Saudiarabien will als Finanzplatz punkten
Könnte heuer Milliarden einsammeln, um den geplanten Umbau seiner Wirtschaft weiter voranzutreiben. Das weckt Interesse.
Öl ist zwar noch immer die wichtigste Einnahmequelle Saudiarabiens. Geht es nach Kronprinz Mohammed bin Salman, soll das aber nicht für immer so bleiben. Das Land hat sich zum Ziel gesetzt, seine Wirtschaft bis zum Jahr 2030 umzubauen. Der Staatsfonds (PIF) des Königreichs spielt dabei eine entscheidende Rolle. Schon in den vergangenen Jahren war der PIF höchst umtriebig, wenn es darum ging, neue Einnahmequellen zu erschließen. Seine Aktivitäten könnte der Fonds in diesem Jahr aber noch einmal beschleunigen, wie die Agentur Bloomberg schreibt.
Das hat freilich auch einen Grund: „Je näher wir an das Jahr 2030 kommen, desto schneller muss es gehen“, sagt Zaid Ghoul, der bei SNB Capital für das Investmentbanking zuständig ist, zu Bloomberg. SNB Capital ist den Angaben zufolge der größte Vermögensverwalter in dem Königreich und war im Vorjahr auch einer der wichtigsten Finanzberater saudischer Börsengänge.
Und von Letzteren soll es künftig mehr geben. So könnte etwa der Hafenbetreiber Saudi Global Ports, ein Joint Venture des Public Investment Fund und des Hafenbetreibers PSA International aus Singapur, noch heuer an den Kapitalmarkt gehen. Auch ein IPO des größten medizinischen Beschaffungsunternehmens, Nupco, wird in Erwägung gezogen.
Von weitaus größerem Interesse dürfte aber ein möglicher weiterer Verkauf eines Aktienpakets am Ölkonzern Aramco sein. Das Unternehmen ist vor vier Jahren an die Börse gegangen und könnte den Kapitalmarkt bald wieder anzapfen. Das Volumen wäre mit zehn Mrd. Dollar jedenfalls nicht so klein. Der Marktwert von Aramco, an dem der PIF beteiligt ist, beläuft sich derzeit auf über zwei Billionen Dollar, das Unternehmen ist der größte Ölexporteur der Welt.
Im Vorjahr verkaufte der PIF bereits Anteile an der Ölbohrfirma Ades Holding. Bei dem 1,2 Mrd. Dollar schweren Börsengang handelte es sich 2023 um den größten des Landes. Das Interesse der internationalen Investoren im Herbst des Vorjahrs war jedenfalls groß, denn die Orders für die ausgegebenen Aktien beliefen sich auf 77 Mrd. Dollar. Dass das Geschäft unter anderem von Goldman Sachs und JP Morgan begleitet wurde, zeigt, dass die Saudis längst in den Fokus der großen Geschäftsbanken gerückt sind.
So plant etwa auch Rothschild & Co. seine Aktivitäten in dem Land zu erhöhen. Die Pariser Bank kündigte an, ein Büro im King Abdullah Financial District zu eröffnen. In dem Geschäftszentrum residieren auch der 700 Mrd. Dollar schwere Staatsfonds PIF sowie die Saudi National Bank. Und auch wenn man bei Rothschild zunächst nur mit einer Handvoll Mitarbeitern starten will, soll sich der Personalstand mittelfristig verdoppeln. Die Belegschaft soll dabei unter anderem aus Dubai, einem ebenfalls beliebten Finanzzentrum in der Region, abgezogen werden.
Die regen Aktivitäten Riads zum Umbau der Wirtschaft ha
ben dem Nahen Osten auf dem Finanzmarkt jedenfalls nicht geschadet. Bloomberg zufolge habe die Region in Sachen Börsengänge 2023 eines seiner besten Jahre erlebt, während die Zahl der IPOs global betrachtet auf den niedrigsten Stand seit mehr als einem Jahrzehnt gefallen ist. Und das trotz des Kriegs zwischen Israel und der Hamas. Wiewohl man auch sagen muss: Das Geschäft in Riad war im vergangenen Jahr ebenfalls eher verhalten.
Dubai vor Riad
Jedoch macht es den Anschein, als ob es heuer besser laufen könnte. So wurden an der saudischen Börse im heurigen Jänner beispielsweise fast viermal so viele Aktien gehandelt wie noch ein Jahr zuvor. Und auch der Tadawul All-Share Index, der Leitindex des Königreichs, hat in den vergangenen zwölf Monaten um rund 20 Prozent zugelegt. Auf Fünf-Jahres-Sicht ging es sogar um fast fünfzig Prozent nach oben. „Die Dynamik ist groß, und alle Anzeichen für 2024 sind bisher ausgezeichnet“, sagt Investmentbanker Ghoul.
Die saudische Börse ist eigenen Angaben zufolge die größte im Nahen Osten und die drittgrößte in den Schwellenländern. Als Finanzplatz an sich ist aber Dubai nach wie vor relevanter. Während das Emirat im Global Financial Centres Index Rang 21 belegt und sich damit relativ weit vorn befindet (einen Platz hinter Tokio), belegt die Hauptstadt Riad nur Rang 75 – wiewohl sie zuletzt einige Plätze gutmachen konnte. Spitzenreiter ist und bleibt New York.
Und auch wenn in dem Land Transaktionen in Milliardenhöhe stattfinden, lief es zuletzt nicht ganz so rund für das Königreich. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert für heuer nur ein Wirtschaftswachstum von 2,7 Prozent statt der ursprünglich erwarteten vier Prozent. 2025 soll die Konjunktur dann wieder deutlicher anziehen. Bis 2026 soll es allerdings ein Haushaltsdefizit geben. Grund dafür ist auch der Ölpreis. Das Land benötigt dem IWF zufolge 86 Dollar je Fass (159 Liter), um ausgeglichen bilanzieren zu können. Im Schnitt der vergangenen zwölf Monate lag der Ölpreis bei knapp 82 Dollar.