„Mitarbeiter sind der Erfolgsfaktor“
Barbara Tscheliessnigg zeichnet für Personal, IT, Projekt- und Prozessmanagement bei Neuroth verantwortlich. Mitmenschen zu motivieren gelingt ihr nicht nur als Fitnesstrainerin.
Den Steirern sagt man nicht ohne Grund einen gewissen Tatendrang nach. Die Menschen wollen anpacken, etwas bewirken. So auch Barbara Tscheliessnigg. Ebendies sei für sie auch der Grund gewesen, vor rund elf Jahren in die international tätige Neuroth-Gruppe einzusteigen. „Hier hab ich gemerkt, dass ich mitgestalten kann. Ich darf neue Herangehensweisen vorschlagen, mit denen ich auf positive Resonanz stoße. Anstatt auf Ignoranz“, wie sie sagt. Die 40-Jährige engagiert sich neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit als COO auch im Fitnessstudio. Dort leitet sie als Trainerin Gruppenkurse.
Mit dem Wunsch, mental und körperlich gesund zu bleiben, stoßen die Mitarbeitenden bei Neuroth auf offene Ohren. So gibt es nicht nur Online-Sportkurse, sondern auch eine eigens eingerichtete Rufnummer, die den rund 70 Beschäftigten die Chance geben soll, offen zu sprechen. Das ist der gebürtigen Grazerin in ihrer ersten Führungsrolle ebenfalls besonders wichtig. In ihrem engsten Team verwendet sie den Hashtag #freischnauze, um zu demonstrieren, dass der offene und ehrliche Austausch untereinander Priorität hat. „Fehler zu machen, Rückschlage zu verarbeiten. Das ist alles kein Problem, solange wir darüber sprechen können“, sagt sie. Für Anliegen sei sie dementsprechend ganz Ohr.
Die Welt wird immer lauter
Apropos Anliegen. Auch das Familienunternehmen, heute von Lukas Schinko geführt, setze verstärkt auf flexible Arbeitszeiten (außer im stationären Handel), darunter das Modell der Viertagewoche. Nicht flächendeckend, sondern auf individuellen Bedarf angepasst. Individuelle Anpassung wird dementsprechend nicht nur im Verkauf gewährleistet. „Der Sinn dahinter, in die Arbeit zu kommen, liegt auf der Hand. Sinn trifft auf (Hör-)Sinn sozusagen. Unsere Mitarbeiter tragen zur Gesundheit der Bevölkerung bei, sie sind unser Erfolgsfaktor“, so
Tscheliessnigg. Deshalb sei ihr im Recruiting auch wichtiger, die Motivation zu spüren, als durch fachliche Kompetenzen zu brillieren.
Sich durch besondere Leistung auszuzeichnen, darin hat die studierte Wirtschaftsinformatikerin, auch durch ihre Zeit beim Automobilhersteller Magna Steyr, bereits Erfahrung. Selbst in der dortigen Männerdomäne übernahm sie die globale Projektleitung für ein Lieferantenportal. Sie habe sich generell nie die Frage gestellt, ob Frauen in die IT passen. Mit ihrem Einstieg beim Hörakustiker sei das sowieso „nie ein Thema gewesen“, wie sie sagt, auch, weil die Gruppe von einer Frau gegründet wurde.
1907 eröffnete Paula Neuroth, die selbst von einer Hörminderung betroffen war, das „erste Spezialhaus für Schwerhörigenapparate“, um anderen Betroffenen mehr Lebensqualität zu schenken. „Sie dient definitiv als Vorbild, für mich und auch in der Kollegenschaft. Es gibt sogar ein Maskottchen, Paula auf Reisen, in dem Briefe, Beschwerden und Anregungen anonym gesammelt werden.“Auf dieser Reise lässt sie durchaus weite Strecken hinter sich. Denn mittlerweile ist die Neuroth-Gruppe mit rund 280 Fachinstituten und rund 1300 Mitarbeitenden in acht Ländern vertreten, darunter Deutschland, die Schweiz und Kroatien.
Das Unternehmen mit Sitz in Graz ist im Geschäftsjahr 2022/23 kräftig gewachsen: Die Umsatzsteigerung um 16 Prozent auf 167 Millionen
Euro sei weniger auf Preissteigerungen zurückzuführen als auf höhere Verkaufszahlen und eine Reihe neuer Standorte in der Schweiz und in Südosteuropa, heißt es in einer Aussendung. Denn der Bedarf sowie auch der Kundenstamm, beides ist im Steigen begriffen. Allein in Österreich hören 1,7 Millionen Menschen weniger, als sie sollten.
Ein Kopf, der viele Hüte trägt
Zurück zur IT- und HR-Chefin. Sie ist davon überzeugt, dass sich diese Bereiche gut ergänzen, schließlich „soll die Maschine alles machen können, was dem Menschen lästig ist“. So entstehen im Supplycenter, das sich im steirischen Lebring befindet, beispielweise die angepassten Hörgeräte und Gehörschutzlösungen im 3-D-Druckverfahren. Außerdem brauche es zwischen Mensch und Maschine immer die Stelle der Transkription. Für die Übersetzung sind ihre Teams zuständig, sie machen die Leistung sicht- und hörbar.