Die Presse

Westenthal­er: „Aus ORF 1 ein Netflix machen“

Neo-Stiftungsr­at Peter Westenthal­er (FPÖ) kritisiert im Interview Gehälter und „politische Schlagseit­e“des ORF.

- VON ISABELLA WALLNÖFER

Peter Westenthal­er rechnet nicht damit, dass bei seiner Bestellung zum ORF-Stiftungsr­at noch etwas schiefgeht: „Meine Bestellung durch die Bundesregi­erung ist ein Formalakt.“Die FPÖ darf einen Vertreter für das oberste Aufsichtsg­remium des ORF vorschlage­n. Die Bestellung erfolgt durch die Bundesregi­erung. „Das sollte formell im nächsten Ministerra­t über die Bühne gehen“, sagt Westenthal­er zur „Presse“. Er wolle schon bei der Stiftungsr­atssitzung am 7. März dabei sein. Am Dienstag hat nun SPÖ-Medienspre­cherin Muna Duzdar eine Prüfung seiner Bestellung gefordert. Es geht darum, dass Westenthal­er bei oe24.tv als Politanaly­st und Diskutant auftritt. Das hält dieser für vereinbar. „Es gibt kein Auftrittsv­erbot für Stiftungsr­äte.“Ein Ausschließ­ungsgrund wäre laut ORF-Gesetz ein Arbeits- oder Gesellscha­ftsverhält­nis mit einem anderen Medium. „Das habe ich nicht, hatte ich nie und habe ich auch nicht vor.“Er bekomme für seine Auftritte kein Geld.

Was also sind seine Themen? „Man muss diskutiere­n, ob das Durchschni­ttsgehalt im ORF wirklich 94.000 Euro hoch sein muss.“Dass der ORF demnächst Spitzengeh­älter offenlegen muss, hält er für einen „wichtigen Schritt“: „Wenn ein Unternehme­n Zwangsgeld­er einkassier­t und dann so hohe Gehälter bezahlt, dann verträgt sich das nicht“, findet er. Der Stiftungsr­at kann über die „Zwangsgebü­hr“, wie er den ORF-Beitrag nennt, allerdings gar nicht entscheide­n. Westenthal­er glaubt aber, das Gremium könne Druck für eine Abschaffun­g machen. Und dann? „Es gibt andere Finanzieru­ngsmöglich­keiten. Aus ORF 1 kann man jederzeit ein privates Netflix machen. Die Frage ist nur, ob jemand für die Uraltserie­n zahlen will.“Ansonsten fände er eine Budgetfina­nzierung gut. Auch das ist FPÖ-Linie.

„Mein Telefon glüht bereits“

Im Gepäck hat Westenthal­er auch „eine Liste“über Fälle, in denen der ORF seiner Ansicht nach gegen das Objektivit­ätsgesetz verstoßen hat. Er nennt es eine „politische Schlagseit­e“. Die FPÖ werde „schlecht behandelt“. Westenthal­er nennt die Verteilung von Sendeminut­en, die Auswahl von Experten mit „versteckte­r politische­r Agenda“und die Einladungs­politik bei Diskussion­ssendungen. „Ich höre, ,Im Zentrum‘ wird reformiert. Das schaue ich mir an.“Er wolle, dass der ORF „wieder einen guten Ruf genießt“. Er werde seine „Tür offen halten“für Mitarbeite­r und deren Identität schützen, wenn sie sich an ihn wenden. „Weil ich weiß, das ist nicht so einfach in so einem Unternehme­n. Mein Telefon glüht bereits.“

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