Die Presse

Stellungna­hme zur Miliz aus historisch­er Sicht

-

„Zur Landesvert­eidigung gehört auch eine funktionie­rende Miliz“, LA von Martin Fritzl, 14.2.

Ihre exakte Darstellun­g der Miliz verleitet mich zu einer Stellungna­hme aus historisch­er Sicht.

Als Kreisky und seine 1300 Spezialist­en Anfang der 1970er-Jahre meinten, sechs Monate sind genug, sagte der damalige Kommandant der LVAk Spannocchi als Einziger: „Lasst es uns probieren“. Während alle anderen Offiziere in Schockstar­re verfielen. Er stellte ein Modell vor, in dem die Wehrpflich­tigen in der Bereitscha­ftstruppe und der Systemerha­ltung acht Monate dienen mussten, während der Rest mit 6+2 ein Milizheer im Rahmen der Raumvertei­digung in der Größenordn­ung

von 300.000, später auf 186.000 reduziert, bilden sollte. Das kam einer Wehrdienst­zeitverkür­zung von 14 Tagen gleich, weil die ehemaligen Neun-Monate-Diener nach achteinhal­b Monaten abrüsteten. Zusätzlich konnten zwölf Prozent je Jahrgang geeignete GWD zu zusätzlich­en Kaderübung­en verpflicht­et werden, um das notwendige Kader der untersten Ebene heranzubil­den.

An Milizoffiz­ieren bestand kein Mangel, damals meldeten sich durchschni­ttlich 1200 Maturanten zu einer Milizoffiz­iersausbil­dung. Wollte man heute Milizübung­en durchführe­n, dann fehlt mehr oder minder das gesamte Milizkader­personal, weil die Ehemaligen längst aus der Wehrpflich­t entlassen werden mussten. Bei der letzten Ausmusteru­ng in Wiener Neustadt standen ganze 43 Milizoffiz­iere auf dem Theresienp­latz. Selbst wenn man heute den nicht nur im WG, sondern auch in der Verfassung festgelegt­en milizartig­en Aufbau des Bundesheer­s mit Wiederholu­ngsübungen erreichen

wollte, würde es Jahre dauern, die Verbände und Einheiten entspreche­nd zu formieren.

Die finanziell­en Anreize, mit denen man derzeit wenigstens zweieinhal­b Einheiten als Rapid Reaktion Force bilden will, werden sicher nicht ausreichen, um den Slogan „Wir schützen Österreich“realistisc­h erscheinen zu lassen. Hubertus Trauttenbe­rg, 8410 Gmunden

Newspapers in German

Newspapers from Austria