Houthis trotzen westlicher Armada
Rebellen feuern Rakete auf Handelsschiff. Jetzt schickt auch EU Marine in das Rote Meer.
Fast täglich meldet das US-Militär die Zerstörung von Raketen und Drohnen, mit denen die Houthi-Rebellen im Jemen auf Schiffe im Roten Meer schießen: Allein seit Donnerstag fingen US-Kriegsschiffe und Kampfjets mindestens zehn Angriffswaffen der vom Iran unterstützten Milizen ab. Doch die Luftschläge der Supermacht können die Houthis nicht stoppen. Zuletzt trafen ihre Raketen einen Frachter im Golf von Aden so schwer, dass er sinken könnte.
Zudem geriet ein US-Schiff unter Beschuss. Der neue Marineverband der EU, dessen Schaffung die europäischen Außenminister am Montag beschlossen haben, wird die Houthis nach Einschätzung von Experten auch nicht beeindrucken.
Seit Ende Oktober beschießen sie westliche Handels- und Kriegsschiffe im Roten Meer und bezeichnen die Angriffe als Schützenhilfe für die Hamas im Krieg gegen Israel im Gazastreifen. Mit ihren Raketen zwingen die Houthis internationale Reedereien, bei Fahrten zwischen Europa und Asien den Suezkanal zu meiden und den Umweg um Südafrika zu nehmen. Seit Beginn der Angriffe ist die Zahl der Frachter im Suezkanal um 40 Prozent gefallen.
Wie groß ist der Einfluss des Iran?
Auffällig ist, dass die Houthi-Angriffe auch nach den US-Luftschlägen gegen iranische Verbündete in Syrien und im Irak weitergehen. Irakische Milizen haben nach den USMilitärschlägen ihre Angriffe auf US-Stützpunkte eingestellt, offenbar auf Weisung aus dem Iran. Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte irakische Milizkommandeure mit den Worten, der iranische General Esmail Qaani, Chef der Auslandstruppe der Revolutionsgarden, habe Teherans Partner zur Zurückhaltung aufgefordert. Bei den Houthis hat Qaani entweder nicht interveniert, oder er wird von den Rebellen ignoriert.
Houthi-Sprecher Yahya Saree sagte nach einer Meldung der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur Irna, seine Miliz habe am Wochenende einen britischen Öltanker im Roten Meer beschossen. Ebenfalls am Wochenende trafen Raketen der Houthis laut Saree den Frachter Rubymar, der in Großbritannien registriert ist und unter der Flagge von Belize fährt. Sie beschädigten ihn so sehr, „dass er Gefahr läuft, im Golf von Aden zu sinken“. Die Mannschaft sei in Sicherheit, fügte Saree hinzu. Die Houthis hätten zudem eine US-Drohne über der Hafenstadt Hodeida abgeschossen. Ein US-Frachter unter griechischer Flagge forderte am Montag nach Raketenbeschuss militärische Hilfe an.
Die Houthis haben ein großes Arsenal von Raketen und Drohnen und nach ihrem jahrelangen Krieg gegen Saudiarabien Erfahrung darin, ihre Waffen zu verstecken. Die Rebellen wollen zur Unterstützung der Hamas israelische, britische und US-Schiffe angreifen sowie Frachter, die auf dem Weg nach Israel sind. Die Rubymar wurde möglicherweise wegen ihrer Registrierung in Großbritannien beschossen; das Schiff war mit Kurs auf das bulgarische Varna unterwegs.
Um Frachter wie die Rubymar besser zu schützen, schickt die EU einen Flottenverband in das Rote Meer. Das Kommando der Aktion mit dem Namen Operation Aspides übernimmt Italien, das Hauptquartier ist in Griechenland, außerdem beteiligt sind Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich und Spanien. Deutschland schickt die Fregatte Hessen ins Rote Meer. Wann die ersten Schiffe von Aspides – Schild auf Griechisch – im Einsatzgebiet eintreffen sollen, ist offen. Einige EU-Länder wie Frankreich, Dänemark und die Niederlande sowie Großbritannien beteiligen sich bereits an dem im Dezember gebildeten Einsatzverband Wächter des Wohlstands unter Führung der USA.
Kleine europäische Flotte
Anders als die US-geführte Allianz, die gegen die Houthis in die Offensive geht und Stützpunkte und Abschussrampen der Rebellen im Jemen angreift, soll die auf ein Jahr angelegte europäische Aktion rein defensiv sein. Die Hessen und die anderen Aspides-Schiffe sollen ihre Waffen nur einsetzen, um Angriffe der Houthis auf die zivile Schifffahrt abzuwehren.
Viel ändern wird die relativ kleine Kriegsflotte der Europäer nicht, schätzt Abdulghani al-Iryani von der Denkfabrik Sanaa Center in der jemenitischen Hauptstadt. Zwar könne der EU-Einsatz den USA einen Teil der Kosten für den Einsatz im Roten Meer abnehmen, sagte Iryani der „Presse“. „Aber einen zusätzlichen militärischen Nutzen bringt das nicht.“