Die Presse

China: Niedrige Zinsen für den Immobilien­sektor

Die chinesisch­e Zentralban­k senkte den Zinssatz am Dienstag unerwartet stark um 0,25 Prozentpun­kte.

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Wien. Die Krise rund um den Immobilien­sektor in China verschärft sich weiter. Nun sah sich die chinesisch­e Zentralban­k erneut gezwungen, einzuschre­iten und senkte den Zinssatz für Hypothekar­kredite. Die People’s Bank of China gab am Dienstag bekannt, dass der Leitzins für fünfjährig­e Darlehen von 4,2 auf 3,95 Prozent gesenkt wird.

Die Senkung um 0,25 Prozentpun­kte war die größte Reduzierun­g des Leitzinssa­tzes seit seiner Einführung im Jahr 2019 und übertraf die Erwartunge­n der Analysten, die von einer Senkung um 0,1 Prozentpun­kte ausgegange­n waren. Diese Rekordsenk­ung zeigt die Unruhe, die derzeit in Peking herrscht. Der Immobilien­sektor ist das Rückgrat der chinesisch­en Wirtschaft und macht etwa ein Viertel der gesamten Wirtschaft­stätigkeit aus. „Das ist ein starkes Signal. Mit anderen Worten: Der größte Zinssenkun­gszyklus der Geschichte hat begonnen“, kommentier­te Analyst Yan Yuejin von E-House China Research and Developmen­t Institutio­n die Entscheidu­ng.

Der Referenzzi­nssatz für einjährige Kredite blieb unveränder­t bei 3,45 Prozent. Diese Zinssätze werden monatlich von der People’s Bank of China veröffentl­icht. Dabei handelt es sich um Sätze für Kredite mit kurzer und mittelfris­tiger Laufzeit, die die führenden Banken ihren solventest­en Kunden anbieten. Im vergangene­n Sommer wurde eine Senkung für die einjährige­n Kredite vorgenomme­n – damit sollte es für Unternehme­n günstiger sein, Kredite aufzunehme­n. Die chinesisch­e Regierung erhoffte sich dadurch eine höhere Investitio­nsfreudigk­eit der Konzerne, und der Immobilien­markt sollte wieder in Schwung kommen. Zuvor kühlte er ab, nachdem die Staatsführ­ung vor zwei Jahren damit begonnen hatte, den Sektor stärker zu regulieren. Das sorgte für Zahlungssc­hwierigkei­ten bei einigen Entwickler­n. Unternehme­n wie Country Garden und Evergrande mussten ihre Zahlungsun­fähigkeit eingestehe­n.

Kommunisti­sche Werte

Im Jahr 2022 gab Präsident Xi Jinping eine langfristi­ge Vision der „Modernisie­rung nach chinesisch­em Vorbild“aus. Eines der Ziele darin ist, die Wirtschaft­sleistung bis 2035 zu verdoppeln – das beinhaltet ein durchschni­ttliches jährliches Wachstum von fast fünf Prozent. Dieser Wert wurde 2023 zwar erreicht, für heuer errechnete der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) aber lediglich ein Wachstum von 4,6 Prozent.

Und das soll sich in den kommenden Jahren weiter abschwäche­n: Für das Jahr 2028 prognostiz­iert der IWF nur noch 3,4 Prozent Wachstum. Grund dafür ist vor allem die alternde Bevölkerun­g – und die Auswirkung­en einer jahrzehnte­langen Ein-Kind-Politik. In der offizielle­n Parteizeit­ung gab die Kommunisti­sche Partei am Dienstag bekannt, dass sich die Zentralban­k dafür einsetze, dass deren Werte eingehalte­n würden. Gleichzeit­ig sollen „exzessive“und „rücksichts­lose“Risiken vermieden werden. Außerdem wurden Banken ermahnt, „nicht leichtsinn­ig zu handeln“. Was damit konkret gemeint ist, darüber kann nur spekuliert werden.

Investoren blieben unbeeindru­ckt von den Rettungsma­ßnahmen: Die Börse in Shanghai und der CSI-300-Index mit den 300 wichtigste­n chinesisch­en Firmen notierten nur leicht fester. (sub)

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