Die Wahl-Farce des Alexander Lukaschenko
Sonntag lässt der autoritäre Präsident ein Parlament wählen, Kritiker sind ausgeschlossen. Erneut starb ein Oppositioneller in Haft.
Zwei Kandidaten hatten immerhin den Mut, sich für die Parlamentswahlen in Belarus am kommenden Sonntag registrieren zu lassen. Ohne Erfolg, sie wurden ausgeschlossen. Und so unterstützen nun alle 265 Kandidaten den seit bald 30 Jahren mit eiserner Hand regierenden Staatschef Alexander Lukaschenko.
Die Parlamentswahl in Lukaschenkos Reich steht nach dem mit Russlands Hilfe im Herbst 2020 brutal niedergeschlagenen Volksaufstand unter einem ungünstigen Stern. Mindestens 1420 anerkannte politische Häftlinge schmachten in Gefängnissen und Arbeitslagern. Erst am Dienstag ist im Minsker Gefängnisspital der oppositionelle Sozialdemokrat Ihar Lednik gestorben. Der herzkranke Politiker ist der fünfte politische Gefangene, der in Lukaschenkos Straflagern zu Tode gefoltert wurde. In dieser Stimmung der Angst und Repression findet die Parlamentswahl statt. Die sechs größten Oppositionsparteien sind seit 2020 verboten. Damit stehen vier Lukaschenko-treue Parteien und viele „Unabhängige“zur Auswahl.
„Alles wird gefälscht und nicht einmal die abgegebenen Stimmzettel werden ausgezählt“, sagt ein Oppositioneller im Warschauer Exil. Zudem war 2024 kein Wahlkampf mehr möglich. Bisher waren Parlamentswahlen
die einzige Möglichkeit der Opposition, für Demokratie und Menschenrechte zu agitieren. Laut Beobachtern verzichteten darauf heuer selbst regimetreue Parteien. „Es fanden keine Meetings in Unis und Fabriken statt“, berichtet der Exilpolitiker.
Keine unabhängigen Wahlbeobachter
Die verbotenen Menschenrechtsgruppen Belorussisches Helsinki-Komitee und Wjasna (Frühling) kritisieren in einer Stellungnahme, dass es erneut keine unabhängigen Wahlkommissionsmitglieder und Wahlbeobachter gibt. Das OSZE-Mitglied Belarus hatte Anfang Jänner entschieden, keine internationalen Wahlbeobachter einzuladen. Laut Wjasna erhöhte sich immerhin der Frauenanteil der Kandidierenden auf 35 Prozent. Etwa 40 Frauen und 70 Männer, viele davon neue Abgeordnete, werden also bis 2029 sämtliche von Lukaschenko eingereichten Gesetzesnovellen durchwinken.
Am Sonntag finden auch Lokalwahlen statt. Neben 19.000 Lukaschenko-treuen Kandidaten wollten 28 Oppositionelle antreten. Auch sie wurden ausgeschlossen.
Verboten ist, Stimmzettel vor dem Einwurf in die Urne zu fotografieren. 2020 konnte die Opposition so nachweisen, dass nicht Lukaschenko, sondern Oppositionschefin Swetlana Tichanowskaja die Wahlen gewonnen hatte. Tichanowskaja wurde daraufhin ins litauische Exil gezwungen.