Ein gescheiterter Deal und seine Folgen
Hintergrund. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat die Verhandlungen zum Einstieg eines Investors nach Fanprotesten abgebrochen. Was das nun bedeutet.
Berlin/Wien. Am Wochenende wird sich in den Fußballstadien der 1. und 2. Liga Deutschlands zeigen, ob die Spiele nach dem geplatzten Investorendeal nun wieder ohne Unterbrechungen ablaufen. Die schwer beschädigte DFL-Spitze muss sich auf die Suche nach neuen Geldquellen machen, um die geplanten Modernisierungsprojekte zu finanzieren. Die Absage des Milliardengeschäfts wirft jedenfalls Fragen auf.
1 Wie sahen die DFL-Pläne zum Einstieg eines Investors aus?
Vor gut einem Jahr wurden erstmals Pläne bekannt, 12,5 Prozent der Anteile an einer neuen Tochtergesellschaft für 20 Jahre zu verkaufen. Dorthin sollten Medienrechte ausgelagert werden, ein Investor sollte für seinen Einstieg zwei Milliarden Euro zahlen. Die Hoheit der 36 Profiklubs sollte unangetastet bleiben. Nach dem Bekanntwerden der Pläne gab es Proteste der Fans, bei der Mitgliederversammlung im Mai verfehlten die Pläne die erforderliche Zweidrittelmehrheit unter den Vereinen.
Im September folgten erste Signale für einen zweiten Anlauf in abgespeckter Form. Der Investor sollte eine Milliarde Euro für eine kleinere Beteiligung zahlen. Am 11. Dezember stimmten 24 der 36 Klubs – also genau zwei Drittel – dafür. Offen ist, ob Hannovers Geschäftsführer, Martin Kind, entgegen der Anweisung des Muttervereins mit Ja gestimmt hat. Die Fanproteste gegen den Beschluss nahmen massiv zu, die DFL verhandelte derweil weiter. Am Mittwoch stoppte das Präsidium die Verhandlungen, da die Mehrheit dafür bröckelte.
2 Wie werden die Fans am kommenden Wochenende reagieren?
Dass die Proteste enden, könne er nicht garantieren, sagte Thomas Kessen, der Sprecher des FanDachverbandes „Unsere Kurve“. „Dieser Protest wurde lokal sehr individuell gestaltet, wurde vorangetrieben, und es gab nicht die zentrale Orchestrierung – dementsprechend gibt es auch keine zentrale Orchestrierung, wie man das jetzt feiert.“Das „eine oder andere lustige Plakat“werde man am Wochenende bestimmt sehen, von weiteren provozierten Unterbrechungen von teils über 30 Minuten geht Kessen aber nicht aus.
Die Position der Fans scheint nach dem Sieg in dieser Machtprobe mit der DFL vorerst gestärkt. Das könnte die organisierten Anhänger bestärken, auch für andere Ziele mit ähnlichen Aktionen in die Konfrontation mit Klubs und LigaChefs zu gehen.
3 Was bedeutet das Ende der Verhandlungen für die DFL-Spitze?
Für die DFL ist dies eine krachende Niederlage. Der Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Joachim Watzke – auch Geschäftsführer von Borussia Dortmund – befürwortete den Einstieg eines Investors, der frisches Geld zur Modernisierung einbringen und die Auslandsvermarktung ankurbeln sollte. Auch die beiden noch relativ neuen DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel hatten ausdrücklich für die Pläne geworben. Der erste Versuch war noch unter ihren Interimsvorgängern Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt) und Oliver Leki (Freiburg) gescheitert.
Vor allem aus der Fanszene gab es massive Kritik an der Ligaführung wegen schlechter Kommunikation und mangelnder Transparenz beim Investorenprozess. Die Frage ist nun, wie sehr die Bosse durch das Scheitern des Projekts beschädigt sind und ob sich das Vertrauen in die DFL-Spitze wieder herstellen lässt.
4 Wie will die Liga nun trotzdem an frisches Geld kommen?
Das bisherige Modell mit einer Minderheitsbeteiligung an einer Tochtergesellschaft ist laut Watzke vom Tisch. „Dieser Prozess ist ad acta gelegt. Wir müssen mal ganz neu anfangen“, sagte der 64-Jährige. Es sollen Gespräche mit den Klubs darüber folgen, auf welchen anderen Wegen frisches Kapital in die Liga fließen könnte.
Klubs könnten zur Finanzierung von Modernisierungsmaßnahmen Schulden machen. Über eigene Kredite wären sie unabhängig von einem Investor. Viele Fans schenkten den Bekundungen der Liga keinen Glauben, wonach ein Geldgeber in entscheidenden Fragen wie Spielplänen oder Anstoßzeiten kein Mitspracherecht bekommen sollte.
5 Droht in weiterer Folge sogar eine Abspaltung der Bundesliga?
Nach der ersten – gescheiterten – Abstimmung wurde die Kluft zwischen großen und kleinen Klubs sehr deutlich, international spielende Branchenführer wie Bayern München und Dortmund fürchteten offen um ihre Wettbewerbsfähigkeit. Die größeren Klubs würden sich „sicherlich auch darüber Gedanken machen, wie es für sie weitergeht“, sagte Watzke im vorigen Mai und fügte hinzu, mit „Solidaritätsthemen“solle ihm „bitte die nächste Zeit niemand mehr“kommen. Die Trennung der Ligen sei aber nur die Ultima Ratio, also das allerletzte Mittel, schränkte Watzke ein. Noch viel heftigere Fanproteste wären erwartbar die Folge eines solchen Schritts.
Bislang werden die Einnahmen des Profifußballs bei den Medienrechten über die Zentralvermarktung der DFL generiert und an die 36 Klubs ausgeschüttet. Geschäftsführer Michael Ströll vom FC Augsburg erklärte nach dem Ende der Verhandlungen nun, der Zusammenschluss der beiden Ligen sei ein großes und wichtiges Gut des deutschen Fußballs. (red./DPA)