Was Signa-Gläubigern Kopfzerbrechen macht
Haben sich manche Investoren bei der Signa zu gut abgesichert, was jetzt womöglich die Aussichten der Gläubiger mindert? Und wovon hängt es ab, ob allfällige Haftungsansprüche ausgeschöpft werden?
Wien. Welche Lehren für die Zukunft aus dem Fall Signa zu ziehen sind: Zu diesem Thema wurden schon viele Überlegungen angestellt, auch in der „Presse“. Das ist aber, genau genommen, bereits der zweite Schritt. In einem ersten muss es um das Naheliegendste gehen: die saubere rechtliche Aufarbeitung des Desasters.
Daran führt kein Weg vorbei, wenn der heimische Immobilienund Finanzmarkt seine Glaubwürdigkeit nicht gänzlich aufs Spiel setzen will. Im Moment ist diese ziemlich angekratzt. Zur Erinnerung: Auch internationale Anleihegläubiger sind von den Insolvenzen in René Benkos ehemaligem Imperium betroffen. Und dem Vernehmen nach von den kaum entwirrbaren Verflechtungen innerhalb der Gruppe, der Intransparenz und möglichen Interessenkonflikten einigermaßen irritiert.
Passt die Verfahrensart?
Im Sanierungsverfahren für die Holding ist zudem ein neuer Streitpunkt aufgetaucht: Benko sagte in einer Garantieerklärung drei Millionen Euro zu. Die erste Million kam von ihm selbst, die zweite laut Medienberichten von dritter Seite – und die dritte könnte nun womöglich gar nicht mehr fließen. Wie kolportiert wird, argumentieren Benkos Anwälte, die Garantie habe nur für eine Sanierung in Eigenverwaltung gegolten. Insolvenzverwalter Christof Stapf wolle das nun rechtlich prüfen lassen, sagte Stapfs Sprecher zur APA.
Das führt zu einer der Fragen, die in Gläubigerkreisen diskutiert werden: ob die für Holding, Prime und Development gewählte Verfahrensart, das Sanierungsverfahren, der Sache überhaupt gerecht werden kann. Bei einer Sanierung mit Eigenverwaltung, wie derzeit bei Prime und Development, bleiben noch dazu die bisherigen Geschäftsleiter weiterhin im Amt.
Freilich bedeutet selbst das per se noch keine Haftungsfreistellung. Aber: Ein Sanierungsverfahren endet mit einer Restschuldbefreiung, sofern der Sanierungsplan erfüllt wird. Bei einem Konkurs wäre das nicht der Fall. Bei einer AG oder GmbH als Schuldnerin ist dieser Unterschied freilich graue Theorie: Gegen diese kann nach einer Abwicklung im Konkurs ohnehin niemand mehr Ansprüche geltend machen. Denn mit ihrer Löschung im Firmenbuch endet normalerweise auch ihr rechtlicher Bestand.
Ansprüche gegen Dritte?
Eine andere Frage ist jedoch, wie mit Ansprüchen gegen Dritte, etwa Geschäftsleitern bis hin zu Aufsichtsräten oder Abschlussprüfern, umgegangen wird. Pauschale Aussagen sind dazu nicht möglich. Offen ist freilich, inwieweit allfällige Ansprüche – die großteils nicht unmittelbar den Gläubigern, sondern der Gesellschaft zustehen – im Zuge eines Sanierungsverfahrens ausgeschöpft werden.
Vieles hängt dabei davon ab, wie der Sanierungsplan gestaltet ist. Konkret, ob die Gläubiger einem Sanierungsplan zustimmen, ohne dabei auch festzulegen, dass allfällige Ansprüche gegen Dritte auch tatsächlich durchzusetzen sind. Beispielsweise können solche Ansprüche von der Gesellschaft an den Insolvenzverwalter zur gerichtlichen Durchsetzung übertragen werden.
Dafür muss ihm auch entsprechendes Kapital für Gebühren und Kosten zur Verfügung stehen. Die erstrittenen Beträge würden dann als „Superquote“– zusätzlich zur fixen Mindestquote – an die Gläubiger verteilt.
Dividenden, Put-Optionen
Neben diversen Haftungs- und Schadenersatzthemen könnten auch Dividendenzahlungen noch zu einem Streitthema werden. So berichtet das Nachrichtenmagazin „News“, dass es offenbar schon Ende 2022 bei der Signa Prime und der Signa Development Zahlungsschwierigkeiten gab. Der Vorstand habe sich bei den Investoren um eine Stundung der Dividenden bemüht – teils jedoch ohne Erfolg. Der Milliardär Klaus-Michael Kühne und die deutsche RAG-Stiftung hätten eine Stundung abgelehnt. Und trotz der bereits angespannten Finanzlage noch Ausschüttungen in Millionenhöhe erhalten. Die Frage könnte nun sein, ob solche Zahlungen rückforderbar sind. Ein anderes Thema sind sogenannte PutOptionen: Einzelnen Investoren gegenüber sollen sich Signa-Gesellschaften laut Medienberichten verpflichtet haben, ihnen auf Wunsch ihre Anteile zu einem vorab vereinbarten Preis wieder abzukaufen. Scheinbares Eigenkapital wird damit „fremdkapitalähnlich“, weil es jederzeit wieder aus dem Unternehmen abgezogen werden kann.
Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits ausführlich mit PutOptionen befasst – freilich in einer ganz anderen Causa, nämlich bei der Hypo Alpe Adria. Dort war Vorzugsaktionären ein derartiges Rückverkaufsrecht eingeräumt worden, das erwies sich später sogar als strafrechtlich relevant. Dieses Aktienkapital habe gerade nicht die Qualität von Kernkapital gehabt, zumal es nicht frei und unbefristet zur Verfügung stand, hielt der OGH dazu fest (13 Os 137/16w). Vielmehr stelle dieses Kapital „nur“Liquidität dar, weil die Put-Option diesen Aktionären einen jederzeitigen Ausstieg – und damit die Rückzahlung des eingezahlten Kapitals – ermöglicht habe.
Nun muss das per se noch nichts Strafbares sein – wenn damit keine überhöhten Gegenleistungen verbunden sind (darum ging es im Wesentlichen in der Causa Hypo). Und wenn es transparent gehandhabt und den Gläubigern keine rosige Kapitalsituation bloß vorgegaukelt wird. Nichts dergleichen soll im Zusammenhang mit der Signa behauptet werden – aber zu prüfen wird es wohl sein.
Filetstücke im Abverkauf
Irritationen löste es auch aus, dass die in der Signa Prime gebündelten Immobilien – die „Filetstücke“– unter dem Dach einer Tochtergesellschaft zusammengefasst sind und als Gesamtpaket verkauft werden sollen. Die Frage ist dabei, welche Lasten ein Käufer mit übernehmen müsste. Da könnte es etwa um wechselseitige Haftungen der einzelnen Objektgesellschaften gehen. Den Kaufpreis würde das dann wohl massiv nach unten drücken.