Sonne und Sherry, die Rohstoffe der Stadt
Berühmt ist das andalusische Jerez de la Frontera nicht bloß für seinen Likörwein. Der Stolz der Stadt sind die Pferde. Das Flamencofestival ist eine große Nummer. Frühling ganz im Süden.
Jerez de la Frontera – wer von dieser Stadt in Spaniens südwestlichster Ecke spricht, hat ein seltsames Glitzern in den Augen und reagiert mit Verwunderung, wenn man ihn nach dem Grund dafür fragt: „Candocheo“lautet die Antwort.
In Andalusien ist sie ganzjährig zu spüren, diese sprichwörtliche Freude am Leben. Doch für durchgefrorene Mitteleuropäer wird sie vor allem am Ende eines langen Winters zum Heilmittel gegen Trübsal, Kältefrust und allzu große Ernsthaftigkeit. Noch vor dem ersten Augenaufschlag ist die südspanische Leichtigkeit fühlbar. Sie ist mit den Geräuschen des Morgens ins Zimmer geschlüpft. Mit der Stimme der Obstverkäuferin, die ihre reifen Erdbeeren anpreist, mit dem Lachen des Lotterieverkäufers, der die besten Gewinnchancen verspricht, und mit der Brise, die nach Meer riecht, obschon die Küste gut zwölf Kilometer entfernt liegt.
Feine Tapas
Es ist gerade erst Ende Februar, doch mit kräftig goldgelben Farben täuscht die Sonne den Sommer vor und strengt sich mächtig an, um zu wärmen. Schon servieren die Wirte ihre Tapas draußen. Frittierter Tintenfisch, marinierte Sardellen und überbackene Miesmuscheln werden in der Mittagssonne von fetttriefendem Papier gegessen. Und Café con leche, Milchkaffee, in der Frühlingssonne von Jerez so vollkommen anders als zu Hause.
Die Fassaden der niedrigen Häuser leuchten wie Bernstein und Honig – die Farben von jungem dem Vino de Jerez. Die Lagerhallen der Bodegas drängen sich im Zentrum der Stadt zwischen all den Tapasbars, der arabischen Festung aus dem elften Jahrhundert und den Villen des anschmeckt dalusischen Adels. Sonne und Sherry – das sind die bedeutendsten Rohstoffe der Stadt, die lange von Mauren und Christen umkämpft war (worauf der Namenszusatz „de la Frontera“, hinter der Grenze, hindeutet).
Viele Ausbaustufen
In den riesigen Weinkellern von Unternehmen wie Sandemann, Osborne, Domecq und González Byass schreiten Besucher ehrfurchtsvoll ganze Straßenzüge alter Eichenfässer ab. In mehreren Reihen übereinander gestapelt verraten geheimnisvolle Kreidezeichen nur dem erfahrenen Kellermeister den Reifegrad des Weines. Strohfarben ist der trockene Fino. Zu Tapas trinken die Spanier am liebsten frischen Manzanillas. Besonders süß schmecken ein Cream und Pale Cream, würzig hingegen der dunkle Oloroso – egal, jede SherrySorte berauscht.
Aber auch ohne Alkohol ist ganz Jerez trunken, angefüllt vom allgegenwärtigen Duft der Bitterorangen und Zitronen und von den Farben von Jacarandabäumen, Oleander und Jasmin.
Starke Emotionen
Ringsum blüht und knospt es in Jerez. Bougainvilleen machen sich bereit, in Kaskaden von den Balkonen zu strömen. Palmenumsäumte Alleen führen zur mächtigen Kathedrale. Kolossale Reiterstandbilder schmücken die Mitte vieler Plazas, und überall machen Plakate auf das „Jerez Festival“aufmerkSherry,