Festwochen: Milo Rau spielt Revolution
Bei der Pressekonferenz am 1. März im Hotel Imperial soll die „Freie Republik Wien“erklärt werden.
„Wir schulden der Welt eine Revolution“: Unter diesem Motto kündigt der neue Festwochen-Intendant, der Schweizer Theatermacher Milo Rau, seine erste Programmpressekonferenz an. „Inmitten eines entscheidenden Wahljahrs“, steht in seiner Aussendung, „erklären sich die Wiener Festwochen zur Freien Republik Wien und machen sie zum ersten Festival mit eigener Hymne, Fahne und revolutionären Institutionen“; sie sollen sich „gemeinsam mit dem Publikum und mehreren Nobelpreisträger:innen eine eigene Verfassung“geben.
Rau stellt die Festwochen (von 17. Mai bis 23. Juni) in die Tradition der Pariser Kommune, die im März 1871 ausgerufen wurde, um Paris – gegen den Willen der konservativen Zentralregierung – sozialistisch zu verwalten, wobei auch die Pressefreiheit aufgehoben wurde. Wer in den „revolutionären Institutionen“der Wiener Festwochen sitzen soll, ist noch unbekannt, gerüchtehalber soll der antikapitalistische Schweizer Soziologe Jean Ziegler, ein Vorbild Raus, darunter sein.
„Politischer Widerstand“
Just in dieser Tradition möchte Rau Wien „im Frühling in die Welthauptstadt einer zweiten Moderne verwandeln“, in einen „Ort der Debatten, Veranstaltungen und Feiern, an dem soziale Bewegungen auf Intellektuelle und Künstler:innen treffen, um Alternativen für eine gemeinsame Zukunft zu entwerfen“. Dabei soll „politischer Widerstand mit künstlerischer Virtuosität verschmelzen“. Wogegen sich der Widerstand richten soll – gegen die SP-dominierte Stadtregierung oder gegen die schwarz-grüne Koalition –, wird man wohl erst erfahren. Kryptisch wirkt auch die Ankündigung von „Wiener Prozessen“, „in denen Politik, Medien, radikale Aktivist:innen und die Kunstszene zur Verantwortung gezogen werden“sollen.
Geplant ist offenbar ein Auftritt von Pussy Riot, als Musikkurator wird der Kärntner Pop-Schlager-Musiker Fuzzman genannt. Bereits angekündigt wurden Raus Inszenierung von „La clemenza di Tito“, eine feministische „Hamlet“-Variation von Christiane Jatahy, eine Oper der Performancekünstlerin Florentina Holzinger und das „Kaddish Requiem Babyn Jar“des ukrainischen Komponisten Jevhen Stankovych, dirigiert von der ukrainischen Dirigentin Oksana Lyniv. Brittens „War Requiem“wurde nach Protesten gegen den Dirigenten Teodor Currentzis bereits wieder abgesagt. (tk)