Wie Schwedens Beitritt Der Nato zugutekommt
Ungarn dürfte grünes Licht für Schwedens Nato-Beitritt geben. Das Bündnis wird davon stark profitieren.
Wien/Stockholm/Budapest. Seit 600 Tagen schon harrten die Schweden im Wartesaal der Nato aus. So lang schon hatte sich das Nato-Mitglied Ungarn damit Zeit gelassen, den Beitrittsantrag der Skandinavier abzunicken. Am späten Montagnachmittag aber gaben Viktor Orbáns Parlamentarier in Budapest doch noch grünes Licht. Sobald Schwedens Nato-Beitritt auch formal vollzogen ist, enden nicht nur eineinhalb Jahre Warterei, sondern auch zwei Jahrhunderte schwedischer Neutralität und Bündnisfreiheit. Die Aufnahme Schwedens ist dabei für die Nato wie ein vorgezogenes Geschenk zum 75. Geburtstag, der in ein paar Wochen ansteht. Denn die Allianz dürfte von ihrem 32. Mitglied deutlich mehr profitieren als Schweden selbst. Ein Überblick.
Geografie
Mit Schwedens Nato-Beitritt wird die Norderweiterung des Bündnisses vollendet.
Schon 2022 war Finnland beigetreten. Norwegen, die Heimat des Generalsekretärs Jens Stoltenberg, und Dänemark sind Gründungsmitglieder. Skandinavien wird also schon bald eine einzige Nato-Zone sein. Im eisigen Norden, im Arktischen Rat dort, ist Russland isoliert. Und vielleicht noch wichtiger: Auch die Ostsee wird zur „Nato-Badewanne“mit Ausnahme Festlandrusslands und seiner Exklave Kaliningrad. Dadurch sind auch die baltischen Staaten Estland, Lettland, Litauen, allesamt Ostsee-Anrainer, „weit besser zu verteidigen“, erklärt der Militäranalyst Gustav Gressel gegenüber der „Presse“.
Der Nachschub kann leichter via Seeund Luftweg erfolgen. Die Ex-Sowjetrepubliken an der Nato-Nordostflanke galten bisher als Achillesferse des Bündnisses. Aber Schwedens Beitritt „verleiht dem Gebiet nun die nötige strategische Tiefe“, sagt Gressel von der Denkfabrik European Council on Foreign Relations. Das nordische Königreich werde auch als „Rückraum zur Stationierung von Kampf und Aufklärungsflugzeugen, Marineeinheiten, Fernwaffen“dienen. Und: „In Schweden sind viele Straßenstücke zu Behelfsflugplätzen ausgebaut, man kann Kräfte stark dezentralisieren.“Inmitten der Ostsee liegt außerdem das malerische Gotland. Die Insel ist ein strategisches Juwel und wird augenzwinkernd auch immer wieder als „unsinkbarer Flugzeugträger“bezeichnet. Wer Gotland kontrolliert, kontrolliert auch die Ostsee, lautet ein altes Mantra.
Panzerabwehrwaffen bis hin zu vollautomatisierter Artillerie vieles produziert. Im ersten Jahr des Ukraine-Kriegs setzte sie drei Milliarden Dollar um, den Großteil davon im Exportgeschäft.
Cyber- und Weltraum
Schweden zählt zu jenen wenigen europäischen Ländern, die „offensive Cyberfähigkeiten
verfolgen“, analysiert die deutsche Bundeswehr. Bis 2025 sollen die Cyberkräfte massiv ausgebaut werden. Die Schweden pumpen auch viel Geld in die Weltraumforschung. In der Nähe von Kiruna im Norden ist im Vorjahr die erste Startrampe für Satelliten auf EU-Festland eröffnet worden. Die Bedeutung von Satelliten hat der UkraineKrieg noch einmal drastisch vor Augen geführt.