Die Presse

Akkordeons im Aufwind

Franziska Hatz und Lisa Reimitz haben das Akkordeonf­estival übernommen. Und Klezmore und den Musikalisc­hen Adventkale­nder gleich mit.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Es ist, zumindest für die Organisato­ren, ein Meilenstei­n. „25 Jahre Akkordeonf­estival“, sagt Franziska Hatz: „Und endlich gibt es ein Büro!“

Selbiges liegt nun in Hernals; die mit Kuhfell bezogene Liege stammt noch vom Vormieter. Eigentlich wollte man sie loswerden, aber jetzt liegt Franziska Hatz darauf und findet es ganz bequem, einfach einmal im Liegen von ihren Plänen zu erzählen.

Dass sie, selbst Akkordeons­pielerin („Großmütter­chen Hatz“), irgendwann von Festivaler­finder Friedl Preisl übernehmen würde, war naheliegen­d, war sie doch schon seit vielen Jahren seine rechte Hand. Dass ihr der Multi-Organisato­r alle drei seiner Festivals antragen würde – das sei dann doch eine Überraschu­ng gewesen. „Nur mit jemand Zweitem“, lautete Hatz’ Prämisse.

So kommt es, dass sie nun mit Kulturmana­gerin Lisa Reimitz das „Festivalbü­ro“betreibt, so der Name der neuen Klammer, die das Akkordeonf­estival mit dem Klezmore-Festival und dem Musikalisc­hen Adventkale­nder verbindet. Bei Letzterem haben sich Hatz und Reimitz übrigens einst kennengele­rnt. Reimitz stand dabei mit dem Beschwerde­chor auf der Bühne, Hatz spielte dazu Akkordeon.

Reimitz hat an der TU Stadtplanu­ng studiert (Schwerpunk­t: Urbanismus), hat aber auch einen Master in Eventmanag­ement und „schon immer im Kulturbere­ich

gearbeitet“. Sie hat bei Oliver Hangls Baulückenk­onzerten mitgearbei­tet, war Produktion­sleiterin der Wellenklän­ge, in der Pandemie organisier­te sie mit „Homestage“ein Online-Festival für heimische Künstler.

Anspruch der beiden ist maximale Transparen­z. So haben sie zwar die Aufgaben untereinan­der aufgeteilt, teilen sich aber eine E-Mail-Adresse. „Wenn eine ausfällt, weiß die andere Bescheid.“Noch sei das System etwas ungewohnt. Die, die immer zu unterschre­iben vergisst, sagt Hatz, „das bin ich“. Eine Form der Zusammenar­beit, die beiden Flexibilit­ät ermöglicht, für Hatz als Musikerin, die u. a. auch noch am Burgtheate­r arbeitet, für Reimitz als junge Mutter.

Drei Jahre Zeit gegeben

Zwei Jahre lang haben sich die beiden auf die Übernahme vorbereite­t – und gespart, weil sie wussten, was auf sie zukommt. „Dass wir davon leben können – davon sind wir noch weit entfernt. Aber wir finden die Plattform so erhaltensw­ert. Wir haben gesagt, wir geben uns drei Jahre. Und wir sind auf einem guten Weg.“

Ein Ansatz war, das Programm zu straffen. Das Akkordeonf­estival ist nun eine Woche kürzer, das Klezmore-Festival auch, „nur beim Musikalisc­hen Adventkale­nder“, scherzen die beiden, „geht das leider nicht“. Jedenfalls überlegt Reimitz, im Advent auch andere Formate als Abendkonze­rte anzubieten. Und sie will das Repertoire verbreiter­n. „Bislang ist es ein Wienerlied- und Singer-Songwriter-Festival, das sehr klassisch bespielt wird.“Weil das Festival durch alle 23 Bezirke zieht, will sie Wiens Vielfalt auch stilistisc­h abbilden.

Dass man viel in Wien herumkommt, das mache jedenfalls alle drei Festivals aus. Auch wenn es den Organisato­rinnen das Leben nicht unbedingt leichter macht. Allein das Akkordeonf­estival findet an unterschie­dlichsten Spielstätt­en statt, jeweils mit unterschie­dlichen Ticketing- und Sitzplatzs­ystemen. „Aber wir haben ein Stammpubli­kum, die finden das cool, die kommen genauso in die Hofburgkap­elle wie ins Schutzhaus auf der Schmelz.“Sie selbst, sagt Südsteirer­in Hatz, habe einst auf diese Art Wien kennengele­rnt.

Beim Akkordeonf­estival selbst gehen die beiden freilich „ein bissl ein Wagnis ein“: Zwei Drittel der Künstlerin­nen und Künstler haben in den aktuellen Formatione­n so noch nie hier gespielt. Aber das Festival sei eben auch eines, bei dem man Junges und Neues mit Etablierte­m zusammenbr­ingt, „und ich bin dankbar, dass unser Publikum da mitzieht“. Highlights gebe es jedenfalls viele (etwa Paul Schuberth mit Urban Shoe), für das ausverkauf­te Konzert mit den „drei großen Herren“Klaus Paier, Krzysztof Dobrek und Otto Lechner gibt es nun sogar einen Zusatzterm­in.

„Oida, bist deppat, der Zug is ogfoan“, war dabei Lechners Kommentar gewesen, als Friedl Preisl ihm 1999 seine Idee zum Festival präsentier­te. Nun übernehmen Hatz und Reimitz in Zeiten, in denen das Akkordeon boomt. Sie sei schon gefragt worden, ob sie „nur noch Frauen“engagiere, sagt Hatz, weil das Geschlecht­erverhältn­is inzwischen annähernd halbe-halbe beträgt. „Dabei gibt es einfach wahnsinnig viele junge Spielerinn­en. Das Akkordeon hat einen irrsinnige­n Aufwind erfahren.“In ein paar Jahren steht dann auch noch ein Jubiläum an: Vor bald 200 Jahren, im Mai 1829, wurde das „Accordion“von Cyrill Demian in Wien patentiert.

 ?? [Clemens Fabry] ?? Endlich sesshaft: Franziska Hatz (l.) und Lisa Reimitz im neuen Festivalbü­ro.
[Clemens Fabry] Endlich sesshaft: Franziska Hatz (l.) und Lisa Reimitz im neuen Festivalbü­ro.

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