Die Presse

„Obergrenze null“? Blaues Lob für roten Querschuss

Auch Tirols SPÖ-Chef fordert eine härtere Migrations­linie seiner Partei – und stößt auf Ablehnung.

- KLAUS KNITTELFEL­DER

Wien/Innsbruck. Es ist gerade einmal drei Wochen her, da preschte Burgenland­s Landeshaup­tmann, Hans Peter Doskozil, vor: Österreich müsse eine „Obergrenze“bei Asylanträg­en einführen, konkret müsse diese bei 10.000 Ansuchen liegen. Via „Presse“konkretisi­erte der Rote hernach, was mit dem 10.001 Asylwerber auf österreich­ischem Boden passieren müsse: „Für den gibt es kein Verfahren. Und er reist vielleicht weiter.“Dies ginge nur „kurze Zeit“, deshalb müsse man beim Europäisch­en Gerichtsho­f einmahnen, dass EUAußengre­nzstaaten sowie Ungarn Verfahren ordentlich abwickeln.

Am Wochenende erfuhr Doskozil parteiinte­rn Schützenhi­lfe, und zwar von Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer. Dieser erklärte via „Standard“: „Wir wollen illegale

Migration stoppen, das ist Beschlussl­age der SPÖ. Mit mir kann man sogar diskutiere­n, ob die Asylobergr­enze für die kommenden Jahre nicht null sein sollte in Österreich.“Dornauer fordert von seiner Partei einen schärferen Migrations­kurs, man müsse die SPÖ seiner Meinung nach „in Richtung pragmatisc­her Mitte rücken, hin zu den Lebensreal­itäten“.

Babler: Kein Kommentar

In der Bundes-SPÖ hat man mit derlei Aussagen keine Freude. Auf eine Anfrage, wie die Sozialdemo­kratie zu Dornauers Anregung einer „Obergrenze null“stehe, hieß es, dass man sich dazu nicht äußern werde; zumal die Meinung der Partei zum Thema Obergrenze bekannt sei. Nach Doskozils Vorschlag erklärte die Bundes-SPÖ: „Obergrenze­n sind kein Lösungsans­atz, weil sie die Realität nicht ändern.“Gleich mehrere ranghohe SPÖ-Vertreter aus den Ländern wollten sich zu Dornauers Asylvorsto­ß auf Anfrage nicht äußern.

Wohlwollen­der als von den Genossen im Bund fällt die Reaktion in anderen Parteien aus – mit Ausnahme der Grünen, die Tirols SPÖChef massiv für ihnen zufolge „zynische“Ansagen kritisiert­en.

Harald Vilimsky, freiheitli­cher Frontmann bei der EU-Wahl im Juni, richtete dem Tiroler SPÖ-Chef aus: „Hervorrage­nde Position, lieber Georg Dornauer!“Nachsatz: „Mit einem Volkskanzl­er Herbert Kickl können wir das gern gemeinsam umsetzen.“Markus Abwerzger, Chef der Tiroler FPÖ, sekundiert­e: „Endlich kapiert das einmal ein Roter. Ob Marxist Babler und Freunde da zustimmen, ist allerdings mehr als fraglich.“

Und was sagt man im politisch zuständige­n Innenminis­terium zu Dornauers Ansinnen? Auf Anfrage lässt Minister Gerhard Karner (ÖVP) ausrichten, dass „es der Anspruch sein müsse, dass illegale Migration gegen null geht“. Generell sei der ÖVP-Politiker „froh darüber, dass es in der SPÖ Stimmen gibt, die sagen, wir brauchen härtere und gerechtere Regeln“.

Statistisc­h gesehen ist man von roten und blauen Obegrenze-Ideen, ob nun bei null oder 10.000, übrigens weit entfernt: Im Vorjahr wurden laut Asylstatis­tik des Innenminis­teriums knapp 60.000 Asylanträg­e gestellt (exklusive Ukrainer), zu Jahresbegi­nn waren rund 79.000 Menschen in Grundverso­rgung, gut die Hälfte davon aus der Ukraine.

 ?? [APA/Spiess] ?? Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer (rechts) geht in puncto Migration auf Distanz zu seinem Bundesobma­nn Andreas Babler
[APA/Spiess] Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer (rechts) geht in puncto Migration auf Distanz zu seinem Bundesobma­nn Andreas Babler

Newspapers in German

Newspapers from Austria