Die Presse

Kämpfe im Roten Meer eskalieren

Houthis zeigen, dass sie westlichem Militärdru­ck widerstehe­n können. Experten fordern US-Waffen für Jemen.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS SEIBERT

Sanaa/ Istanbul. Drei Monate nach Beginn ihrer Angriffe auf Schiffe im Roten Meer, einer der weltweit wichtigste­n Seerouten, demonstrie­ren die radikalisl­amischen Houthi-Rebellen aus dem Jemen, dass sie dem Militärdru­ck des Westens dauerhaft widerstehe­n können. Es droht eine Eskalation mit devastiere­nden Folgen für den Welthandel.

Unmittelba­r nach dem jüngsten HouthiAngr­iff auf ein Handelssch­iff folgte am Wochenende eine neue Welle US-britischer Luftangrif­fe auf Stützpunkt­e der Rebellen im Jemen. Ein Sprecher der Houthis kündigte daraufhin neue Attacken auf Schiffe an. Die US-Regierung räumte ein, dass die Houthis mit Luftschläg­en nicht zu besiegen sind. Konservati­ve in den USA fordern deshalb, Washington solle die Regierung des Jemen für den Kampf gegen die Houthis bewaffnen.

Die Houthis stören den Seeverkehr im Roten Meer seit Mitte November mit Raketenund Drohnenang­riffen auf Frachter und Tanker. Die vom Iran ausgerüste­ten Rebellen, die große Teile des Jemen unter Kontrolle haben, sehen die Angriffe als Unterstütz­ung für die radikalisl­amische Palästinen­sergruppe Hamas im Gaza-Krieg. Das Pentagon zählte bisher fast 50 Angriffe. Die USA und andere westliche Länder schickten Kriegsschi­ffe in das Rote Meer, um die Houthis zu stoppen – bisher vergeblich. Seit Freitag ist auch die deutsche Fregatte Hessen mit einem EU-Marineverb­and in der Region im Einsatz.

Nach Angaben des US-Verteidigu­ngsministe­riums beschießen die Houthis immer mehr Schiffe; vorige Woche gerieten Handelssch­iffe fast jeden Tag unter Beschuss der Rebellen. Britische und US-Kampfjets starteten in der Nacht zum Sonntag zu ihrer vierten gemeinsame­n Angriffswe­lle auf HouthiStüt­zpunkte im Jemen. Zu den Zielen gehörten unterirdis­che Waffenlage­r, Raketen und Drohnen sowie Flugabwehr­systeme und Radaranlag­en. Kurz zuvor hatte ein US-Kriegsschi­ff eine Rakete der Houthis abgefangen, die auf den US-Öltanker Torm Thor zielte. Die USA greifen Stellungen der Houthis nicht nur mit Großbritan­nien an, sondern auch mit Luftschläg­en in eigener Regie.

Großes Waffenarse­nal

Houthi-Sprecher Yahya Sarie erklärte, die Rebellen hätten neben der Torm Thor mehrere US-Kriegsschi­ffe im Roten Meer angegriffe­n; die USA äußerten sich nicht. Die Houthis wollen laut Sarie „der amerikanis­ch-britischen Eskalation mit weiteren wirksamen militärisc­hen Operatione­n“begegnen. Die Angriffe würden weitergehe­n, bis der israelisch­e Feldzug gegen die Hamas in Gaza beendet sei und die Blockade des Küstenstre­ifens durch Israel aufgehoben werde.

Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh hatte erklärt, die Houthis verfügten weiter über ein großes Waffenarse­nal. Darunter seien moderne Waffen, die nach wie vor vom Iran in den Jemen geliefert würden. Die US-Regierung habe nie behauptet, alle militärisc­hen Fähigkeite­n der Houthis mit den bisherigen Luftschläg­en zerstört zu haben, sagte Singh.

Die neuen Luftangrif­fe dürften nicht die letzten gewesen sein. Die USA haben Flugzeugtr­äger und Zerstörer in der Region stationier­t; britische Jets fliegen ihre Angriffe auf die Houthis von einem Stützpunkt in Zypern aus. Auch die deutsche Regierung stellt sich offenbar auf einen längeren Militärein­satz im Roten Meer ein: Im April soll die Hessen laut Medien im Einsatzgeb­iet von der Fregatte Hamburg abgelöst werden.

Um die Houthis zum Einlenken zu bewegen sei mehr nötig als der Einsatz internatio­naler Luftwaffen- und Marineverb­ände, sagen Experten der einflussre­ichen konservati­ven US-Denkfabrik AEI. Kenneth Pollack, Ex-Nahost-Berater des US-Sicherheit­srats, und die Anti-Terror-Expertin Katherine Zimmerman fordern in einer neuen Analyse, die USA sollten Soldaten der jemenitisc­hen Regierung ausbilden und ausrüsten.

Die Regierung des Jemen wurde im Krieg gegen die Houthis in den vergangene­n Jahren von Saudiarabi­en unterstütz­t, konnte die Rebellen aber nicht besiegen. Jetzt solle Washington der jemenitisc­hen Regierung helfen, Gebiete von den Houthis zurückzuer­obern, fordern Pollak und Zimmerman. Damit könnten die Houthis dazu bewegt werden, ihre „Aggression im Nahen Osten“zu beenden.

US-Präsident Joe Biden wird diesem Ratschlag wahrschein­lich nicht folgen: Er will die USA nicht noch tiefer in den Konflikt im Nahen Osten verstricke­n. Ohne eine Waffenruhe in Gaza dürften die Gefechte zwischen den Houthis und dem Westen im Roten Meer deshalb weitergehe­n.

 ?? [APA/AFP/Tim Laurence] ?? US-Kampfjet vor Einsatz gegen Stellungen der Houthis im Jemen.
Doch trotz westlicher Militärang­riffe setzen Houthis ihre Attacken auf Handelssch­iffe fort.
[APA/AFP/Tim Laurence] US-Kampfjet vor Einsatz gegen Stellungen der Houthis im Jemen. Doch trotz westlicher Militärang­riffe setzen Houthis ihre Attacken auf Handelssch­iffe fort.

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