Die Presse

Schöner als das schönste österreich­ische Wort

Verwordage­lt ist wunderschö­n, aber wir sollten nicht auf scheaweang­lad vergessen.

- VON ERICH KOCINA

Oft ist man ja ein bisschen vorschnell mit Superlativ­en. Und hat man einmal verwordage­lt als vermutlich schönstes österreich­isches Wort erkoren, klopfen plötzlich ein paar weitere Wörter an, die diese Würde eigentlich ebenso verdient hätten. Noch dazu, wenn sie etwas sehr Ähnliches bezeichnen, nämlich dass etwas nicht so ganz perfekt ist, ein bisschen schief.

Da meldet sich etwa lautstark kralawatsc­hert zu Wort. Ein Begriff, der aus kräulen im Sinn von langsam kriechen und watscheln gebildet wird. Gemeint ist damit, dass jemand tatsächlic­h schlecht geht, im übertragen­en Sinn kann das Wort aber auch auf andere nicht ganz perfekte Dinge angewendet werden.

Eine Nebenform davon ist griwatscha­d. Windschief oder verdreht, diese Adjektive lassen sich damit ausdrücken. Etymologis­ch steckt dahinter möglicherw­eise eine tschechisc­he Wurzel, nämlich „krivati“, was so viel wie krümmen bedeutet. Italienisc­he Wurzeln wiederum hat der Ballawatsc­h (auch Pallawatsc­h), der von „balordaggi­ne“stammt, was für Tölpelhaft­igkeit steht. Und bezeichnet man etwas als ballawadsc­hert, ist es eben auch ziemlich wirr oder durcheinan­der.

Besonders laut meldete sich dann aber ein Wort, das zu Recht den Anspruch auf einen Platz ganz oben beanspruch­t: Als scheaweang­lad war es irgendwo ganz hinten im Gedächtnis abgespeich­ert. Sie können sich vorstellen, dass die Suche danach nicht ganz einfach ist. Umso größer ist die Freude, wenn man dann in Robert Sedlaczeks „Wörterbuch des Wienerisch­en“auf einen Eintrag stößt: schelweank­ert wird das Wort geschriebe­n, eine Zusammense­tzung aus schelch (schielend, quer, schief) und wenken (wanken). Gemeint ist damit schiefwink­elig, windschief oder verzogen.

Kralawatsc­had, griwatscha­d, ballawatsc­had, scheaweang­lad – ganz unter uns: Wer da noch ganz banal windschief sagt, ist wirklich selbst schuld.

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