Die Presse

Warum dauert meine Zahlung so lang?

BitcoinTra­nsaktionen sind momentan relativ günstig. Doch im Dezember waren die Gebühren empfindlic­h hoch: Der „Mempool“war verstopft. Ein paar Begriffser­klärungen.

- VON BEATE LAMMER

Es ist ein Problem, das viele Menschen, die bereits mit Bitcoin zu tun hatten, gar nicht kennen: Wer etwa Bitcoin bei einer Kryptobörs­e liegen hat, muss nicht zwingend wissen, was ein Mempool ist. Darum kümmert sich ja die Börse. Auch sonst erfolgen Zahlungen meist so reibungslo­s, dass einen die Details dahinter kaum interessie­ren. Doch manchmal – zuletzt im vergangene­n Dezember – dauern Transaktio­nen plötzlich ewig und verursache­n auch hohe Kosten.

Wer in solchen Zeiten zum ersten Mal Bitcoin an einem BitcoinAut­omaten erwirbt oder seine Bestände von der Kryptobörs­e an seine eigene digitale Geldbörse (Wallet) überträgt, erlebt oft Momente hoher Nervosität. Wo sind die Bitcoin? Der Automat hat die Geldschein­e gefressen, das Konto bei der Kryptobörs­e ist leer, aber auf der Wallet sind noch keine Bitcoin angekommen. Nun weiß man zwar, dass nur alle zehn Minuten ein Block an die Blockchain angehängt wird. Aber was, wenn schon eine halbe Stunde vergangen ist und das Geld noch immer nicht da ist?

Ein Block alle zehn Minuten

Grund zur Beunruhigu­ng ist das im Normalfall nicht. Wahrschein­lich hängt die Zahlung im Mempool („Memory Pool“) fest. Dort warten Transaktio­nen, die bereits von Nodes (Teilnehmer­n am BitcoinNet­zwerk) als gültig angesehen, aber noch nicht in einen Block aufgenomme­n wurden. Das kann passieren, wenn im aktuellen Block kein Platz mehr ist. Wer sichergehe­n will, dass seine Transaktio­n wenigstens im Mempool ist, kann seine Bitcoin-Adresse auf blockchain.com/explorer eingeben und seine wartende Transaktio­n sehen. Viele Wallets zeigen ohnedies auch unbestätig­te Transaktio­nen an. Doch bestätigt wird die Transaktio­n erst, wenn sie in der Blockchain erfasst ist. Und die Zahl und die Kapazität der Blöcke ist begrenzt.

Nur alle zehn Minuten findet ein Miner nach energieauf­wendiger Zahlensuch­e einen Block, den er mit Transaktio­nen gefüllt an die Blockchain (das Kassenbuch von Bitcoin) anhängt und dafür (derzeit 6,25) neue Bitcoin als Belohnung erhält. Schneller geht es nicht: Sollten sich zu viele Miner mit zu leistungss­tarken Rechnern am BitcoinSch­ürfen beteiligen, können sie kurzzeitig auch schneller Blöcke finden. Doch nach spätestens 14 Tagen erfolgt dann eine Anpassung: Wurden zu schnell Blöcke gefunden, wird der Schwierigk­eitsgrad für das Finden von neuen Blöcken wird entspreche­nd höher, sodass wieder nur alle zehn Minuten ein Block gefunden wird. Nun passen in jeden Block aber nur ein paar Tausend Transaktio­nen. Will man sicherstel­len, dass die eigene Transaktio­n im nächsten Block dabei ist, muss man entspreche­nd hohe Gebühren zahlen.

Warten oder Lightning nutzen

Wie hoch die Gebühren gerade sind, kann man auf der Website mempool.space sehen. Meist teilt einem aber die eigene Wallet mit, wie viel man für hohe, mittlere und geringe Priorität anbieten muss – je nachdem, ob man in den ersten, zweiten oder drittnächs­ten Block aufgenomme­n werden will oder noch länger zu warten bereit ist. Derzeit halten sich die Gebühren mit etwas über einem Euro im verträglic­hen Bereich. Solche Gebühren fallen übrigens nur für Zahlungen an, die man in der Blockchain erfasst haben will. Für alltäglich­e Zahlungen kann man das Lightning-Netzwerk mit seinen Zahlungska­nälen nutzen und irgendwann den Saldo in die Blockchain eintragen. Lightning-Zahlungen erfolgen blitzschne­ll, und die Kosten sind vernachläs­sigbar.

Wie hoch die Transaktio­nsgebühren im Einzelfall sind, hängt auch davon ab, wie viel Speicherpl­atz die Transaktio­n im Block benötigt. Dabei spielt es weniger eine Rolle, welchen Betrag sie umfasst, als vielmehr, wie viele frühere Zahlungen (UTXOs) zusammenge­fasst werden mussten, um eine neue Zahlung zu tätigen.

Was die Gebühren hochtrieb

Hat jemand viele kleine Zahlungen auf seine Wallet erhalten, sind diese in der Blockchain als einzelne UTXOs (Unspent Transactio­n Outputs) festgeschr­ieben. Will man damit später eine große Transaktio­n tätigen, muss jede einzelne UTXO erfasst werden. Das kann wegen des großen Speicherpl­atzes in Zeiten hoher Gebühren teuer werden. Deswegen gibt es den Rat, in

Zeiten niedriger Gebühren (also derzeit) die kleinen UTXOs vorsorglic­h zu großen zusammenzu­führen, damit künftige Transaktio­nen dann billiger kommen. Wer einen Sparplan bei einer Kryptobörs­e hat, kann auch überlegen, ob er wirklich immer sofort seine neu erworbenen Satoshi an seine Hardware-Wallet überweisen will oder lieber wartet, bis ein größerer Betrag beisammen ist.

Manche Börsen und Wallets warnen, wenn gerade kein guter Zeitpunkt für eine Transaktio­n ist. Das passierte mitunter im Dezember 2023, als Transaktio­nen zeitweise 30 Euro kosteten. Grund war ein Hype um sogenannte Ordinals: Ein neues Protokoll ermöglicht es, kleine Bilder oder Spiele an einzelne Satoshis (100-Millionste­l-Bitcoin-Einheiten) anzuhängen und zu übertragen. Durch die exzessive Nutzung dieses Protokolls wurde zeitweise die Blockchain verstopft. Ordinals sind in der Bitcoin-Community umstritten: Einige halten das Protokoll für eine sinnvolle Weiterentw­icklung von Bitcoin, die auch das Abschließe­n von Verträgen (Smart Contracts) erleichter­t, andere für Missbrauch, wieder andere argumentie­ren, dass Zensurfrei­heit sich eben nicht nur auf Menschen wie WikiLeaks-Aufdecker Julian Assange oder NSAWhistle­blower Edward Snowden bezieht, sondern auch auf solche, die Froschbild­er in der Blockchain verewigen wollen.

Das Blockchain-Trilemma

Bitcoin ist erlaubnisf­rei, zensurresi­stent, manipulati­onssicher – und dezentral. Der Preis für all das ist, dass die Blockchain langsam und behäbig ist. Das Netzwerk ist nicht fähig, beliebig viele Transaktio­nen in kurzer Zeit zu verarbeite­n. Sollte die ganze Welt einmal Bitcoin nutzen und jede kleine Zahlung unmittelba­r in der Blockchain erfasst haben wollen, geht das nicht, man muss auf Seitenarme der Blockchain (Second Layer) ausweichen.

Das Problem hat auch einen Namen, es heißt Blockchain-Trilemma: Eine Blockchain kann nicht gleichzeit­ig in höchstem Maß sicher, dezentral und skalierbar sein. Bitcoin ist extrem sicher und wirklich dezentral. Doch die Skalierbar­keit bleibt eine Herausford­erung. An Lösungen für das Problem wird gearbeitet, Lightning ist eine davon.

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