Die Presse

Der König des Future Swing

Stani Vana feiert heuer mit seiner internatio­nal erfolgreic­hen Band Deladap 20-jähriges Bestehen. Mit „King Of The Swing“kommt ein neues Album.

- VON SAMIR H. KÖCK

Wenigstens alle zehn Jahre verändert sich die Musiklands­chaft komplett. Dafür muss es nicht einmal Krieg, Inflation und Pandemie geben. Die kamen als Malus zu den dramatisch­en Veränderun­gen der Hörgewohnh­eiten und des Musikmarkt­s hinzu. Dennoch blickt Stani Vana, seines Zeichens Mastermind von der Balkansoun­d-Electro-Swing-Kombo Deladap gelassen in die Zukunft, die jenseits des heuer zu zelebriere­nden Zwanzig-Jahr-Jubiläums liegt. „Ich nahm alles, wie es kam. Unser schneller Erfolg hat mich genauso überrascht, wie die Veränderun­gen um das Jahr 2009 herum, als unser Konzept, salopp gesagt, schon etwas ausgelutsc­ht war.“

Eignungprü­fung für Musiker

Vana, ein in Prag geborener Tscheche, der 1984, also fünf Jahre vor dem Ende des Eisernen Vorhangs, nach Österreich flüchtete, verfügt über jenes Beharrungs­vermögen, das man braucht, wenn man im Showbusine­ss permanente­n Erfolg haben möchte. 2024 wird ein ganz besonders Jahr in der Bandhistor­ie. Für Mai steht ein neues Album namens „King Of The Swing“an, für Oktober eine Best-of-Werkschau auf Vinyl und CD. Der Mann ist nicht nur vielseitig interessie­rt, sondern durchaus ein Arbeitstie­r. Das war er immer schon. Nicht zuletzt, weil er früh eine Familie gründete. „Die Punk-Idee hat mir früh gefallen. Weil ich aber früh Frau und Kind hatte, konnte ich sie nicht radikal auf der Straße praktizier­en.“

Vana verfolgte eine andere Art von Freiheitsi­dee. „In der CSSR musste ich eine Eignungspr­üfung als Musiker machen. Die Texte und die Darstellun­g durften nicht anstößig sein. Das war ein Albtraum. Mir war früh klar, wenn ich musikalisc­h frei sein will, dann darf ich nicht von der Musik abhängig sein. Und so betrieb ich früh schon eine Druckerei.“

Flucht nach Österreich

Nachdem er über Ungarn und Jugoslawie­n nach Österreich geflüchtet war, kamen ihm diese Kenntnisse bald zugute. In den frühen Neunzigern druckte er so gut wie alle Techno-Flyer in Wien. „Ich habe sehr viel für die Veranstalt­er der XXX-Events gemacht. Wir haben damals schon mit Grafikern gearbeitet, die strikt digital unterwegs waren. Die Leute sind mit Disketten gekommen. Das war State of the Art damals.“

Trotz seines bürgerlich­en Brotberufs lockte ihn die Kunst immer wieder. Mal studierte er auf der Akademie der bildenden Künste, dann wieder

schrammelt­e er auf seiner Gitarre herum. „Ich bin mit ganzer Seele Musiker. Mein eigentlich­es Instrument ist die Akustikgit­arre.“Ein Vorbild war immer der Bassist Ivan Kral, der aus Prag stammte und 1968 in die USA ging. Er wurde Teil der Patti-Smith-Band.

„Punk hin oder her, Bassist Ivan Kral war Prediger eines musikalisc­hen Könnertums. Das habe ich beherzigt.“Vana hat sich, was sich an den Tonträgern von Deladap leicht nachvollzi­ehen lässt, ständig weiterentw­ickelt. „Future Swing“hat er häufig dem Bandnamen nachgestel­lt, denn eine Nostalgiev­eranstaltu­ng à la Bart & Baker wollte er nie werden. Die beiden Franzosen kleiden sich im Stil der 1920er-Jahre und veranstalt­en

ihre Electro-Swing-DJ-Abende in noblen Plüschclub­s. Vana war dagegen beständig an Neuem interessie­rt.

Längst beherrscht Vana Sampler, Keyboards und Mischpult genauso gut wie die Gitarre. Das ist essenziell, schließlic­h ist er die treibende Kraft von Deladap. Vom ersten Album hat er 35.000 Stück verkauft. Von solchen Zahlen kann er nur mehr träumen. Dennoch lebt er mittlerwei­le hauptsächl­ich von der Musik, wenngleich er zwischendu­rch noch so manchen Druckauftr­ag ausführt. „Nach Corona wieder neu durchzuatm­en ist für eine Band unserer Größe schwer. Letztes Jahr hatten wir 29 Konzerte, weit unter dem, was früher war. Dennoch gehören 80 Prozent meiner Arbeitszei­t Deladap.“Russland und die Ukraine, einst gute Absatzmärk­te, fallen leider weg.

Viele Hörer in den USA

Überrasche­nd viele Hörer haben Deladap in den USA, wie Vana aus den Streaminga­brechnunge­n weiß. Für das neue Opus „King Of The Swing“hat er sich viel mit EDM beschäftig­t, was aber nicht abschrecke­n darf, denn was in seinen Musikmix kommt, hat verlässlic­h Dezenz und Stil. Zu seinen immerwähre­nden Inspiratio­nen zählen die Protoelekt­roniker Yello und – überrasche­nderweise – immer noch die US-Punk-Band Ramones. „Die haben einen geheimen Swing. Man muss nur genau hinhören.“

 ?? [Clemens Fabry] ?? Stani Vana, Mastermind der Balkansoun­d-Electro-Swing-Kombo Deladap.
[Clemens Fabry] Stani Vana, Mastermind der Balkansoun­d-Electro-Swing-Kombo Deladap.

Newspapers in German

Newspapers from Austria