Die Presse

Verdächtig­e Software: Spionageal­arm in Brüssel

Mehrere Abgeordnet­e sollen ihre Mobiltelef­one kontrollie­ren lassen, da es bei einem Routineche­ck Auffälligk­eiten gab.

-

Wenige Monate vor der Europawahl gibt es einen brisanten Spionageve­rdacht im EU-Parlament : Mandatare des Unteraussc­husses für Sicherheit und Verteidigu­ng sollen ihre Mobiltelef­one auf Software überprüfen lassen, die auf Spionagetä­tigkeiten schließen lässt. In zwei Geräten bei einem Routineche­ck gefundene Spuren erforderte­n „diese besondere Aufmerksam­keit“, so steht es in einem internen E-Mail der IT-Abteilung im Parlament, das die DPA einsehen konnte. Das europäisch­e Abgeordnet­enhaus ist in Alarmberei­tschaft; die Gefahr einer politisch motivierte­n Beeinfluss­ung von außen beim Urnengang Anfang Juni ist so hoch wie nie.

Zuvor hatte das Portal Politico über den Vorfall berichtet: Eine interne Überprüfun­g habe ergeben, dass das digitale Sicherheit­snetzwerk des Europaparl­aments nicht dem neuesten Stand entspreche – und Hacker somit leichtes Spiel haben könnten.

Die „geopolitis­che Weltlage“mache es erforderli­ch, dass den Mobilgerät­en der Abgeordnet­en des Unteraussc­husses für Sicherheit und Verteidigu­ng „besondere Aufmerksam­keit“zuteil werde, ließ das Parlament in einer Stellungna­hme wissen.

Knapp drei Jahre ist es her, dass der bisher größte Abhörskand­al der EU publik wurde. Regierunge­n hatten Journalist­en, Aktivisten und Politiker mit der Spionageso­ftware Pegasus im großen Stil ausgespäht. In einem 2023 fertiggest­ellten Bericht des Europaparl­aments ist von Hinweisen auf den Einsatz der Spionageso­ftware Pegasus in Polen, Ungarn, Griechenla­nd, Zypern und Spanien die Rede. „Regierunge­n der EU-Mitgliedst­aaten haben Spyware gegen ihre Bürger zu politische­n Zwecken eingesetzt“, heißt es darin.

„Schleicht sich in Ihr Leben“

Diese „Software schleicht sich in Ihr Handy ein und übernimmt Ihr Leben, ohne dass Sie etwas davon merken“, so die zuständige EUParlamen­tsberichte­rstatterin, die niederländ­ische Liberale Sophie in ’t Veld, damals. Es handle sich um eine „Demokratie­krise“, da sich der Einsatz solcher Software auch auf die EU-Entscheidu­ngsfindung auswirke. Die EUKommissi­on verweist ihrerseits jedoch auf die Zuständigk­eit der Mitgliedst­aaten im Bereich der nationalen Sicherheit, weshalb es bisher keinen entspreche­nden Gesetzesvo­rschlag der Brüsseler Behörde gibt. (ag./red.)

Newspapers in German

Newspapers from Austria