Sensationell: Alexander Malofeevs Wiener Solodebüt
Der 22-jährige Russe ist ein Ausnahmepianist. Dass er derart begeistern würde, war dennoch nicht abzusehen. Sogar einarmig.
Der nur 22-jährige Alexander Malofeev, der schon als Teenager Daniel Barenboim mit seinem Spiel ein bewunderndes „Remarkable!“entlocken konnte, ist eigentlich kein Geheimtipp mehr. Es hätte auch keine Überraschung sein müssen, dass der Moskauer Ausnahmepianist, der am Klavier sitzt wie ein Zweimetermann in einer Isetta, bei seinem Wiener Debüt als Solist einen fabulösen Vortrag bot. Aber so gut?
Im Brahms-Saal spielte er eine barocke Hälfte und eine russisch-romantische. Letztere begann mit Alexander Skrjabins Prélude und Nocturne op. 9 – ein Werk für die linke Hand, von Skrjabin für sich selbst geschrieben, entweder, weil der wilde Komponist wirklich eine Sehnenscheidenentzündung hatte, oder weil er angeben wollte. Dabei: Angeberisch ist das Stück nicht, eher träumerisch. Beeindruckend aber, wie es, trotz einarmiger Bedienung, die ganze Klaviatur ausnutzt. Auch Malofeev ist kein Angeber, er ist nicht einmal im eigentlichen Sinn ein Virtuose, der – obwohl brillant und technisch mit allem, was man sich wünschen kann, ausgerüstet – zur großen Feuerwerksshow ansetzt. Vielmehr ist es eine wunderbare Mischung aus Dunkelgrau und Blauschwarz, in der Skrjabin und auch Rachmaninow (zwei „Moments musicaux“, ein transkribiertes Lied und die zweite Sonate) erstrahlten. Mit vollpfötigem Rums, aber nie brachial und, selbst in der Sonate, trotz gewagter Langsamkeit, ohne pappsüß zu werden.
Und erst die unaufgeregte, unsentimentale Art, mit der Malofeev den Händel spielte! In dessen Variationssatz wurde eine Energie aufgebaut, die dann direkt in das Minuet, den anschließenden Purcell und den Muffat sprudelte. So stand der erste Teil wie eine große Suite dar. Die stürmische Applauspause nahm der Blondschopf mit einem freudig verschmitzten Lächeln zur Kenntnis, bevor es mit Bach weiterging. Aller Exzess der hochromantischen Transkription (vom Vivaldi-Geigenkonzert via Bachs Orgelsolokonzert zu Samuel Feinbergs Klavierfassung), zwischen donnernd und hauchzart, ob kirchenglockengleiches Crescendo oder Flüstern, wurde ausladend ausgeschöpft. Jubelstürme und stehende Ovationen vor, zwischen und nach den vier Zugaben, unter denen die Pletnev-Bearbeitungen aus dem Nussknacker begeisterten.