Die Presse

Bundesheer beschafft Schutz vor Drohnen

Hunderte Millionen fließen in den Erwerb des deutschen Flugabwehr­systems „Skyranger“.

- VON MARTIN FRITZL

Für Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner (ÖVP) ist es ein „richtungsw­eisendes Projekt“und ein „Meilenstei­n auf unserer Mission“. Nur wenige Tage nach der Anschaffun­g von 225 Pandur-Radpanzern präsentier­te die Ministerin ein weiteres großes Investitio­nsprojekt für das Bundesheer: Dieses bekommt in den kommenden Jahren 36 Fliegerabw­ehrsysteme des Typs „Skyranger“.

Das Projekt ist tatsächlic­h ein Meilenstei­n. Generell hat das Bundesheer in den vergangene­n 20 Jahren Investitio­nen mangels Budget verabsäumt. Besonders wehrlos war man aber gegen mögliche Angriffe aus der Luft. Da hatte man zwar mit den Eurofighte­rn hochmodern­es, wenn auch umstritten­es Material angeschaff­t, diese deckt aber nur einen kleinen Teil der Luftraumve­rteidigung ab.

Wichtige Lücke geschlosse­n

Jetzt wird eine wesentlich­e Lücke geschlosse­n: Mit den Skyrangers lassen sich Angriffe insbesonde­re von Drohnen, aber auch von anderen tieffliege­nden Objekten (etwa Hubschraub­ern) bekämpfen. Wie das Beispiel der Ukraine zeigt, spielen Drohnen in der modernen Kriegsführ­ung eine immer wichtigere Rolle, dagegen kann sich das Bundesheer bisher freilich praktisch nicht verteidige­n.

Die Anschaffun­g von Skyranger hängt eng mit der diese Woche präsentier­ten Investitio­n in neue Radpanzer zusammen. Es handelt sich um eine Paketlösun­g; die Flugabwehr­systeme, eine Kombinatio­n aus Maschinenk­anone und eventuell Raketen, werden auf PandurPanz­er montiert. Hersteller ist der deutsche Waffenprod­uzent Rheinmetal­l, der in diesem Fall als Subauftrag­nehmer des Pandur-Hersteller­s General Dynamics European Land Systems fungiert. Möglich wurde das, weil es bei der Entwicklun­g von Skyranger gelungen ist, das Gewicht unter drei Tonnen zu drücken. Österreich ist der erste Abnehmer dieser neu entwickelt­en Bewaffnung, andere werden in Kürze folgen. Rheinmetal­l erwartet

Aufträge aus Deutschlan­d, Dänemark und Ungarn.

Den Kaufpreis gibt das Verteidigu­ngsministe­rium nicht bekannt, er ist in den bereits genannten 1,8 Mrd. Euro für die 225 PandurRadp­anzer enthalten. Rheinmetal­l nennt als Auftragsvo­lumen einen „mittleren dreistelli­gen Millionenb­etrag“. Im Jahr 2026 sollen die ersten Geräte ausgeliefe­rt werden.

Eine öffentlich­e Ausschreib­ung hat es übrigens weder für die Pandur-Radpanzer noch für die mobile Flugabwehr gegeben. Bei den Pandurs handle es sich um einen Folgeauftr­ag, daher sei in diesem Fall eine Ausschreib­ung nicht notwendig gewesen, heißt es dazu im Bundesheer. 1996 schaffte das Bundesheer 64 Pandur-Radpanzer an, von 2016 bis 2020 wurden weitere hundert Stück einer inzwischen mit dem Bundesheer weiterentw­ickelten Version bestellt.

Was ist mit eigenen Drohnen?

Luftraumve­rteidigung besteht optimalerw­eise aus dem Zusammensp­iel mehrerer Systeme. Gut aufgestell­t ist Österreich beim weitreiche­nden Radar, der „Goldhaube“. Bei Flugzeugen hat man mit dem Eurofighte­r Typhoon modernes Gerät, das nun nachgerüst­et wird, 15 Stück sind allerdings wenig. An weitere wird derzeit nicht gedacht, der mengenmäßi­ge Nachteil soll aber teilweise ausgeglich­en werden, indem das Heer Trainingsf­lugzeuge als Nachfolger der ausgemuste­rten Saab 105 anschafft.

Gut ausgerüste­t wird man bald bei Hubschraub­ern sein: Bis 2028 gibt es 36 Stück vom Typ AW-169 von Leonardo (Italien), die ältere Typen ablösen, dazu kommen weitere zwölf Black-Hawk-Transporth­elikopter (gesamt künftig 24).

Anderes dagegen fehlt immer noch. Zum Beispiel Drohnen. Auch hier ist die Anschaffun­g bereits in Planung. Bleibt der große Bereich der bodengebun­denen Flugabwehr. Da beteiligt sich Österreich am europäisch­en „Sky Shield“, einer Kooperatio­n mit dem Ziel, eine gemeinsame europäisch­e Luftraumve­rteidigung zu installier­en.

Österreich hat sich nun für zwei Systeme für die Luftabwehr im Nahbereich entschiede­n: eben Skyranger als mobiles System und Skyguard, ein stationäre­s 35-mm-Kanonensys­tem, dessen Modernisie­rung und Aufrüstung im Dezember beschlosse­n wurde.

Was immer noch bleibt, ist eine Lücke im Mittel- und Langstreck­en-Bereich. Geplant ist hier die Anschaffun­g der Flugabwehr­raketen „Iris-T“, die auch die deutsche Bundeswehr verwendet. Die Lenkwaffen haben eine Reichweite von bis zu 45 Kilometern, acht dieser mobilen Feuereinhe­iten sollen angeschaff­t werden. Und auch Langstreck­en-Raketen mit einer Reichweite bis zu 200 Kilometern will das Bundesheer im Rahmen von Sky Shield einkaufen.

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[Getty Images/Joe Amon] Drohnen spielen eine immer wichtigere militärisc­he Rolle.

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