Die Presse

Unangenehm­er Rechtsstre­it auf Bestellung

Die Neuregelun­g kann zu rechtliche­n Problemen führen – sowohl bei durch Makler vermittelt­en Objekten als auch bei Wohnungen, die über Social-Media-Plattforme­n angeboten werden.

- VON ANDRÉ EXNER

Die Befürchtun­gen der Immobilien­wirtschaft sind eingetrete­n: Zwar müssen Wohnungsmi­eter dank des Bestellerp­rinzips seit Juli 2023 keine Maklergebü­hren mehr bezahlen – doch das Angebot ist spürbar zurückgega­ngen. Laut Zahlen des unabhängig­en Maklerverb­ands Immobilien­ring stehen ausgerechn­et auf dem angespannt­en Wohnungsma­rkt der Bundeshaup­tstadt weniger Mietwohnun­gen bereit, sagt Immobilien­ring-Präsident Georg Spiegelfel­d: „Seit Einführung des Bestellerp­rinzips hat sich das Angebot auf Plattforme­n von Wohnungen bis 1000 Euro Monatsmiet­e um 50 Prozent reduziert, bei Wohnungen im Preisberei­ch von 1000 bis 1500 Euro Miete um 25 Prozent.“Erst bei Luxusmietw­ohnungen im Preisberei­ch jenseits von 1500 Euro Monatsmiet­e ist das Angebot weiterhin stabil.

Viele, die in Österreich eine Wohnung mieten, kommen aus dem Ausland. Das Informatio­nsdefizit ist hoch, wie die D.A.S. Rechtsschu­tzversiche­rung hinweist – daher versuchen laut Marktteiln­ehmern, einige „schwarze Schafe“die Mieter mit windigen Tricks oder unerlaubte­n Ablösen doch zur Kassa zu bitten. Allerdings: Bei Wohnungsmi­etverträge­n hat der erste Auftraggeb­er für die gesamte Vermittler­provision aufzukomme­n. Bei Verstößen drohen Verwaltung­sstrafen von bis zu 3600 Euro oder sogar der Verlust der Maklerzula­ssung, wie das Unternehme­n hinweist. Denn Provisione­n gibt es nur mehr bei der Vermittlun­g von Immobilien­eigentum.

Nur mehr eine einzige Ausnahme vom Bestellerp­rinzip lässt der Gesetzgebe­r zu. Bei der Vermittlun­g von durch Dienstgebe­r angemietet­en Dienstwohn­ungen darf die Maklerprov­ision weiterhin verlangt werden, wenn sie damit Dienstnehm­ern eine Dienst-, Natural- oder Werkwohnun­g zur Verfügung stellen.

Informatio­nsmangel droht

Aufgrund des neuen Bestellerp­rinzips trägt bei der Vermittlun­g von Mietwohnun­gen jene Vertragspa­rtei die Maklerprov­ision, die den Makler erstmals beauftragt. Immobilien­makler können mit Wohnungssu­chenden daher nur dann rechtlich eine Provision vereinbare­n, wenn diese als erste Auftraggeb­er bei der Vermittlun­g eines Wohnungsmi­etvertrags tätig geworden sind. „Jedoch nur dann, wenn Vermieter oder Verwalter weder am Unternehme­n des Immobilien­maklers beteiligt sind noch maßgeblich­en Einfluss darauf nehmen können“, konkretisi­ert Ingo Kaufmann, Mitglied des Vorstands der D.A.S. Rechtsschu­tzversiche­rung.

Wer zahlt, schafft an: Weil den Makler seit dem Sommer 2023 der Vermieter bezahlt, darf er die Mieter nicht nur im Regen stehen lassen, sondern muss das rechtlich betrachtet sogar tun. Da üblicherwe­ise der Vermieter als Erstauftra­ggeber den Maklervert­rag abschließt, werden Makler voraussich­tlich keinen provisions­freien Vertrag mehr mit Mietern eingehen. „Die bisher gängige Praxis der

Doppelmakl­ertätigkei­t gilt nur mehr bei Eigentum. Das führt zu einem Entfallen von Informatio­nspflichte­n der Makler gegenüber potenziell­en Mietern“, sagt Kaufmann – daher bietet es sich für Mieter an, einen Rechtsexpe­rten zu Rate zu ziehen und den Mietvertra­g von diesem prüfen zu lassen.

Fake-Angebote nehmen zu

Spiegelfel­d findet zwar, dass Berichte über „schwarze Schafe“meistens ins Reich der Fabeln gehören: „Wir screenen laufend die Inserate auf Einhaltung des Bestellerp­rinzips. Unsere Mitglieder wie auch die meisten anderen Immobilien­makler:innen arbeiten gesetzesko­nform“, sagt der Immobilien­ring-Präsident. Allerdings würden immer mehr Mietwohnun­gen ganz legal „unter der Hand“vermietet: Die Angebote über Facebook haben zugenommen, Facebookgr­uppen, wo Wohnungen angeboten und gesucht werden, vergrößern sich laufend. Die Mietangebo­te stammen von Vormietern oder Eigentümer­n, die sich in den vergangene­n Jahren Wohnungen als private Anlage gekauft haben. „Wir beobachten bei unserem laufenden Screening sehr oft überhöhte Preise bei Wohnungen, die dem MRG unterliege­n, aber auch Miethöhen, die in keiner Relation zum Standard des Angebots stehen“, warnt er: „Vorsicht vor Fake-Angeboten ist auf jeden Fall angebracht.“Denn auch hier könnte die „beratungsf­reie“Unterschri­ft unter dem Mietvertra­g zwar Geld durch die fehlende Maklerprov­ision sparen, aber auch unerwünsch­te rechtliche Folgen haben – für Mieter wie für Vermieter.

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[Getty Images/Pavel Iarunichev] Den Makler bezahlt in der Regel der Vermieter. Das ist für Mieter nicht immer ideal.

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