Unangenehmer Rechtsstreit auf Bestellung
Die Neuregelung kann zu rechtlichen Problemen führen – sowohl bei durch Makler vermittelten Objekten als auch bei Wohnungen, die über Social-Media-Plattformen angeboten werden.
Die Befürchtungen der Immobilienwirtschaft sind eingetreten: Zwar müssen Wohnungsmieter dank des Bestellerprinzips seit Juli 2023 keine Maklergebühren mehr bezahlen – doch das Angebot ist spürbar zurückgegangen. Laut Zahlen des unabhängigen Maklerverbands Immobilienring stehen ausgerechnet auf dem angespannten Wohnungsmarkt der Bundeshauptstadt weniger Mietwohnungen bereit, sagt Immobilienring-Präsident Georg Spiegelfeld: „Seit Einführung des Bestellerprinzips hat sich das Angebot auf Plattformen von Wohnungen bis 1000 Euro Monatsmiete um 50 Prozent reduziert, bei Wohnungen im Preisbereich von 1000 bis 1500 Euro Miete um 25 Prozent.“Erst bei Luxusmietwohnungen im Preisbereich jenseits von 1500 Euro Monatsmiete ist das Angebot weiterhin stabil.
Viele, die in Österreich eine Wohnung mieten, kommen aus dem Ausland. Das Informationsdefizit ist hoch, wie die D.A.S. Rechtsschutzversicherung hinweist – daher versuchen laut Marktteilnehmern, einige „schwarze Schafe“die Mieter mit windigen Tricks oder unerlaubten Ablösen doch zur Kassa zu bitten. Allerdings: Bei Wohnungsmietverträgen hat der erste Auftraggeber für die gesamte Vermittlerprovision aufzukommen. Bei Verstößen drohen Verwaltungsstrafen von bis zu 3600 Euro oder sogar der Verlust der Maklerzulassung, wie das Unternehmen hinweist. Denn Provisionen gibt es nur mehr bei der Vermittlung von Immobilieneigentum.
Nur mehr eine einzige Ausnahme vom Bestellerprinzip lässt der Gesetzgeber zu. Bei der Vermittlung von durch Dienstgeber angemieteten Dienstwohnungen darf die Maklerprovision weiterhin verlangt werden, wenn sie damit Dienstnehmern eine Dienst-, Natural- oder Werkwohnung zur Verfügung stellen.
Informationsmangel droht
Aufgrund des neuen Bestellerprinzips trägt bei der Vermittlung von Mietwohnungen jene Vertragspartei die Maklerprovision, die den Makler erstmals beauftragt. Immobilienmakler können mit Wohnungssuchenden daher nur dann rechtlich eine Provision vereinbaren, wenn diese als erste Auftraggeber bei der Vermittlung eines Wohnungsmietvertrags tätig geworden sind. „Jedoch nur dann, wenn Vermieter oder Verwalter weder am Unternehmen des Immobilienmaklers beteiligt sind noch maßgeblichen Einfluss darauf nehmen können“, konkretisiert Ingo Kaufmann, Mitglied des Vorstands der D.A.S. Rechtsschutzversicherung.
Wer zahlt, schafft an: Weil den Makler seit dem Sommer 2023 der Vermieter bezahlt, darf er die Mieter nicht nur im Regen stehen lassen, sondern muss das rechtlich betrachtet sogar tun. Da üblicherweise der Vermieter als Erstauftraggeber den Maklervertrag abschließt, werden Makler voraussichtlich keinen provisionsfreien Vertrag mehr mit Mietern eingehen. „Die bisher gängige Praxis der
Doppelmaklertätigkeit gilt nur mehr bei Eigentum. Das führt zu einem Entfallen von Informationspflichten der Makler gegenüber potenziellen Mietern“, sagt Kaufmann – daher bietet es sich für Mieter an, einen Rechtsexperten zu Rate zu ziehen und den Mietvertrag von diesem prüfen zu lassen.
Fake-Angebote nehmen zu
Spiegelfeld findet zwar, dass Berichte über „schwarze Schafe“meistens ins Reich der Fabeln gehören: „Wir screenen laufend die Inserate auf Einhaltung des Bestellerprinzips. Unsere Mitglieder wie auch die meisten anderen Immobilienmakler:innen arbeiten gesetzeskonform“, sagt der Immobilienring-Präsident. Allerdings würden immer mehr Mietwohnungen ganz legal „unter der Hand“vermietet: Die Angebote über Facebook haben zugenommen, Facebookgruppen, wo Wohnungen angeboten und gesucht werden, vergrößern sich laufend. Die Mietangebote stammen von Vormietern oder Eigentümern, die sich in den vergangenen Jahren Wohnungen als private Anlage gekauft haben. „Wir beobachten bei unserem laufenden Screening sehr oft überhöhte Preise bei Wohnungen, die dem MRG unterliegen, aber auch Miethöhen, die in keiner Relation zum Standard des Angebots stehen“, warnt er: „Vorsicht vor Fake-Angeboten ist auf jeden Fall angebracht.“Denn auch hier könnte die „beratungsfreie“Unterschrift unter dem Mietvertrag zwar Geld durch die fehlende Maklerprovision sparen, aber auch unerwünschte rechtliche Folgen haben – für Mieter wie für Vermieter.