Ohne Schulden in den Wahlkampf
Die ÖVP hat ihre Kredite abgebaut. Auch die anderen Parteien gehen weitgehend ohne Belastung in den Wahlkampf. Der Abbau gelang dank komfortabler Parteienförderung.
Die ÖVP hat am Sonntag die freudige Nachricht verkündet: Die Partei ist schuldenfrei. Dazu muss man wissen: Die Volkspartei hat in den Wahlkämpfen 2017 und 2019 einen gehörigen Schuldenberg aufgebaut. Allein im Jahr 2017, als man beim ersten Antreten von Sebastian Kurz die Wahlkampfkostenobergrenze von sieben Millionen Euro sprengte und 13 Millionen Euro ausgab, nahm die Partei 15 Millionen Euro an Krediten auf.
2019 soll der Schuldenstand dann schon 19 Millionen Euro betragen haben. Genaueres ist nicht bekannt, die Parteien müssen zwar einen jährlichen Rechenschaftsbericht an den Rechnungshof abliefern, darin sind aber keine Schulden aufgelistet. Diese lassen sich bestenfalls indirekt und mit groben Unschärfen ablesen. Angegeben sind nämlich auf der Einnahmenseite die jährlichen Kreditaufnahmen und als Ausgabeposten die Kreditkosten und Rückzahlungen. Erst für die Rechenschaftsberichte ab dem Jahr 2023 gelten neue Regeln, nach denen auch die Schulden transparent auszuweisen sind.
Wie gelang nun der Volkspartei der Schuldenabbau innerhalb so kurzer Zeit? „Mich wundert das gar nicht“, sagt dazu der Politikwissenschaftler Hubert Sickinger, der sich intensiv mit den Parteifinanzen beschäftigt. Des Rätsels Lösung sei die hohe Parteienförderung in Österreich, die aufgrund des guten Wahlergebnisses 2019 für die ÖVP besonders üppig ausgefallen ist.
Rund 80 Millionen Euro hat die ÖVP im Vorjahr an Förderung für Bundespartei, Parlamentsklub, Akademie und Landesorganisationen erhalten. Vieles davon ist zweckgewidmet, der Schuldenabbau muss im Wesentlichen aus der Bundesförderung bestritten werden. Die wird jährlich valorisiert und lag im Vorjahr bei 13,1 Millionen Euro im Jahr, das sind sechs Millionen mehr, als die ÖVP noch 2016 bekommen hat.
Zum Vergleich die fixen Kosten: 2020 – das letzte Jahr, für das ein ÖVP-Rechenschaftsbericht vorliegt – gab die Partei für Personal knapp vier Millionen Euro aus, eine Million für Büroaufwand. Die Differenz kann zu einem guten Teil in Kampagnen und Wahlkämpfe fließen – oder eben in den Schuldenabbau. Und in den vergangenen fünf Jahren gab es auf Bundesebene nur den Präsidentschaftswahlkampf, an dem sich die OVP nicht beteiligt hat.
SPÖ
Auch die SPÖ stand 2019 vor einem finanziellen Dilemma: Werner Faymann hatte seinen Nachfolgern schon eine hochverschuldete Partei übergeben, danach kamen in kurzer Zeit ein Präsidentschafts-, zwei Nationalrats- und eine Europawahl. Als Pamela Rendi-Wagner übernahm, hatte die SPÖ nach eigenen Angaben 13,5 Millionen Euro Schulden. Der daraufhin eingeleitete Sparkurs mit etlichen Kündigungen sorgte für Verwerfungen in der Partei und für erste heftige Kritik an der neuen Parteichefin.
Der Spielraum für Rückzahlungen ist nicht ganz so groß wie bei der ÖVP: Die Bundesförderung beträgt 7,5 Millionen Euro, dazu kommen rund 2,5 Mio. an Mitgliedsbeiträgen. Die Fixkosten für Personal und Büro lagen 2021 bei 5,6 Millionen. Ende 2022 erklärte der damalige Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, dass die Schulden mehr als zur Hälfte abgebaut und die Partei 2025 schuldenfrei sein werde. Das ist im Wesentlichen auch der Stand unter der neuen Parteiführung: Man sei für das Superwahljahr finanziell gut aufgestellt und werde den Konsolidierungspfad bis 2026 einhalten, heißt es aus der Parteizentrale.
FPÖ
Die Freiheitlichen haben 2019 einen Schuldenstand von drei Millionen Euro bekannt gegeben. Trotz des damals schlechteren Wahlergebnisses und der daraus resultierenden geringeren Parteienförderung war das nicht das große Problem. Denn die FPÖ hatte nie einen großen Parteiapparat und daher niedrige Fixkosten. Einer Parteienförderung von 5,8 Millionen Euro steht ein Personal- und Sachaufwand von 1,2 Millionen gegenüber. Seit 2022 ist die FPÖ wieder schuldenfrei und dürfte sich damit einen komfortablen Polster für den Wahlkampf aufgebaut haben.
Grüne
Für die Grünen war der Rauswurf aus dem Parlament 2017 der finanzielle GAU, die Bundespartei konnte nur mithilfe der Landesorganisationen überleben. Parteichef Werner Kogler arbeitete lange Zeit ehrenamtlich, der Wahlkampf 2019 wurde mit einem extrem niedrigen Budget bestritten und war trotzdem der erfolgreichste in der Geschichte der Grünen. Inzwischen ist die Partei wieder schuldenfrei – bei einer Parteienförderung von fünf Mio. Euro und Personal- und Sachkosten von 700.000 Euro kein Wunder.
Neos
Die Neos lagen 2019 bei 2,2 Mio. Euro Schulden und haben mit dem Verbot von Großspenden eine wesentliche Einnahmequelle verloren. Vor allem der Unternehmer Hans Peter Haselsteiner hatte in der Vergangenheit einen wesentlichen finanziellen Beitrag geleistet. Bei einer Parteienförderung von drei Mio. und Personal- und Sachkosten von 1,2 Mio. ist der Spielraum auch nicht ganz so groß wie bei anderen Parteien. Schulden gibt es trotzdem keine mehr, die Neos liegen nach eigenen Angaben derzeit mit 2,7 Millionen Euro im Plus.