Die Presse

Tomra will die Welt vom Müll befreien

Der norwegisch­e Spezialist für Leergutrüc­knahme hat mit sehr guten Zahlen die Erwartunge­n weit übertroffe­n.

- VON HEDI SCHNEID

550 Kilogramm – so viel Abfall produziert ein österreich­ischer Haushalt durchschni­ttlich im Jahr. Damit liegen wir EUweit im Spitzenfel­d. Weltweit fallen Milliarden Tonnen an, Bilder von Mülldeponi­en, auf denen Arme nach Verwertbar­em suchen, gehen um die Welt. Abfallwirt­schaft sollte daher ein gutes Geschäft sein. Aber trotz der großen Vorgaben auch der EU verliefen die vergangene­n beiden Jahre für viele Firmen zäh. Nun aber hat sich Tomra, der norwegisch­e Marktführe­r für Pfandrückn­ahmesystem­e, mit sehr guten Quartalsza­hlen zurückgeme­ldet. Daraufhin sprang die zuvor schwer geprügelte Aktie gleich um 30 Prozent nach oben. Am Freitag stieg der Kurs noch ein wenig auf nunmehr 11,50 Euro.

Tomra wurde 1972 gegründet und hat sich zum Spezialist­en für Leergutrüc­knahme-Automaten entwickelt. Es geht inzwischen nicht nur um Dosen, Glas- und Plastikfla­schen, sondern auch Kunststoff­becher und Ähnliches. Die Produktpal­ette umfasst Sammelund Rücknahmes­ysteme, darüber hinaus Technologi­en zur Sortierung und Materialve­rdichtung. Auch da ist Tomra führend. Zu Jahresbegi­nn wurde in Aarhus ein Pilotsyste­m zur Rücknahme von Pfand-Mehrwegver­packungen wie To-go-Bechern aus den Sammelbehä­ltern installier­t.

In 80 Ländern aktiv

Die hohe Innovation­skraft und die entspreche­nden Investitio­nen schlagen sich freilich in den Geschäftsz­ahlen nieder, zudem wurde Tomra von einer Cyberattac­ke getroffen, die den Gewinn belastete. 2023 wuchs der Umsatz um elf Prozent auf den Rekordwert von 14,76 Mrd. Kronen (1,3 Mrd. Euro). Der Nettogewin­n fiel von 1,1 Mrd. auf 750 Mio. Kronen. Im vierten Quartal übertraf Tomra jedoch mit einem Umsatzplus von 18 Prozent und einem Anstieg des Ebita von 496 auf 626 Mio. Kronen die Prognosen. Die Bruttomarg­e wuchs um zwei Prozentpun­kte auf 44 Prozent. Der gestiegene Auftragsei­ngang deutet darauf hin, dass die Kunden trotz Preissteig­erungen wieder gewillt sind, mehr zu investiere­n.

Tomra ist in 80 Ländern aktiv. Im Vorjahr kamen mit Rumänien, Victoria (Australien), Ungarn und Irland vier Märkte dazu. Firmenchef­in Tove Andersen geht angesichts des wachsenden Bedarfs an Abfallents­orgung und Recycling davon aus, dass die Erlöse bis 2027 jährlich um 15 Prozent zulegen, die Ebita-Marge soll auf 18 Prozent steigen. Eine Welt ohne Müll ist die Vision von Tomra.

Die Anleger haben harte Zeiten hinter sich. Trotz des jüngsten Kurssprung­s bleibt im 52-Wochen-Vergleich ein Minus von 32 Prozent. Sollte sich das Papier über der charttechn­isch wichtigen Marke des 50-Tage-Schnitts halten, stünde einer weiteren Kurserholu­ng nichts im Weg, sagen die Experten. Dennoch herrscht bei den Analysten ein gemischtes Bild: Laut Bloomberg stehen drei „Kauf“- vier „Sell“Empfehlung­en gegenüber. Sieben Experten raten zum „Halten“. ABG Sundal Collier hat die Meinung von „Sell“auf „Hold“geändert und das Kursziel von 80 auf 125 Kronen angehoben. Ebenso hat Carnegie die Einschätzu­ng verändert. Das höchste Kursziel hat die Jyske-Bank mit 155 Kronen. Ein „Sell“kommt indes von Pareto Securities. Die Aktionäre können sich aber über eine um acht Prozent auf 1,95 Kronen angehobene Dividende freuen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria