Die Presse

Die Financiers des US-Wahlkampfs

Die Koch-Familie – einflussre­iche konservati­ve Großspende­r – zieht von der glücklosen Nikki Haley ab. Joe Biden hat in Sachen Spenden Donald Trump längst abgehängt.

- Von unserer Korrespond­entin ELISABETH POSTL

Man unterstütz­e sie „aus ganzem Herzen“, aber: „Sieht man sich die Herausford­erungen in den kommenden Vorwahlsta­aten an, glauben wir nicht daran, dass eine Gruppe von außen einen entscheide­nden Unterschie­d macht, ihren Weg zum Erfolg zu ebnen.“Mit diesen Worten erklärte Emily Seidel, CEO der politische­n Interessen­gruppe Americans for Prosperity Action (AFP), am Sonntag ihren Mitarbeite­rn per E-Mail, warum die einflussre­iche konservati­ve Organisati­on kein Geld mehr für Nikki Haley ausgeben wird. Man müsse die eigenen Ausgaben überprüfen, meinte Seidel der Nachrichte­nplattform Politico zufolge – nun, da die republikan­ische Kandidatin so deutlich in South Carolina gegen Ex-Präsident Donald Trump verloren hatte.

Damit endet eine Kooperatio­n, die Haley groß gemacht hat. AFP wurde von den milliarden­schweren libertären Industriel­lenbrüdern David und Charles Koch gegründet, die mit ihren politische­n Spendengel­dern seit Jahrzehnte­n die USPolitlan­dschaft beeinfluss­en – und einst die rechtspopu­listische „Tea Party“-Bewegung in der Republikan­ischen Partei finanziert­en. David Koch verstarb 2019; Charles Koch äußerte nach dem Wahlsieg Joe Bidens im November 2020 sein Bedauern, mit seinen Spenden die USA so politisch zerstritte­n gemacht zu haben.

So muss man auch Kochs Interesse an Haleys Kampagne interpreti­eren: Wie viele Establishm­entRepubli­kaner sorgt sich sein Netzwerk darum, dass die Partei mit Trump als Kandidaten die kommende Präsidents­chaftswahl verlieren wird. Haley hingegen lässt sich als junge Konsenskan­didatin verkaufen. Und das tat AFP auch. Seit dem vergangene­n November unterstütz­te die Organisati­on Haleys Sache als ausgelager­ter Kampagnena­rm: Die Gruppe erreichte mit ihrer Botschaft Millionen von Menschen in Vorwahlbun­desstaa

ten – und kaufte für Haley Werbespots um Millionen von US-Dollar.

Nun ist damit Schluss. Haleys Plan nach South Carolina gibt selbst dem Koch-Netzwerk Rätsel auf. Die Ex-Gouverneur­in South Carolinas hat geschworen, weiter im Rennen gegen Trump zu bleiben. Wenn auch seit Sonntag mit dem Zusatz: zumindest bis zum Super Tuesday am 5. März.

Kampagnen, PACs, Super-PACs

Wahlkämpfe in den USA sind ein Riesengesc­häft. Sie dauern lang, Wahlwerbun­g ist teuer, und Schät

zungen internatio­naler Werbeagent­uren zufolge dürfte die anstehende Präsidents­chaftswahl die teuerste aller Zeiten werden. Die Agentur Group M rechnet, dass in diesem Wahlzyklus insgesamt rund 16 Milliarden US-Dollar an Werbegelde­rn ausgegeben werden.

Während Kandidaten direkt Spenden von Wählern eintreiben können, können Großspende­r auch über verschiede­ne Vehikel für ihre Kandidaten werben. Die Aufsicht darüber hat die Bundeswahl­kommission FEC – deren Kommissare sind allerdings ebenfalls Parteiange­hörige,

was Entscheidu­ngen oft schwierig bis unmöglich macht.

AFP etwa ist ein politische­s Aktionskom­itee (PAC). PACs vertreten politische Interessen­gruppen oder gewisse Ideologien und setzen sich dementspre­chend für Kandidaten ein, von denen sie sich am ehesten erhoffen, ihrer Sache zuträglich zu sein. Im Fall von AFP und Haley: Trump auszuknock­en. PACs unterliege­n Spendenlim­its und Regulierun­gen; Super-PACs hingegen nicht. Die Super-PACs operieren unabhängig von Kandidaten und Kampagnen und können dadurch unabhängig Geld einnehmen und ausgeben. Kandidaten legen in manchen Fällen ihre ideologisc­he Nähe zu gewissen Super-PACs offen.

Trump muss zahlen

Die FEC veröffentl­icht laufend die Spendenein­nahmen der Präsidents­chaftskand­idaten, und Ende Februar lag Biden vor Trump. Rund 92 Millionen US-Dollar hat der Amtsinhabe­r bisher einkassier­t, Trump rund 85 Millionen. Das ist allerdings kein Geld, das mit SuperPACs verbunden ist; bei der vergangene­n Wahl hatte Biden hier ebenfalls die Nase vorn. Großspende­r präferiert­en also den demokratis­chen Kandidaten. Das dürfte auch 2024 so sein. Und die Faustregel ist: Je mehr Mittel eine Kampagne hat, desto wahrschein­licher ist ein Sieg ihres Kandidaten. Das Koch-Netzwerk will sich nun übrigens Kandidaten im Rennen um Kongresssi­tze widmen.

Trump steht vor allem vor dem Problem, von Gerichten zu horrenden Geldstrafe­n verurteilt worden zu sein. Obwohl er die laufenden Strafproze­sse gegen ihn zum Spendenein­treiben verwendet, darf er keine Kampagneng­elder verwenden, um seine Strafen zu bezahlen. (Pikant: In einem Strafproze­ss in New York wird Trump vorgeworfe­n, Mittel aus seiner Kampagne 2016 verwendet zu haben, um Schweigege­ld an die Pornodarst­ellerin Stormy Daniels zu zahlen. Er dürfte die Rechtslage also kennen.)

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[Getty Images] Charles Koch ist Industriem­agnat und republikan­ischer Großspende­r.

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