Unter 14-jährige Täter strafen? Nur FPÖ dafür
Mehr als 10.000 Anzeigen betrafen im Vorjahr Unmündige. Die Freiheitlichen wollen schon Zwölfjährige in die Pflicht nehmen, weil der Gesetzgeber Jungen auch sonst viel zutraue. Die anderen Parlamentsparteien sind dagegen.
10.745 Anzeigen gegen unter 14-Jährige verzeichnete die Justizstatistik im Vorjahr („Die Presse“berichtete). Die Betroffenen können als Unmündige nicht bestraft werden. Rund um die Jugendkriminalität taucht aber immer wieder die Frage auf, ob man die Grenze für die strafrechtliche Verantwortung nicht heruntersetzen soll. Wie stehen die Parteien dazu?
Die Frage, ab welchem Alter man welche Rechte und Pflichten hat, änderte sich im Lauf der Zeit wiederholt. In früheren Zeiten konnten etwa auch schon Zehnjährige belangt werden. Die heute geltende Grenze von 14 Jahren für die Strafmündigkeit geht bereits auf das Jahr 1928 zurück. Deutlich stärker als bei der Strafmündigkeit wurde in der jüngeren Geschichte das Alter für die Volljährigkeit heruntergeschraubt. 1919 setzte man es von 24 auf 21 herab, 1973 sodann auf 19 und 2001 auf 18 Jahre. Das aktive Wahlrecht steht nach einem 2007 erfolgten Beschluss sogar bereits 16-Jährigen bundesweit zu.
Das Büro von Justizministerin Alma Zadić verweist zur Strafmündigkeit auf den grünen Klub, für ihn antwortet Justizsprecherin Agnes Prammer. „Wir Grüne sind gegen eine Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters, weil Kinder nicht ins Gefängnis gehören“, sagt sie der „Presse“. Es reiche, wenn sich wie bisher die Pflegschaftsgerichte mit unter 14-jährigen Tätern befassen „und die notwendigen Maßnahmen
– in erster Linie erzieherische und therapeutische Maßnahmen – anordnen“.
„Schnupperhaft“für Junge?
FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan und Abgeordnetenkollege Christian Lausch forderten sogar bereits im Nationalrat, dass die Strafmündigkeit auf zwölf Jahre gesenkt werde. Ihr Argument: Die Politik traue jungen Menschen immer mehr zu, wie die Alterssenkungen in anderen
Rechtsbereichen – etwa auch für den Führerschein – zeigten. Und „unmündige Minderjährige wissen in der Regel, was sie tun“. Die FPÖ verweist auch auf andere Länder: So liege die für das Strafrecht relevante Altersgrenze z. B. in den Niederlanden oder Ungarn bei zwölf Jahren. In England, Wales und Nordirland seien Kinder bereits ab dem vollendeten 10. Lebensjahr strafmündig, in Schottland könnten Kinder schon ab acht
Jahren strafrechtlich belangt werden. Daneben will auch die FPÖ mehr Betreuung für junge Täter, sei es auch durch richterlich angeordnete „Schnupperhaft“oder Gespräche mit Gefängnisinsassen.
Verweise auf andere Länder überzeugen Neos-Justizsprecher Johannes Margreiter nicht. So seien etwa in der Schweiz Kinder schon ab zehn Jahren strafmündig, Freiheitsstrafen könnten aber erst ab 16 verhängt werden, während dies in
Österreich ab 14 Jahren der Fall ist. Und die Schweiz sehe für Straftäter zwischen zehn und 16 „umfangreiche pädagogische und therapeutische Maßnahmen zum Zweck der Resozialisierung vor, von denen wir in Österreich nur träumen können“. Statt einer Senkung der Strafmündigkeit will Margreiter die Schulsozialarbeit ausbauen und die Kinderund Jugendhilfe stärken.
CDU-Vorstoß in Deutschland
In Deutschland ist die Rechtslage ähnlich wie in Österreich, hier forderte im Vorjahr der rechtspolitische Fraktionssprecher der CDU, Günter Krings, ein Nachdenken: „Wir müssen die Debatte führen, ob das Alter der Strafmündigkeit für schwere Straftaten gesenkt werden muss“, erklärte er. Anlass war die Tötung der zwölfjährigen Luise, eine Zwölf- und eine 13-Jährige gestanden die für sie straflose Tat. „Auch Kinder wissen, dass sie nicht töten dürfen“, sagte Krings. Die Schwesterpartei ÖVP möchte aber an der 14-Jahres-Regel offenbar nicht rütteln. „Wir setzen in diesem Zusammenhang vor allem auf Prävention“, erklärt ein Parteisprecher.
Diesen Ansatz verfolgt auch SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim. Man wolle eine verstärkte Einbindung der Pflegschaftsgerichte in die Verbrechensprävention und die Schaffung von Jugendkompetenzzentren auf Ebene der Landesgerichte, um kriminelle Rückfälle zu verhindern. „Kinder in Justizanstalten zu sperren, ist nicht der richtige Weg“, meint Yildirim hingegen.