Nach Wien – seiner Bälle wegen
Die Ballsaison hat Rekorde und Erwartungen übertroffen. Ein Grund: Die Zahl der internationalen Gäste ist explodiert.
„Ich bin mit meiner Frau am kommenden Wochenende in Wien und will auf einen Ball gehen“, postete im Jänner ein Franzose auf einer Wien-Plattform. Einiges sei aber offenbar schon ausgebucht : „Gibt es Geheimtipps?“
Ob der Mann noch an Ballkarten kam, ist nicht überliefert. Sicher ist: Er war mit seiner Suche nicht allein. Das internationale Interesse an den Wiener Bällen ist deutlich gestiegen, mehr noch: Die Zahl der Balltouristen ist in den vergangenen Jahren regelrecht explodiert.
Das zeigen aktuelle Daten der Wirtschaftskammer Wien. Die vergangene Ballsaison hat demnach Rekorde gesprengt – und auch die eigenen Erwartungen übertroffen. Rund 560.000 Ballbesucher, mehr als 185 Millionen Euro Umsatz: Prognostiziert worden war von der Wirtschaftskammer um einiges weniger, man rechnete anhand von Umfragen mit rund 520.000 Gästen. Dass es nun doch deutlich mehr wurden, liegt offenbar besonders an den internationalen Gästen.
30.000 Balltouristen waren dieses Jahr in Wien, vor der Pandemie lag diese Zahl bei geschätzten 10.000. „Das war für uns die größte positive Überraschung, dass das Thema Ball jetzt international so angekommen ist“, sagte Markus Grießler, Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Wien, am Freitag vor Journalisten. „Das Erlebnis Ball ist ein Motiv, in die Stadt zu kommen, speziell in den Monaten Jänner und Februar tut das auch der Hotellerie natürlich sehr gut.“Neben einer guten Auslastung bei den Nächtigungen spiele auch das Thema Abendessen eine Rolle: „Bei den Bällen sind die Restaurants der Ringstraßenhotels sehr gut gefüllt.“
„Das gehört auf die Bucket List“
Warum die Zahl der internationalen Gäste so gestiegen ist? „Das ist weniger eine Kampagne, die dahinter steckt, sondern eher die Mundpropaganda und das Gefühl: ‚Das gehört jetzt langsam auch auf meine Bucket List, ich möchte einmal einen wunderbaren Ball in Wien erleben‘“, sagt Grießler. Balltouristen, die ein Mal da waren, würden in der folgenden Ballsaison teils wiederkommen, mitunter zusammen mit Freunden. „Und ich glaube, da werden wir auch in Zukunft noch mit Wachstumsraten rechnen können.“
Für die kommenden Saisonen will Grießler die internationalen Gäste nun auch verstärkt ansprechen. „Hier hat sich ein enormes Potenzial gezeigt, das man mit gezielten Angeboten sicher noch weiter ausbauen kann.“Eine eigene Ballkampagne, die die Menschen auf die Tanzfläche locken soll, ist vorerst zwar nicht geplant. „Aber nachdem Wien ja auch als Filmstadt sehr gut etabliert ist: Wenn es einmal eine Produktion aus Hollywood gibt, in der in irgendeiner Form ein Wiener Ball vorkommt, kann das auch ein Punkt sein, aufgrund dessen die Leute sagen: ‚Das wollen wir uns anschauen.‘“
Die Bälle bringen jedenfalls nicht nur den Ballveranstaltern etwas, wie die Studie zur abgelaufenen Ballsaison zeigt, die die KMUForschung Austria erstellt hat: Durchschnittlich gab jeder Ballbesucher – vom Regenbogenball bis zum Opernball – rund 330 Euro aus (im Vorjahr waren es 320 Euro), die Kosten umfassen die Ballkarte (durchschnittlich 130 Euro) genauso wie das Abendessen vor dem Ball (30 Euro), den Friseur (30 Euro) oder die Garderobe (40 Euro).
Auch mit dem Start der Fastenzeit sind die Bälle übrigens noch nicht definitiv vorbei. Dieses Jahr fanden aufgrund des besonders kurzen Faschings ohnehin mehrere Veranstaltungen erst nach dem Aschermittwoch statt. Und, so Grießler: „Langsam etablieren sich auch die Sommerbälle.“