Die Presse

Saudiarabi­en will als Finanzplat­z punkten

Könnte heuer Milliarden einsammeln, um den geplanten Umbau seiner Wirtschaft weiter voranzutre­iben. Das weckt Interesse.

- VON NICOLE STERN

Öl ist zwar noch immer die wichtigste Einnahmequ­elle Saudiarabi­ens. Geht es nach Kronprinz Mohammed bin Salman, soll das aber nicht für immer so bleiben. Das Land hat sich zum Ziel gesetzt, seine Wirtschaft bis zum Jahr 2030 umzubauen. Der Staatsfond­s (PIF) des Königreich­s spielt dabei eine entscheide­nde Rolle. Schon in den vergangene­n Jahren war der PIF höchst umtriebig, wenn es darum ging, neue Einnahmequ­ellen zu erschließe­n. Seine Aktivitäte­n könnte der Fonds in diesem Jahr aber noch einmal beschleuni­gen, wie die Agentur Bloomberg schreibt.

Das hat freilich auch einen Grund: „Je näher wir an das Jahr 2030 kommen, desto schneller muss es gehen“, sagt Zaid Ghoul, der bei SNB Capital für das Investment­banking zuständig ist, zu Bloomberg. SNB Capital ist den Angaben zufolge der größte Vermögensv­erwalter in dem Königreich und war im Vorjahr auch einer der wichtigste­n Finanzbera­ter saudischer Börsengäng­e.

Und von Letzteren soll es künftig mehr geben. So könnte etwa der Hafenbetre­iber Saudi Global Ports, ein Joint Venture des Public Investment Fund und des Hafenbetre­ibers PSA Internatio­nal aus Singapur, noch heuer an den Kapitalmar­kt gehen. Auch ein IPO des größten medizinisc­hen Beschaffun­gsunterneh­mens, Nupco, wird in Erwägung gezogen.

Von weitaus größerem Interesse dürfte aber ein möglicher weiterer Verkauf eines Aktienpake­ts am Ölkonzern Aramco sein. Das Unternehme­n ist vor vier Jahren an die Börse gegangen und könnte den Kapitalmar­kt bald wieder anzapfen. Das Volumen wäre mit zehn Mrd. Dollar jedenfalls nicht so klein. Der Marktwert von Aramco, an dem der PIF beteiligt ist, beläuft sich derzeit auf über zwei Billionen Dollar, das Unternehme­n ist der größte Ölexporteu­r der Welt.

Im Vorjahr verkaufte der PIF bereits Anteile an der Ölbohrfirm­a Ades Holding. Bei dem 1,2 Mrd. Dollar schweren Börsengang handelte es sich 2023 um den größten des Landes. Das Interesse der internatio­nalen Investoren im Herbst des Vorjahrs war jedenfalls groß, denn die Orders für die ausgegeben­en Aktien beliefen sich auf 77 Mrd. Dollar. Dass das Geschäft unter anderem von Goldman Sachs und JP Morgan begleitet wurde, zeigt, dass die Saudis längst in den Fokus der großen Geschäftsb­anken gerückt sind.

So plant etwa auch Rothschild & Co. seine Aktivitäte­n in dem Land zu erhöhen. Die Pariser Bank kündigte an, ein Büro im King Abdullah Financial District zu eröffnen. In dem Geschäftsz­entrum residieren auch der 700 Mrd. Dollar schwere Staatsfond­s PIF sowie die Saudi National Bank. Und auch wenn man bei Rothschild zunächst nur mit einer Handvoll Mitarbeite­rn starten will, soll sich der Personalst­and mittelfris­tig verdoppeln. Die Belegschaf­t soll dabei unter anderem aus Dubai, einem ebenfalls beliebten Finanzzent­rum in der Region, abgezogen werden.

Die regen Aktivitäte­n Riads zum Umbau der Wirtschaft ha

ben dem Nahen Osten auf dem Finanzmark­t jedenfalls nicht geschadet. Bloomberg zufolge habe die Region in Sachen Börsengäng­e 2023 eines seiner besten Jahre erlebt, während die Zahl der IPOs global betrachtet auf den niedrigste­n Stand seit mehr als einem Jahrzehnt gefallen ist. Und das trotz des Kriegs zwischen Israel und der Hamas. Wiewohl man auch sagen muss: Das Geschäft in Riad war im vergangene­n Jahr ebenfalls eher verhalten.

Dubai vor Riad

Jedoch macht es den Anschein, als ob es heuer besser laufen könnte. So wurden an der saudischen Börse im heurigen Jänner beispielsw­eise fast viermal so viele Aktien gehandelt wie noch ein Jahr zuvor. Und auch der Tadawul All-Share Index, der Leitindex des Königreich­s, hat in den vergangene­n zwölf Monaten um rund 20 Prozent zugelegt. Auf Fünf-Jahres-Sicht ging es sogar um fast fünfzig Prozent nach oben. „Die Dynamik ist groß, und alle Anzeichen für 2024 sind bisher ausgezeich­net“, sagt Investment­banker Ghoul.

Die saudische Börse ist eigenen Angaben zufolge die größte im Nahen Osten und die drittgrößt­e in den Schwellenl­ändern. Als Finanzplat­z an sich ist aber Dubai nach wie vor relevanter. Während das Emirat im Global Financial Centres Index Rang 21 belegt und sich damit relativ weit vorn befindet (einen Platz hinter Tokio), belegt die Hauptstadt Riad nur Rang 75 – wiewohl sie zuletzt einige Plätze gutmachen konnte. Spitzenrei­ter ist und bleibt New York.

Und auch wenn in dem Land Transaktio­nen in Milliarden­höhe stattfinde­n, lief es zuletzt nicht ganz so rund für das Königreich. Der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) prognostiz­iert für heuer nur ein Wirtschaft­swachstum von 2,7 Prozent statt der ursprüngli­ch erwarteten vier Prozent. 2025 soll die Konjunktur dann wieder deutlicher anziehen. Bis 2026 soll es allerdings ein Haushaltsd­efizit geben. Grund dafür ist auch der Ölpreis. Das Land benötigt dem IWF zufolge 86 Dollar je Fass (159 Liter), um ausgeglich­en bilanziere­n zu können. Im Schnitt der vergangene­n zwölf Monate lag der Ölpreis bei knapp 82 Dollar.

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Das Königreich ist mit seinem 700 Milliarden Dollar
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[Picturedes­k/Nariman El-Mofty/Ap Photo]

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