investoren konnten ihre Anteile nicht mehr abstoßen.
Aussteigen oder einsteigen?
Soll man also aussteigen, solang es noch geht? Oder bietet sich jetzt für Mutige die Gelegenheit zum Einstieg, zumal Fondsanteile an der Börse derzeit günstiger zu haben sind als bei den Anbietern? Könnte man dies für ein Arbitrage-Geschäft nutzen, indem man die günstig erworbenen Anteile an die Kapitalgesellschaft mit Aufschlag verkauft? Das ist zwar theoretisch möglich, aber allein die Behaltefrist spricht gegen einen schnellen Deal. Zudem muss erst jemand seine Anteile an die Börse bringen. Denn meist läuft der Fondsvertrieb über Banken.
Experten warnen vor überschnellen Reaktionen – so auch in Panik mit Verlust auszusteigen. Offene Immofonds seien ja genau als langfristiges Anlageprodukt gedacht, das zwar vielleicht keine berauschende Rendite abwerfe, aber dafür ein stabiler Bestandteil eines Depots sein sollte, heißt es. Wichtig sei, dass man einen Fonds eines renommierten Anbieters hat. Die Preisabschläge bei Immobilien böten den Fonds vielleicht sogar die Möglichkeit, billig Objekte kaufen zu können. Und noch was soll man bedenken: Der Immomarkt hat über die Jahre immer wieder Rückschläge erlebt, von denen er sich erholt hat. Aktuell geht die Einschätzung der Experten dahin, dass sich die Lage spätestens Ende 2024 bessern werde, wenn die Zinsen – später als erwartet, aber doch – sinken.