Welle der Repression in Venezuela
Machthaber Maduro lässt eine Anwältin verhaften und wirft das Menschenrechtsbüro der UNO hinaus.
Buenos Aires/Caracas. Venezuelas Regime verschärft den Kampf gegen die Opposition. Und dabei lässt es sich auch von internationalen Ermahnungen nicht beeindrucken. Die Regierung ordnete die Schließung des Büros des UN-Hochkommissars für Menschenrechte in Caracas an. Damit reagiert das Regime von Nicolás Maduro auf die Kritik der UN-Organisation nach der Verhaftung der Anwältin Rocío San Miguel, die als Präsidentin der NGO Control Ciudadano seit zwei Jahrzehnten die Aktivitäten von Militärs und Sicherheitsbehörden in dem Karibikland dokumentiert.
UNO als „Büro für Putschisten“
Die Beamten des Technischen Beratungsbüros des Hochkommissars sollten „ihr kolonialistisches und missbräuchliches Benehmen, das gegen die Charta der Vereinten Nationen verstößt, öffentlich vor der internationalen Gemeinschaft korrigieren“, sagte Venezuelas Außenminister, Yván Gil. Das UN-Büro sei „zu einem privaten Büro der Putschisten und terroristischen Gruppen geworden, die permanent gegen das Land intrigieren“.
Rocío del Carmen San Miguel war am Freitag der Vorwoche am Check-in des Hauptstadtflughafens festgehalten worden. Die 57-jährige venezolanisch-spanische Juristin mit Spezialisierung auf internationales Recht und Politik ist Präsidentin der Bürgervereinigung Control Ciudadano, einer Nichtregierungsorganisation, die seit 2005 das Innenleben der geheimnisvollen Militärwelt Venezuelas dokumentiert. Dazu gehören die Aktivitäten der einflussreichsten Zivilisten und Offiziere in den Streitkräften, Unfallbilanzen von Militärflugzeugen und Aufzeichnungen über Ausrüstungsund Waffenkäufe.
San Miguel hatte Journalisten und internationalen Organisationen wie dem nun geschlossenen UN-Büro des Hochkommissars für Menschenrechte regelmäßig Informationen und Kontakte zu Gefangenen geliefert. Dazu gehörten auch Berichte von Familienmitgliedern und anderen Quellen über Folter und erniedrigende Behandlung von Gefangenen.
Einzelhaft in Foltergefängnis
Nach der Festnahme der Aktivistin und deren Tochter verhafteten die Behörden auch zwei Brüder San Miguels und zwei ehemalige Lebensgefährten. Vier Personen wurden unter Auflagen entlassen, aber San Miguels Exmann Alejandro González blieb zunächst ebenso in Haft wie die Aktivistin. Beiden wird vorgeworfen, an einem Mordkomplott gegen Staatschef Maduro beteiligt gewesen zu sein, was Familienmitglieder heftig abstreiten. Vor einem Monat hat der oberste Staatsanwalt des Landes behauptet, die Behörden hätten nicht weniger als fünf Attentatspläne vereitelt und würden nun gegen die Beteiligten vorgehen.
Nachdem die Behörden die Festnahme San Miguels mehrere Tage lang nicht bekannt gegeben hatten, kritisierten Menschenrechtsgruppen das als vorsätzliches „Verschwindenlassen“der Aktivisten. Dieser Kritik schloss sich auch das UN-Menschenrechtshochkommissariat an. Deren Chef, der österreichische Hochkommissar Volker Türk, forderte „die sofortige Freilassung San Miguels und die Achtung ihres Rechts auf Verteidigung“.
Die Verhafteten sitzen offenbar in Einzelhaft im Gefängnis El Helicoide, einem einst als Einkaufszentrum entworfenen Rundbau in Caracas, wo der Geheimdienst verhört und foltert. Sie dürfen keinen fairen Prozess erwarten.
San Miguels Festnahme verstehen viele Beobachter als weiteren Versuch einer längst extrem unpopulären Regierung, die Präsidentenwahl in diesem Jahr unbeschadet zu überstehen. Ende Jänner verhängte die Justiz ein 15jähriges Wahlverbot gegen die aussichtsreichste Kandidatin Maria Corina Machado. Maduro wusste, dass eine Suspendierung Machados die im November vereinbarten Erleichterungen des US-Embargos zunichtemachen könnten. Trotzdem ließ er Machado kaltstellen, worauf die USA Öl- und Goldgeschäfte mit Venezuela erneut verboten. Nun bleiben wenig Druckmittel, um weitere Übergriffe des Regimes vor der Wahl zu unterbinden.
‘‘ San Miguel muss sofort freigelassen werden. Volker Türk, UN-Hochkommissar für Menschenrechte