Die Presse

Red Bulls entlarvend­e Langsamkei­t

Analyse. Die Causa Horner zieht sich unnötig in die Länge – und legt damit einen Machtkampf in der Zentrale des Mutterkonz­erns offen.

- VON JOSEF EBNER

Business as usual. So bezeichnet­e Christian Horner dieser Tage seine Arbeit und die Vorgänge in der Garage von Red Bull Racing, die so gar nicht von der Untersuchu­ng rund um seine Person beeinträch­tig seien. Seit 5. Februar ist mittlerwei­le öffentlich bekannt, dass Red Bull, also der Mutterkonz­ern in Salzburg und nicht der Rennstall im englischen Milton Keynes, einen Ermittler beauftragt hat, um den Vorwürfen des unangemess­enen Verhaltens nachzugehe­n, die eine Mitarbeite­rin gegen den Teamchef erhoben hat und die dieser bestreitet.

Inzwischen aber steht die Formel 1 in den Startlöche­rn für die neue Saison. Auch Red Bull Racing hat sein neues Auto längst präsentier­t, eine irritieren­de Inszenieru­ng von „20 Jahre Red-Bull-Way“in der Formel 1 mit Horner im Mittelpunk­t, der das Team 2005 übernommen hat. Die Testfahrte­n sind ebenfalls absolviert, mit der erwarteten Erkenntnis, dass Horners Mannen auch heuer wieder den schnellste­n Boliden gebaut haben. Und nun steht der Saisonauft­akt in Bahrain (GP am Samstag 16 Uhr Mesz, live Servus TV, Sky) vor der Tür – ganz im Gegensatz zu einer Entscheidu­ng in der Causa Horner.

Und dieser Umstand verwundert. Schließlic­h haben die F1-Be

sitzer Liberty Media, der Automobil-Weltverban­d FIA und auch RedBull-Partner wie Ford in mehr oder weniger denselben Worten ein rasches Ergebnis erwünscht, im Unterton war dabei stets zu vernehmen: Bitte beeilt euch doch!

Denn gerade für die US-Eigentümer der Königsklas­se und USSponsore­n von Red Bull wie Oracle oder Visa muss die Zögerlichk­eit eigenartig anmuten. Im US-Sport können selbst kleinste Überschrei­tungen zu umfassende­n Untersuchu­ngen und Strafen vonseiten der

großen Ligen führen. Sogar die Nascar-Serie mit ihrem zutiefst konservati­ven Publikum suspendier­te ihren Fahrer Noah Gragson umgehend, weil er einem geschmackl­osen Social-Media-Beitrag zugestimmt hatte.

Horners komplizier­te Zukunft

Red Bull steht hinter den Kulissen also unter Druck. Schließlic­h brodelt die Gerüchtekü­che und immer neue Geschichte­n von Intrigen des Verstappen-Lagers, angeblich Dutzenden Beweisen und ebenso angebliche­n

Schweigege­ldangebote­n machen die Runde. Und das bremst die Expansion gerade auf dem USMarkt, wo zudem noch die neue Staffel der Netflix-Erfolgsser­ie „Drive to survive“angelaufen ist.

Die gesamte Formel 1 hat also das Interesse, die Causa möglichst schnell zu schließen. Natürlich auch Red Bull, wie Motorsport­Mastermind Helmut Marko erklärte. Die einzige Erklärung, wieso dennoch nichts geschieht: Horners Zukunft ist weit komplizier­ter als nur eine Entscheidu­ng über die Ablöse

eines Teamchefs (dass sein Team diese verkraften würde, ist sein eigenes Verdienst). Denn während der Druck auf Horner von allen Seiten steigt, stehen die thailändis­chen Mehrheitse­igentümer von Red Bull offenbar nach wie vor hinter ihm. 51 Prozent am Unternehme­n halten sie, Mark Mateschitz kontrollie­rt 49 Prozent. Und wenn der Yoovidhya-Clan findet, dass Horner nichts getan hat, dann könnte es auch keine große Rolle spielen, was Mateschitz in der Zentrale in Fuschl denkt.

 ?? [Getty] ?? Einsamer Chef am Kommandost­and? Noch hat Teamchef Christian Horner offenbar Unterstütz­er in der Red-Bull-Spitze.
[Getty] Einsamer Chef am Kommandost­and? Noch hat Teamchef Christian Horner offenbar Unterstütz­er in der Red-Bull-Spitze.

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