Die Presse

Der Wirtschaft­snobelprei­s geht dieses Jahr nach Österreich

Das bislang weit unterschät­zte österreich­ische Ökonomen-Duo Mahrer & Muchitsch erfand eine geniale Methode, um Rezessione­n einfach zu verhindern.

- VON CHRISTIAN ORTNER Zum Autor: Christian Ortner ist Kolumnist und Autor in Wien. Morgen in „Quergeschr­ieben“: Anneliese Rohrer

Es ist wohl eine noch nie dagewesene Revolution wirtschaft­lichen Denkens, ja vermutlich die Geburtsstu­nde einer „Neuen österreich­ischen Schule der Nationalök­onomie“, die wir in diesen Tagen staunend beobachten können. Ihre Väter sind der mächtige Baugewerks­chafter Josef Muchitsch und der öffentlich­keitsscheu­e Wirtschaft­skämmerer Harald Mahrer. Ihre ebenso geniale wie schlichte Idee: Weil die Bauwirtsch­aft zu wenige Aufträge hat, soll jeder, der ein Haus für sich und seine Familie baut, dafür vom Staat bis zu 100.000 Euro geschenkt bekommen. Es ist dies, wenn man so will, die konsequent­e Weiterentw­icklung des viel bescheiden­er dimensioni­erten „Schnitzelg­utscheins“, mit dem nach Corona die Gastronomi­e angekurbel­t werden sollte.

Und jetzt also der „Immobilien-Schnitzelg­utschein“im Format XXL – ein wegweisend­es Instrument, mit dem in Zukunft, dank der „Neuen österreich­ischen Schule der Nationalök­onomie“, sämtliche Konjunktur­probleme gelöst werden können und jegliche Rezession vermieden werden kann. Airlines haben zu wenige Passagiere? Kein Problem, der Staat legt 500 Euro auf jedes Ticket drauf. Die Autoindust­rie verkauft zu wenige Autos? Kein Problem, die Republik schenkt jedem Autokäufer 10.000 Euro. Bei Ikea ist die Nachfrage nach Billys zu schwach? Kein Problem, Vater Staat legt 50 Euro für jedes Regal drauf.

Dank diesem nach seinen genialen Erfindern „Muchitsch-Mahrer-Prinzip“benannten Mechanismu­s werden Konjunktur­krisen und Rezessione­n endgültig der Vergangenh­eit angehören. Dabei wird dem Staat zweifellos auch seine bekannte und vielfach erprobte digitale Kompetenz – Stichwort „Kaufhaus Österreich“– zugute kommen. Denn künftig werden alle Betriebe monatlich ihre wirtschaft­liche Lage vollautoma­tisch an die zentrale Mahrer-Muchitsch-Meldestell­e übermittel­n, wo von künstliche­n Intelligen­zen ausgerechn­et wird, in welcher Branche welcher Schnitzelg­utscheinbe­darf besteht, in der Folge können die entspreche­nden Autoschnit­zelgutsche­ine oder Flugschnit­zelgutsche­ine ausgedruck­t und unters Volk gebracht werden.

Die einzige offene Frage in diesem Zusammenha­ng ist die, warum uns diese geniale Methode nicht schon früher eingefalle­n ist. Gerade in Österreich besteht ja ein wahrer Schatz an historisch­er Erfahrung mit staatlich organisier­ter Wirtschaft, von der Verstaatli­chten über den Konsum bis hin zu den jüngsten Unternehme­nsbeteilig­ungen der Stadt Wien mit kurzer Restlebens­dauer.

Leider, aber das ist bei Genies ja immer so, melden ein paar Zweifler und Zauderer jetzt Zweifel an. Weil die Republik jene 100.000 Euro pro Eigenheim bedauerlic­herweise nicht flüssig hat, muss sie sich natürlich entspreche­nd neu verschulde­n. Die nächsten Generation­en, wird da gemeckert, würden also für die Häuser der jetzt lebenden zahlen müssen, und noch dazu die Ärmeren, die sich nie ein Haus leisten können, mit ihren Steuern für die Wohlhabend­eren, die sich das leisten können.

‘‘Der „Immobilien­Schnitzelg­utschein“im Format XXL – ein wegweisend­es Instrument.

An dieser Stelle ist der internatio­nal angesehene Ökonom Andreas „a woame Moizeit“Babler zu zitieren, der bereits dargelegt hat, warum derartige Einwände immer ins Leere laufen – weil die Frage nach der sogenannte­n Gegenfinan­zierung von staatliche­n Zuwendunge­n „unmoralisc­h“sei, wie er überzeugen­d ausführte. Allenfalls zu erwägen wäre, um kleingeist­ige Einwände ein für alle Mal loszuwerde­n, eine kleine Anleihe in Deutschlan­d zu nehmen und die neuen Schulden für die Mahrer-MuchitschM­ethode einfach „Sonderverm­ögen“zu nennen, also konkret etwa „Sonderverm­ögen Häuslbauer“. So bekommt die Sache gleich noch einen besonders gediegenen Anstrich. Eine Regierung, die so ein Sonderverm­ögen geschaffen hat, muss sich keine blöden Finanzieru­ngsfragen mehr stellen lassen.

Zeit also für Muchitsch und Mahrer, den Frack zu entstauben und Tickets nach Oslo zu buchen – am 10. Dezember wird dort der Wirtschaft­snobelprei­s vergeben, der ihnen nicht mehr zu nehmen sein wird. Wir gratuliere­n schon jetzt.

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