Annalena Baerbock las Sergej Lawrow die Leviten
Die deutsche Chefdiplomatin forderte ihren russischen Kollegen bei G20-Tagung zum Ende des Ukraine-Kriegs auf.
Das Gruppenfoto der Außenminister der G20-Staaten vor dem Zuckerhut in Rio de Janeiro war abgesagt. Sergej Lawrow, der russische Veteran, gilt zumindest für seine westlichen Kolleginnen und Kollegen als Paria. Der US-Amerikaner Antony Blinken, der Brite David Cameron und die Deutsche Annalena Baerbock steckten zur Eröffnung der zweitägigen Tagung ihre Köpfe zusammen und zeigten dem russischen Außenminister demonstrativ die kalte Schulter.
Den angenehmen Teil seiner Dienstreise nach Lateinamerika hatte Lawrow schon hinter sich gebracht. Zum Auftakt seiner Reise hatte er alte Freude und Verbündete in Kuba und Venezuela besucht. In Rio de Janeiro bekam er es mit einer Intimfeindin zu tun. Beim G20-Außenministertreffen 2022 in Bali hatte er die Sitzung verlassen, ehe Baerbock an der Reihe war, ihn mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu konfrontieren.
In Rio ging sie ihn nun frontal an. „Wenn Ihnen Menschenleben am Herzen liegen, wenn Ihnen Ihr eigenes Volk am Herzen liegt, russische Kinder und Jugendliche, müssen Sie diesen Krieg jetzt beenden. Wenn Russland diesen Krieg jetzt beenden würde, wäre morgen der Weg zum Frieden und zur Gerechtigkeit weit offen.“Diesmal ließ Lawrow die Vorwürfe routiniert über sich ergehen.
„Mehr als ein regionaler Konflikt“
Baerbock wandte sich auch an die Ressortchefs im Globalen Süden, vor allem an den Brasilianer Mauro Vieira und die Südafrikanerin Naledi Pandor, für die der Krieg im Osten Europas keine Priorität hat. Der Krieg in der Ukraine sei „mehr als nur ein regionaler Konflikt“, betonte sie.
Der Ukraine-Krieg ist allerdings nur ein Punkt auf der Agenda neben dem Gaza-Krieg und einer Reform der multilateralen Organisationen, deren Schwäche die Kriege zuletzt schonungslos offenbart haben. Brasilien will die überfällige Reform des UN-Sicherheitsrats in Angriff nehmen. (vier)