Die Presse

USA rücken in UNO von Israel ab

Washington plädiert in UNO erstmals für „einstweili­ge“Feuerpause.

-

Wien/New York. „Sofortige Waffenruhe“oder „schnellstm­ögliche vorübergeh­ende Waffenruhe“: Zwischen diesen Nuancen, die indessen in der Kriegszone des Nahen Ostens eine unmittelba­re Wirkung entfalten können, spielte sich am Dienstag im UN-Sicherheit­srat in New York die Abstimmung­sschlacht auf dem diplomatis­chen Parkett ab. Ersteren Entwurf zum Gaza-Krieg brachte Algerien ein, den zweiten die USA.

Mit ihrem Vetorecht hat Linda Thomas-Greenfield, die US-Botschafte­rin bei den Vereinten Nationen, die algerische Vorlage für eine UN-Resolution umgehend zur Makulatur erklärt. Zweimal hatten die USA eine derartige Resolution, die gegen den Krieg Israels gegen die Hamas im Gazastreif­en gerichtet ist, abgeschmet­tert. Einmal enthielten sie sich.

Nun signalisie­rte sie einen Kurswechse­l in der UNO. Präsident Joe Biden lässt seinen Worten Taten folgen. Er hatte das Vorgehen Israels und die Pläne für eine Großoffens­ive in Rafah kritisiert. Israel „schieße über das Ziel hinaus“, sagte er. Er stellt sich nicht mehr bedingungs­los hinter den Verbündete­n. Die USA formuliere­n auch Sorge vor einer Vertreibun­g der Palästinen­ser nach Ägypten.

Verhandlun­gen in Kairo

Die USA wollen den Verhandlun­gen über einen Geiseldeal augenschei­nlich mehr Zeit geben. Israel hatte auf Geheiß Benjamin Netanjahus in der Vorwoche die Verhandlun­gen in Kairo verlassen. Der israelisch­e Premier hatte die Forderunge­n der Hamas kategorisc­h abgelehnt. Kein Abzug der israelisch­en Armee aus dem Gazastreif­en, keine Waffenruhe als Basis für einen Waffenstil­lstand, so lautete seine Devise. Die Hamas, so erklärte er, habe sich „keinen Nanometer“bewegt.

Nun versuchen Ägypten und die USA, die Gespräche in Kairo wieder in Gang bringen. Ismail Haniyeh, der Exil-Führer der Hamas, ist am Dienstag in die ägyptische Hauptstadt geflogen. Für die kommenden Tage hat sich auch Brett McGurk, der US-Sondergesa­ndte, neuerlich in der Region angesagt – erst in Ägypten, danach in Israel, wie es aus Washington hieß. McGurk hatte auch den ersten Geiseldeal im November vorbereite­t.

In Israel macht derweil ein Video von drei Geiseln die Runde, die längst tot geglaubt waren. Es zeigt die Bibas-Familie, die Mutter mit ihren Kindern, einem Vierjährig­en und einem einjährige­n Baby. Israelisch­e Soldaten hatten die Aufnahme jüngst entdeckt – was allerdings nicht besagen muss, dass sie noch am Leben sind. Die Angehörige­n üben indes – wie Tausende andere auch – Druck auf die Regierung Netanjahus aus, die Verhandlun­gen über ein neues Abkommen mit der Hamas wiederaufz­unehmen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria