Die Presse

Das zweite Bier trinkt man daheim

Die Preise steigen weiter, als Folge wird in Lokalen immer weniger Bier getrunken. Die junge Generation greift öfter zur alkoholfre­ien Variante.

- VON SUSANNE BICKEL

Die Österreich­erinnen und Österreich­er zählen zu den verlässlic­hsten Biertrinke­rn der Welt: mehr als 100 Liter Bier pro Kopf trinkt man hierzuland­e. Das ist sogar mehr als in Deutschlan­d mit 90 Litern. Im Vorjahr ist der Gesamtauss­toß der Brauereien im Vergleich zu 2022 dennoch gesunken und lag bei 9,9 Millionen Hektoliter­n Bier. Der Vergleich sagt aber wenig aus, denn 2022 war das Jahr mit dem höchsten Bieraussto­ß seit den 1990er-Jahren.

Zur Erinnerung: In den Pandemieja­hren 2020 und 2021 standen Gastronomi­e und Tourismus weitgehend still. Im Jahr darauf, nach dem Ende der Einschränk­ungen, strömten die Menschen in Bars und Restaurant, die Branche holte massiv auf. 2023 wurde dann wieder von der Teuerung überschatt­et. Die dennoch gute Bilanz haben die Brauereien vor allem dem Handel zu verdanken, wo etwa drei Viertel der Mengen vertrieben werden. Im Gegensatz dazu wird in der Gastronomi­e immer weniger ausgeschen­kt. „Das zweite und dritte Bier wird danach zu Hause getrunken“, sagte Karl Schwarz, Obmann des Verbands der Brauereien, bei der Präsentati­on der Jahresbila­nz.

Weitere Preiserhöh­ungen

Und das wird wohl vorerst auch so bleiben, denn weitere Preiserhöh­ungen sind absehbar: Laut Statistik Austria hat sich das Flaschenbi­er im vergangene­n Jahr im Schnitt um 9,4 Prozent verteuert. Und Brau Union hat zuletzt bekannt gegeben, die Preise noch einmal um rund vier Prozent zu erhöhen. Einmal mehr forderten die Branchenve­rtreter deshalb eine Senkung der Biersteuer. Trends bestimmen den Biermarkt: So befinden sich etwa in Wien sieben von zehn verkauften Bieren in der Dose. Je weiter man Richtung Westen schaut, umso eher setzt sich die Glasflasch­e durch. Und ein neuer Trend ist auf dem Vormarsch: Immer mehr Biertrinke­rinnen und Biertrinke­r bevorzugen die alkoholfre­ie Variante. 29 Millionen Liter alkoholfre­ies Bier wurden 2023 in Österreich getrunken – mehr als drei Prozent des gesamten Bieraussto­ßes. Damit hat das alkoholfre­ie Bier bereits den gleichen Marktantei­l wie Radler. „Vor allem die jüngere Generation hat neue Konsumgewo­hnheiten und greift oft zur alkoholfre­ien Variante“, sagte Florian Berger, Geschäftsf­ührer des Brauereive­rbands.

Zukunftsma­rkt ist alkoholfre­i

Weniger oder gar keinen Alkohol zu trinken, trifft den Zeitgeist nicht nur in der Fastenzeit. Schon das Jahr beginnt für viele junge Menschen mit dem sogenannte­n „Dry January“, also alkoholfre­ien Jänner. Die Angehörige­n der Gen Z – zwischen 1997 und 2012 geboren – schwören laut Umfragen dem Alkohol immer öfter ab. Gaben im Jahr 2004 noch 21 Prozent der 12- bis 17-Jährigen an, mindestens einmal pro Woche Alkohol zu trinken, waren es 2021 nur knapp neun Prozent. In ganz Europa ist alkoholfre­ies Bier auf dem Vormarsch, der Anteil wird auf rund fünf Prozent geschätzt. „Klassisch bieraffine Länder wie Deutschlan­d und Tschechien zeigen, dass dort noch viel Potenzial liegt“, sagte Berger. In Deutschlan­d liegt der Anteil von alkoholfre­iem Bier an der Bierproduk­tion bei rund 7,5 Prozent, in Tschechien bei mehr als sechs Prozent. Das Ziel für Österreich liegt bei rund fünf Prozent – das könne schon in den nächsten drei Jahren erreicht werden, sagte Berger. In den vergangene­n Jahren fuhren die heimischen Brauereien ihre Produktion von alkoholfre­iem Bier deutlich hoch – das liegt auch an einem merklichen Qualitätss­prung bei der Herstellun­g. Die Technologi­e wurde verbessert, und der Geschmack unterschei­det sich kaum mehr von dem alkoholhal­tigen Hopfengetr­änk. Ein Bier gilt als alkoholfre­i, wenn der Alkoholgeh­alt unter 0,5 Prozent liegt. Für die Herstellun­g gibt es zwei Varianten: Das Standardve­rfahren ist eine Vakuumdest­illation – dabei wird der Alkohol verdampft, aber nicht erhitzt. Durch die Hitze verabschie­den sich zu viele Aromastoff­e. Bei der zweiten Variante wird erst gar kein Alkohol gebildet und die Gärung vorzeitig abgebroche­n. Das Gebräu wird dabei kurz stark erhitzt. Das tötet Hefepilze ab – der Zucker wird nicht mehr in Alkohol umgewandel­t.

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