Ein reichlich sinnloser Streit um das Bargeld
Unser Problem ist nicht der Bargeld-Rückzug, sondern die Erosion der Demokratie.
In Deutschland sind die Grünen dabei, die Einführung einer Bezahlkarte für Asylwerber zu kippen. Mit dem Argument, dass diesen damit das Recht auf Bargeld und damit die „gesellschaftliche Teilhabe“vorenthalten werde.
Ja, eh. Bemerkenswert ist nur, dass das jetzt aus einer politischen Ecke kommt, die Bargeldverfechter sonst gern als im vergangenen Jahrtausend hängen gebliebene, ewig gestrige Alm-Öhis brandmarkt. Wir sind hier mitten in einer immer heftiger geführten Diskussion, die so abläuft, wie Diskussionen in dieser Zeit der gesellschaftlichen Spaltung eben ablaufen: Es gibt nur noch Schwarz und Weiß.
Kann man da vielleicht ein bisschen Dampf herausnehmen? Fakt ist: Euroscheine und -münzen sind hierzulande gesetzliches Zahlungsmittel. Und zwar das einzige. Punkt. Zumindest so lang, bis es den digitalen Euro gibt. Die große Freiheit und der Schutz vor Zugriff, die Scheine und Münzen angeblich bieten, sind freilich spätestens seit dem Zeitpunkt perdu, seit Arbeitnehmer am Monatsersten nicht mehr das geldgefüllte Lohnsackerl überreicht, sondern eine schlichte Forderung an ihre Hausbank übertragen bekommen. Und sie ist endgültig Geschichte, seit die Kontenanonymität gefallen ist.
Wozu also die ganze Aufregung? Wir sind längst gläsern, egal, ob mit Karte oder mit von der Bank behobenem Bargeld. Soll also um Himmels willen jeder zahlen, wie er will, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen.
Was uns wirklich Sorgen machen sollte, sind die Bestrebungen, diese Transparenz gegen missliebige politische Konkurrenten einzusetzen.
Da haben entsprechende Politiker-Aussagen neulich eine deutsche Sparkasse animiert, einem Kunden einen (später unter Druck zurückgenommenen) Mahnbrief samt Androhung der Kontenschließung zu schicken, der sich erlaubt hatte, eine Spende an die (nicht verbotene) AfD zu überweisen. Da lässt Putins Russland grüßen!
Das ist die eigentliche Gefahr, gegen die wir uns mit aller Kraft wehren sollten. Die hat mit der Frage „Bargeld oder nicht?“in unseren gläsernen Zeiten aber nur am Rande zu tun.