Eine Lösung mehr für die letzte Meile
Vergebliche Zustellversuche sorgen bei Kunden für Frust, bei den Zustellern für Kosten. Neben Abholstationen schaffen nun auch Lagerabteile Abhilfe.
Logistiker wissen es nur zu gut: Die letzte Meile, also jene Etappe, die vom letzten Verteilzentrum zur Haustür der Kunden führt, ist eine Herausforderung. Und das aus verschiedenen Gründen: Kleine Liefermengen und die verschiedenen Adressen, die angefahren werden müssen, sind der Effizienz der Touren nicht gerade zuträglich. Dazu kommen die gar nicht seltenen vergeblichen Zustellversuche. Muss die Adresse später noch einmal angefahren werden, schraubt dies die Kosten für den Paketdienstleister in die Höhe. Die größten Posten dabei entfallen auf Personal- und Fahrzeugkosten sowie die Administration.
Nicht zuletzt kommen zumindest im innerstädtischen Bereich bei der Zustellung in der Regel kleinere Fahrzeuge zum Einsatz – was bedeutet, dass die Paketdienste weniger Pakete darin unterbringen können und öfter fahren müssen. Die Folge: Die letzte Meile wird zum größten Kostenfaktor bei Paketlieferungen. „Hier fallen 50 bis 65 Prozent der gesamten Transportkosten an“, weiß Oliver Schauer, Professor für Verkehrslogistik und Mobilität an der FH Steyr.
An Lösungen wird seit Langem eifrig gearbeitet. Eine davon stellen Abholstationen, die immer öfter zu finden sind. „Damit kann die teure letzte Meile mit nicht erfolgreichen Zustellversuchen entschärft werden“, ist Schauer überzeugt. Das Salzburger Corporate-Start-up MyFlexBox ist bereits auf diesen Zug aufgesprungen und betreibt derzeit rund 700 Standorte in Österreich und Deutschland. In den jeweils angebotenen drei Fachgrößen Small, Medium und Large können 95 bis 98 Prozent aller Pakete untergebracht werden. „Bei den Standorten arbeiten wir beispielsweise mit Wohnbauträgern, Tankstellen und Lebensmittelhändlern zusammen“, erzählt Daniel Hoffmann, Head of Partnerships Austria.
Auf der anderen Seite wird mit großen Paketdienstleistern wie DPD, DHL oder UPS, aber auch mit regionalen Logistikern, Onlineund lokalen Händlern kooperiert. „Wir sind eine anbieteroffene Plattform, jeder, der unser Angebot nutzen will, kann das tun. Das gilt sowohl für die Zustellung als auch für Retouren“, sagt Hoffmann. Denn nur, wenn alle Partner auf einer Plattform zusammenarbeiten würden, könne der beste Effekt erzielt werden. Endkunden seien deutlich zufriedener, da sie die Bestellungen rasch in Händen halten könnten, sind die Standorte doch 24 Stunden pro Tag zugänglich. Zusteller wiederum würden sich über die deutlich gesteigerte Effizienz freuen: „Sie können pro Fahrt 13-mal mehr Pakete liefern, pro Paket können bis zu 75 Prozent CO2 eingespart werden“, so Hoffmann. Auch die Standortpartner sollen profitieren: „Diese Micro Hubs sorgen schließlich für zusätzliche Frequenz. Oft wird dann der Einkauf mit der Abholung eines Pakets verbunden“, weiß Schauer.
Lagerabteile werden zur Abholstation
Ein etwas anderes Konzept verfolgt das Wiener Scale-up Storebox: In Ballungszentren werden leerstehende Erdgeschoßflächen angemietet und als Selfstorages zur Verfügung gestellt. Die ein bis 15 Quadratmeter großen Lagerabteile werden aber nicht nur von Privatpersonen zur Einlagerung ihres persönlichen Hab und Gutes genützt. „Wir bedienen mit unseren Standorten auch die letzte Meile“, sagt Ferdinand Dietrich, COO und CoGründer von Storebox. So würden die aktuell mehr als 320 Standorte im D-A-CH-Raum und den Beneluxstaaten von Online- und stationären Händlern sowie Paketdiensten für Services wie Click & Collect oder als Micro-Hubs genutzt. „Unser Fokus liegt auf Bestellungen, die größer als ein Paket sind. Also alles, was im Bereich Stückgut ist“, erklärt Dietrich.
Zeitfenster: 48 Stunden
Ikea beispielsweise ist eines der Unternehmen, die dieses Angebot nutzen. So können Kunden bei ihrer Onlinebestellung wählen, ob und in welche Storebox die bestellte Ware des Möbelhauses geliefert werden soll. Das Zeitfenster für die Abholung beträgt 48 Stunden. „Wir verstehen die Zusammenarbeit mit Storebox als eine tolle Ergänzung zu unserem Abhol- und Lieferangebot, um den Kunden neben einer Lieferung an eine Wunschadresse oder einer Abholung in unseren Einrichtungshäusern oder Lagerstandorten einen diversifizierten Zugang zu unserem Sortiment zu bieten“, sagt Melanie Eltzner, Country Customer Fulfillment Managerin bei Ikea. Darüber hinaus werde durch das zusätzliche Abholungsangebot Kundenmehrwert generiert und gleichzeitig die Chance der Effizienz und einer nachhaltigeren Netzwerkgestaltung genutzt, betont die Managerin.