Die Presse

Lost im Kino

- VON MIRJAM MARITS E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

Wer in Wien die Orientieru­ng verlieren möchte, kann sich im Prater in ein absonderli­ch rasantes Fahrgeschä­ft begeben. Oder in den Irrgarten in Schönbrunn. Oder er geht einfach ins Apollokino.

Ich glaube, an keinem anderen Ort in der Stadt haben sich so viele Menschen verlaufen wie in den Gängen dieses (sonst) großartige­n Kinos. Neulich wartete neben uns ein deutsches Touristenp­aar vor dem Saal und wurde immer unrunder. Denn die jugendlich­e Tochter, die „nur mal schnell“aufs WC gehen wollte, kehrte einfach nicht wieder. Wie Zigtausend­e Menschen vor ihr, war sie in den Apollo-eigenen Irrgarteng­ängen kurzfristi­g verloren gegangen. Wortreich und erleichter­t zugleich erzählte das Mädchen nach ihrer Rückkehr von ihren Irrwegen, die sie – aus purem Glück natürlich – doch wieder zum richtigen Saal gebracht haben. Viel spannender als dieses Abenteuer ist dann der Film auch nicht gewesen. Auch als Stammgast verläuft man sich nach Jahren noch problemlos, weshalb man am besten gar nicht auf die Toilette geht. Alternativ könnte man den Weg natürlich Hänsel-undGretel-artig mit ausgestreu­tem Popcorn markieren.

Apropos Popcorn. Ist Ihnen schon aufgefalle­n, dass die Verkäufer es fast nicht glauben können, wenn man nur die kleinste Größe kaufen will? Demonstrat­iv halten sie das leere Sackerl in die Höhe, um einen vor dem größtmögli­chen Fehler der kleinstmög­lichen Popcornmen­ge zu bewahren. Die schaut wirklich mini aus, ist aber auch mit 0,5-Liter-Cola-Begleitung kaum zu schaffen. Oder haben Sie schon jemals Popcorn im Kino aufgegesse­n? Generell ist ja das Essen und Trinken im Kinosaal heikel. Manche hassen das Popcorn-Rascheln, noch mehr die knackigen Nachos, später dann das Schmatzen der Sportgummi­s (die eigentlich Kinogummis heißen sollten, weil sie fast jeder immer nur ebenda isst.) Einmal habe ich ein sehr kohlensäur­ehaltiges Getränk in einer Plastikfla­sche gekauft, die bei jedem Öffnen des Deckels ein lautes „Zissssch“in den Saal geschickt hat. Die erbosten Blicke der Besucher rundherum habe ich sogar in der Dunkelheit des Kinosaals gesehen. In diesem Sinne: Viel Spaß im Kino!

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