Wer sich in Österreich sträubt, Nawalnys Tod klar zu verurteilen
Nawalnys Tod begleiten seit dem Wochenende ambivalente Wortspenden. SPÖ-Urgestein Cap will lieber „Frieden mit Putin schließen“.
Am schärfsten und schnellsten reagierte man am Samstag ganz oben an Österreichs Staatspitze auf den Tod von Alexej Nawalny: Bundespräsident Alexander Van der Bellen schrieb bereits am frühen Nachmittag auf X von Putins „mörderischem Regime“, das den Tod zu verantworten habe. Bemerkenswert war diese Reaktion deshalb, weil zu diesem Zeitpunkt Nawalnys Tod noch nicht offiziell bestätigt war – und sie angesichts recht verhaltener Reaktionen im Kanzlerund Außenamt zunächst eine von wenigen bleiben sollte, die den Tod des russischen Systemkritikers so kompromisslos verurteilten.
Die russische Botschaft in Wien konterte Van der Bellen am Samstag zunächst mit einer Protestnote an das Außenministerium. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) agierte daraufhin auch weitgehend diplomatisch. Erst am Sonntag nahm er Van der Bellens Wording auf. In der „ZiB 2“sprach er dann ebenfalls von einem „verbrecherischen, mörderischen Regime“und von Nawalnys Tod als „Tötung auf Raten“.
Mit seiner zunächst zurückhaltenden Einschätzung war Schallenberg aber nicht allein. Auch Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte in seiner ersten Reaktion am Samstag Nawalnys Tod nicht eindeutig verurteilt. „Die Umstände seines Todes müssen unabhängig untersucht und lückenlos aufgeklärt werden“, schrieb Nehammer auf X. Auf Nachfrage am Montag im Kanzleramt verwies man auf Schallenbergs Aussagen. Eine weitere Stellungnahme des Kanzlers werde es dazu nicht geben, hieß es zur „Presse“. Andere ÖVP-Spitzenfunktionäre äußerten sich bis Montag gar nicht.
Auch in der SPÖ tat man sich am Samstag zunächst schwer, klare Worte zu finden. Die Nachricht von Nawalnys Tod sei „bedrückend, eine unabhängige Untersuchung notwendig“, schrieb Parteichef Andreas Babler am Samstag auf X. Am Sonntag forderte er via „Krone“eine Untersuchung durch eine „internationale Kommission“.
SPÖ-Sager irritieren erneut
Sein Parteikollege, SPÖ-Mandatar und Vizepräsident des Forums Österreich-Russland (FOR), Christoph Matznetter, ließ via Aussendung gar Zweifel an der Verantwortung Russlands an Nawalnys Vergiftung 2020 aufkommen. Es gilt als unbestritten, dass Nawalnys Vergiftung von russischen Agenten durchgeführt wurde, Matznetter aber bezeichnete sie als „mutmaßlich“. In der Talksendung „Links. Rechts. Mitte“auf Servus TV schlug das rote Urgestein Josef Cap am Sonntag überhaupt eine entgegengesetzte Richtung ein. „In der Bevölkerung sagen alle, wann hört das endlich auf, weil ich glaube, die Sanktionen schaden uns allen“, sagte Cap. In der Sendung wurde er mit einem Zitat vorgestellt, wonach er sich dafür ausspreche, „dass wir endlich mit Putin Frieden schließen“. Wie schwer sich auch weite Teile der SPÖ damit tun, klare Position gegen Putin zu beziehen, wurde spätestens bei der Rede von Wolodymyr Selenskij im österreichischen Parlament vor knapp einem Jahr ersichtlich. Damals waren lediglich 18 von 40 Roten anwesend, um dem zugeschalteten ukrainischen Präsidenten zuzuhören.
Im Gegensatz dazu fiel die Reaktion von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Wochenende kompromisslos aus. Obwohl auch er eine „unabhängige, internationale Untersuchung“forderte, verurteilte er Nawalnys Tod sowohl am Samstag als auch am Sonntag. In der ORF-„Pressestunde“betonte er, dass es sich um ein „mörderisches Regime, ein verbrecherisches Regime mit einem verbrecherischen Diktator an der Spitze“handle. Dabei klang auch indirekt Kritik am türkisen Koalitionspartner durch: „Ich weiß nicht, wie blind man sein muss, das nicht zu erkennen“, sagte Kogler. Von einem „Mord auf Raten“sprach unterdessen auch Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. „Was für ein Terrorstaat, was für ein unmenschliches, unterdrückerisches Regime!“, las man auf ihrem X-Account schon am Samstag.