Warum dauert meine Zahlung so lang?
BitcoinTransaktionen sind momentan relativ günstig. Doch im Dezember waren die Gebühren empfindlich hoch: Der „Mempool“war verstopft. Ein paar Begriffserklärungen.
Es ist ein Problem, das viele Menschen, die bereits mit Bitcoin zu tun hatten, gar nicht kennen: Wer etwa Bitcoin bei einer Kryptobörse liegen hat, muss nicht zwingend wissen, was ein Mempool ist. Darum kümmert sich ja die Börse. Auch sonst erfolgen Zahlungen meist so reibungslos, dass einen die Details dahinter kaum interessieren. Doch manchmal – zuletzt im vergangenen Dezember – dauern Transaktionen plötzlich ewig und verursachen auch hohe Kosten.
Wer in solchen Zeiten zum ersten Mal Bitcoin an einem BitcoinAutomaten erwirbt oder seine Bestände von der Kryptobörse an seine eigene digitale Geldbörse (Wallet) überträgt, erlebt oft Momente hoher Nervosität. Wo sind die Bitcoin? Der Automat hat die Geldscheine gefressen, das Konto bei der Kryptobörse ist leer, aber auf der Wallet sind noch keine Bitcoin angekommen. Nun weiß man zwar, dass nur alle zehn Minuten ein Block an die Blockchain angehängt wird. Aber was, wenn schon eine halbe Stunde vergangen ist und das Geld noch immer nicht da ist?
Ein Block alle zehn Minuten
Grund zur Beunruhigung ist das im Normalfall nicht. Wahrscheinlich hängt die Zahlung im Mempool („Memory Pool“) fest. Dort warten Transaktionen, die bereits von Nodes (Teilnehmern am BitcoinNetzwerk) als gültig angesehen, aber noch nicht in einen Block aufgenommen wurden. Das kann passieren, wenn im aktuellen Block kein Platz mehr ist. Wer sichergehen will, dass seine Transaktion wenigstens im Mempool ist, kann seine Bitcoin-Adresse auf blockchain.com/explorer eingeben und seine wartende Transaktion sehen. Viele Wallets zeigen ohnedies auch unbestätigte Transaktionen an. Doch bestätigt wird die Transaktion erst, wenn sie in der Blockchain erfasst ist. Und die Zahl und die Kapazität der Blöcke ist begrenzt.
Nur alle zehn Minuten findet ein Miner nach energieaufwendiger Zahlensuche einen Block, den er mit Transaktionen gefüllt an die Blockchain (das Kassenbuch von Bitcoin) anhängt und dafür (derzeit 6,25) neue Bitcoin als Belohnung erhält. Schneller geht es nicht: Sollten sich zu viele Miner mit zu leistungsstarken Rechnern am BitcoinSchürfen beteiligen, können sie kurzzeitig auch schneller Blöcke finden. Doch nach spätestens 14 Tagen erfolgt dann eine Anpassung: Wurden zu schnell Blöcke gefunden, wird der Schwierigkeitsgrad für das Finden von neuen Blöcken wird entsprechend höher, sodass wieder nur alle zehn Minuten ein Block gefunden wird. Nun passen in jeden Block aber nur ein paar Tausend Transaktionen. Will man sicherstellen, dass die eigene Transaktion im nächsten Block dabei ist, muss man entsprechend hohe Gebühren zahlen.
Warten oder Lightning nutzen
Wie hoch die Gebühren gerade sind, kann man auf der Website mempool.space sehen. Meist teilt einem aber die eigene Wallet mit, wie viel man für hohe, mittlere und geringe Priorität anbieten muss – je nachdem, ob man in den ersten, zweiten oder drittnächsten Block aufgenommen werden will oder noch länger zu warten bereit ist. Derzeit halten sich die Gebühren mit etwas über einem Euro im verträglichen Bereich. Solche Gebühren fallen übrigens nur für Zahlungen an, die man in der Blockchain erfasst haben will. Für alltägliche Zahlungen kann man das Lightning-Netzwerk mit seinen Zahlungskanälen nutzen und irgendwann den Saldo in die Blockchain eintragen. Lightning-Zahlungen erfolgen blitzschnell, und die Kosten sind vernachlässigbar.
Wie hoch die Transaktionsgebühren im Einzelfall sind, hängt auch davon ab, wie viel Speicherplatz die Transaktion im Block benötigt. Dabei spielt es weniger eine Rolle, welchen Betrag sie umfasst, als vielmehr, wie viele frühere Zahlungen (UTXOs) zusammengefasst werden mussten, um eine neue Zahlung zu tätigen.
Was die Gebühren hochtrieb
Hat jemand viele kleine Zahlungen auf seine Wallet erhalten, sind diese in der Blockchain als einzelne UTXOs (Unspent Transaction Outputs) festgeschrieben. Will man damit später eine große Transaktion tätigen, muss jede einzelne UTXO erfasst werden. Das kann wegen des großen Speicherplatzes in Zeiten hoher Gebühren teuer werden. Deswegen gibt es den Rat, in
Zeiten niedriger Gebühren (also derzeit) die kleinen UTXOs vorsorglich zu großen zusammenzuführen, damit künftige Transaktionen dann billiger kommen. Wer einen Sparplan bei einer Kryptobörse hat, kann auch überlegen, ob er wirklich immer sofort seine neu erworbenen Satoshi an seine Hardware-Wallet überweisen will oder lieber wartet, bis ein größerer Betrag beisammen ist.
Manche Börsen und Wallets warnen, wenn gerade kein guter Zeitpunkt für eine Transaktion ist. Das passierte mitunter im Dezember 2023, als Transaktionen zeitweise 30 Euro kosteten. Grund war ein Hype um sogenannte Ordinals: Ein neues Protokoll ermöglicht es, kleine Bilder oder Spiele an einzelne Satoshis (100-Millionstel-Bitcoin-Einheiten) anzuhängen und zu übertragen. Durch die exzessive Nutzung dieses Protokolls wurde zeitweise die Blockchain verstopft. Ordinals sind in der Bitcoin-Community umstritten: Einige halten das Protokoll für eine sinnvolle Weiterentwicklung von Bitcoin, die auch das Abschließen von Verträgen (Smart Contracts) erleichtert, andere für Missbrauch, wieder andere argumentieren, dass Zensurfreiheit sich eben nicht nur auf Menschen wie WikiLeaks-Aufdecker Julian Assange oder NSAWhistleblower Edward Snowden bezieht, sondern auch auf solche, die Froschbilder in der Blockchain verewigen wollen.
Das Blockchain-Trilemma
Bitcoin ist erlaubnisfrei, zensurresistent, manipulationssicher – und dezentral. Der Preis für all das ist, dass die Blockchain langsam und behäbig ist. Das Netzwerk ist nicht fähig, beliebig viele Transaktionen in kurzer Zeit zu verarbeiten. Sollte die ganze Welt einmal Bitcoin nutzen und jede kleine Zahlung unmittelbar in der Blockchain erfasst haben wollen, geht das nicht, man muss auf Seitenarme der Blockchain (Second Layer) ausweichen.
Das Problem hat auch einen Namen, es heißt Blockchain-Trilemma: Eine Blockchain kann nicht gleichzeitig in höchstem Maß sicher, dezentral und skalierbar sein. Bitcoin ist extrem sicher und wirklich dezentral. Doch die Skalierbarkeit bleibt eine Herausforderung. An Lösungen für das Problem wird gearbeitet, Lightning ist eine davon.