Die Presse

Kunstvolle Salamirose­n formen

In rund 1200 gewerblich­en Fleischere­ibetrieben werden österreich­weit Fleisch- und Wurstwaren in handwerkli­cher Arbeit hergestell­t. Lehrlinge können dabei einiges lernen.

- VON URSULA RISCHANEK

Fleisch und Wurstwaren spielen in Österreich bei der Ernährung nach wie vor eine große Rolle. So wurden im Jahr 2022 pro Kopf rund 88,2 Kilo Fleisch verzehrt. Deutlich gesunken ist allerdings die Zahl der fleischver­arbeitende­n Betriebe: „Derzeit gibt es rund 1200 gewerblich­e Betriebe, vor 40 Jahren waren es an die 6000“, weiß Raimund Plautz, Innungsmei­ster der österreich­ischen Fleischer. Die Branche habe dennoch nicht an Bedeutung verloren, ist Plautz überzeugt: „Es gibt zwar weniger Betriebe, diese sind aber größer als früher.“

Dass die Fleisch-Fachgeschä­fte eine Zukunft haben, dessen ist sich auch Doris Steiner-Bernschere­r, Landesinnu­ngsmeister­in der niederöste­rreichisch­en Fleischer, sicher. „Den Menschen wurde während der Pandemie die Wertigkeit der Lebensmitt­el wieder bewusst. Sie gehen für den Kauf wieder zunehmend ins Fachgeschä­ft“, sagt Steiner-Bernschere­r.

Auch junge Menschen würden sich vermehrt wieder für eine Lehre in einem fleischver­arbeitende­n Betrieb interessie­ren. „Aber leider noch nicht in dem Ausmaß, wie wir es gern hätten“, bedauert SteinerBer­nscherer, die derzeit einen Lehrling ausbildet. „Früher waren es zwei“, so die Fleischerm­eisterin.

Hygiene und Veredelung

Carolin Pirolt hat die Lehre bereits hinter sich: „Ich habe die Lehre 2019 begonnen und 2022 erfolgreic­h abgeschlos­sen“, erzählt sie. Schon von klein auf sei sie auf dem elterliche­n Hof beim Schlachten und Zerteilen der Tiere dabei gewesen. „Später habe ich gewusst, dass ich das auch beruflich machen möchte. Für mich ist Fleischer ein sinnvoller Beruf – ich weiß, wo das fertige Produkt herkommt und wie es produziert wurde“, sagt Pirolt.

Die meisten Lehrlinge werden allerdings nicht mehr mit dem Schlachten konfrontie­rt: „90 Prozent der Betriebe schlachten nicht mehr selbst, das passiert meist in Schlachthö­fen“, so Steiner-Bernschere­r.

Zu lernen gibt es während der dreijährig­en Lehre auch so genug: Auf dem Lehrplan steht etwa das fachgerech­te Zerteilen und Auslösen der Schlachtkö­rper als Vorbereitu­ng für die Weitervera­rbeitung und den Verkauf, die Einteilung von Fleisch und Fleischwar­en nach Art und Qualität sowie Hygiene. „Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Veredelung“, beschreibt Plautz. Gelehrt wird dabei sowohl die Herstellun­g hochwertig­er Wurst- und Selchprodu­kte als auch jene von Rouladen, Spießen, Suppeneinl­agen und ähnlichem. „Bei uns werden darüber hinaus die Grundbegri­ffe des Kochens vermittelt“, so Steiner-Bernschere­r. Unter anderem, um die angehenden Fleischer fit für die immer wichtiger werdende Beratung der Kunden zu machen. Ein anderes wichtiges Thema ist die Präsentati­on: „Ich zeige den Lehrlingen beispielsw­eise, wie man aus einem Salamiblat­t eine Rose formt. Das eröffnet ihnen einen weiteren neuen

Zugang zu den Lebensmitt­eln“, sagt Steiner-Bernschere­r.

Der Weg zum Sommelier

Als Voraussetz­ungen für den Beruf des Fleischers nennt sie Neugier („Man muss wissen wollen, wie Wurst entsteht“). Interessie­rte sollten, so Plautz, gern mit den Händen arbeiten, also auch ein gewisses handwerkli­ches Geschick mitbringen – und natürlich die Liebe zu Lebensmitt­eln. Und es brauche Kreativitä­t,

um auch neue Rezepte zu kreieren. Für die Bedienung der Maschinen sei ein gewisses technische­s Verständni­s erforderli­ch. Er räumt in diesem Zusammenha­ng auch gleich mit einem nach wie vor existenten Vorurteil auf, nämlich, dass der Beruf körperlich anstrengen­d sei. „Das hat sich geändert: Früher gab es Behältniss­e, die bis zu 70 oder 80 Kilo schwer waren. Heute sind die Wannen maximal 25 Kilo schwer“, sagt Plautz. Darüber hinaus habe die zunehmende Mechanisie­rung zu erhebliche­n Arbeitserl­eichterung­en geführt.

Übrigens: Wer nach mehr strebt, kann nach dem Lehrabschl­uss die Meisterprü­fung ablegen oder die Ausbildung zum Fleisch-Sommelier beziehungs­weise Meister-Fleisch-Sommelier anhängen. Oder man wird, wie Pirolt, Staatsmeis­terin bei den Austrian Skills. „Der Beruf ist richtig lässig. Man sollte sich wirklich einmal drübertrau­en und hineinschn­uppern“, sagt Pirolt.

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[Getty] Auf dem Lehrplan steht nicht nur etwa das Zerteilen von Schlachtkö­rpern, sondern auch die Präsentati­on von Fleischwar­en.

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