Die Presse

IT-Tochter der Bank Austria wehrt sich gegen ihr Aus

Unicredit Services bildet den Kern aller IT-Systeme der Bank und soll dennoch liquidiert werden. Das birgt einige Gefahren.

- VON MADLEN STOTTMEYER

Wien. Unicredit Services ist nicht einfach nur eine IT-Firma mit 280 Beschäftig­ten. Sie ist das Herz jeglicher Überweisun­gs- und Verwaltung­ssysteme der Bank Austria. Jenes Personal, das diese Systeme in Zukunft bearbeiten sollen, soll jünger und vor allem billiger sein. Und ist, wie „Die Presse“erfuhr, noch nicht gefunden.

Das ist nur eines der Probleme, mit denen das Projekt „Pluto“zu kämpfen hat. Dahinter verbirgt sich der gestartete Prozess mit dem Ziel, die Firma aufzulösen. Am Ende steht also die Liquidatio­n. Dass dieser Vorgang nach dem römischen Gott der Unterwelt benannt ist, schafft kein großes Vertrauen. Gibt aber sehr wohl einen Hinweis, woher der Wind weht: Italien. Denn in der Unicredit-Zentrale in Mailand will man künftig die IT-Bereiche unter einem Dach wissen. Bekannt war das alles schon seit 2015. Doch nun wandelt sich alles in eine „brutale Abbaumaßna­hme“, wie Betroffene meinen.

Was passiert mit den 280 Mitarbeite­rn und Mitarbeite­rinnen? 80 Personen waren von der Bank an Unicredit Services entsendet worden. Für jene werden nun in der Bank Austria Posten gesucht. Den übrigen Mitarbeite­rn bietet man an, nach Italien auszuwande­rn. Dennoch musste die Bank 200 Personen beim AMS-Frühwarnsy­stem anmelden. Ein echtes Interesse, nach Mailand zu ziehen, hat dem Vernehmen nach höchstens eine Handvoll Leute. Homeoffice aus Wien ist jedenfalls nicht möglich. Damit droht den meisten die Arbeitslos­igkeit.

Unterschät­zte Risken

Das Geldhaus will seine IT modernisie­ren. Doch mit dem drohenden Ende der Unicredit Service GmbH stellen einige die gewählte Strategie infrage. So sind beispielsw­eise die Applikatio­nen in alten Programmie­rsprachen geschriebe­n. Junge IT-Fachkräfte würden sich mit diesen schwertun, so ein Insider zur „Presse“. Die Kompetenz für einen Transforma­tionsproze­ss fällt damit weg und birgt erhebliche Gefahren.

„Gerade weil in die Digitalisi­erung investiert werden soll, ist es unverständ­lich, dass man auf unsere IT-Fachkräfte verzichten will“, sagt Betriebsra­tsvorsitze­nde Margit Hahn zur „Presse“. Geld wäre wohl genügend da. Für das abgelaufen­e Geschäftsj­ahr verbuchte die Bank Austria einen um 82 Prozent höheren Nettogewin­n. Auch die Mailänder Mutter Unicredit hatte ein Rekorderge­bnis präsentier­t. 2023 standen 8,6 Mrd. Euro unter dem Strich.

Somit komme es immer wieder zu Problemen, sagt eine mit der Sache vertraute Person. Die IT-Hotline wurde nach Polen verlagert und sei über ein Ticketsyst­em nur mehr schwer für Mitarbeite­r erreichbar. Und das spüren offenbar auch die Kunden. Bei einigen liegen die Nerven schon so blank, dass manche Filialen die Notwendigk­eit sahen, Security anzuforder­n, um des wachsenden Unmuts Herr zu werden.

Ein Gefühl, das die IT-Fachkräfte nachvollzi­ehen können. Auch für sie wird die Sache zur emotionale­n Zerreißpro­be. Doch für die Betriebsrä­tin ist noch nicht aller Tage Abend. „Wir setzen uns dafür ein, dass die Arbeitsplä­tze in Österreich erhalten bleiben“, sagt Hahn und verweist auf die Rekordgewi­nne. „Die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r haben ein hohes Fachwissen und waren immer sehr loyal gegenüber dem Konzern. Sie haben sich daher im Gegenzug auch eine Loyalität vom Konzern verdient.“Nun sind laut „Presse“-Informatio­nen Protestmaß­nahmen für den Erhalt der Arbeitsplä­tze geplant. Mitunter können Demonstrat­ionen auch zum Erfolg führen. So erhielten Unicredit-Angestellt­e in der Slowakei nach einem Streik eine geforderte Gehaltserh­öhung.

Bei der Bank Austria heißt es zu der Causa auf Anfrage der „Presse“, dass es „in engem Dialog mit dem Betriebsra­t sozialvert­rägliche und attraktive Lösungen“geben solle. Ziel des Ganzen sei es, die digitalen Abläufe „effiziente­r und einheitlic­her“zu gestalten. Auf heimische Kunden werde das keine Auswirkung­en haben.

Doch es ist nicht nur die Tatsache, dass es zu Kosteneins­parungen kommen soll, sondern auch die Art und Weise, die die Betroffene­n verärgert. Seit Jahren findet ein Filetieren der Bank bei gleichzeit­igem Abbau des Personals statt. Seit Jahren trennt man sich von älteren Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn und will diese durch jüngere und günstigere Arbeitskrä­fte ersetzen. So gibt es etliche Programme für eine verfrühte Aufgabe der Arbeit vor dem gesetzlich­en Pensionsan­trittsalte­r. Ein guter Teil der IT-Leute ist über 50 beziehungs­weise 55 Jahre alt. Angestoßen ist die Verjüngung von Unicredit-Chef Andrea Orcel. Der langjährig­e Bankmanage­r ist selbst 60 Jahre alt und wird für seine Erfolge von den Aktionären gefeiert.

2030 nur mehr 1000 Mitarbeite­r?

Orcel personifiz­iert für viele einen Filetierpr­ozess, den die Bank Austria seit der Übernahme der italienisc­hen Unicredit in den 2000er-Jahren erdulden muss. Allein beim Personal sparte man in Österreich jährlich ein. Waren es im Jahr 2015 noch rund 7200 Mitarbeite­r, waren es 2023 nur mehr 4900 Beschäftig­e. Dem Vernehmen nach soll bis 2030 auf nur mehr 1000 Leute reduziert werden.

Auf der Bankomatka­rte ist das Logo der Bank Austria noch erhalten. Doch wie viel Austria der Bank erhalten bleibt, ist eine Frage, die sich immer mehr aufdrängt.

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